Eine Erlebnistour in Monchique
Wir unternahmen einen Ausflug durch Korkeichenwälder, terrassenförmig angelegte Gemüsegärten und schmale Gassen, mit gastronomischen Leckerbissen und einem Kunsthandwerk-Erlebnis. Ein rundum gelungener Tag in Begleitung eines jungen Unternehmers, dem nachhaltiger Tourismus am Herzen liegt
Francisco Simões´ Wurzeln liegen in der Algarve. Unter dem Namen Algarvian Roots will er Naturfreunden und Touristen den Reichtum seiner Region näherbringen und zeigen, dass die Algarve viel mehr zu bieten hat als Strand und Sonne. Schon mit 17 Jahren stand für ihn fest, dass er sich nachhaltigem Tourismus widmen würde; machte auf der Landwirtschaftlichen Hochschule in Coimbra seinen Abschluss in Ökotourismus und anschließend einen Master in Erhaltung natürlicher Ressourcen. Zurück in der Algarve krempelte er die Ärmel hoch und richtete auf dem Landgut seiner Großeltern nahe Silves seinen Unternehmenssitz ein – ein Projekt, das er bereits während der Studiengänge entwickelt hatte.
Das Landgut, das einen wunderschönen, weiten Ausblick auf die umliegenden Orangenhaine und auf die Hügelkette im Norden bietet, dient als Treffpunkt. Von hier aus führt Francisco seine Gäste in alle Himmelsrichtungen. Die Wanderungen können sowohl an der Küste als auch im Hinterland stattfinden, mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden. Das große Potenzial sieht Francisco aber abseits der touristisch stark erschlossenen Küste. Zudem möchte er dazu beitragen, Reichtum im Landesinneren zu verankern und die Traditionen zu erhalten.
Wir entschlossen uns für eine erst vor Kurzem neu erschlossene 8,2 km lange Zusatzroute der Via Algarviana rund um Monchique, die PR7 MCQ – Percurso das Hortas, die, wie der Name verrät, entlang und durch die für Monchique typischen terrassenförmig angelegten Gemüsegärten führt. Wir starten am Fremdenverkehrsbüro von Monchique und dem dortigen Aussichtspunkt. Von hier gehen wir durch die Stadt bis zur südlichen Zufahrt und biegen dann links, nicht in die Straße, die nach Alferce führt, sondern den Hinweisschildern der PR7 folgend in die kleine Nebenstraße ab. Wir passieren einige Gemüsegärten und befinden uns kurz darauf in einem Korkeichenwald. Francisco erklärt, dass Korkeichen Bäume sind, die für unsere Enkelkinder und deren Kinder angepflanzt werden. Die erste Schälung erfolgt nämlich erst, wenn die Korkeiche zwischen 25 und 30 Jahre alt ist. Die dabei gewonnene raue Korkrinde, die sogenannte cortiça virgem (Jungfrauenkork) ist sehr porös und kann nicht zur Herstellung von Flaschenkorken benutzt werden. Sie findet jedoch Verwendung in der Herstellung von Fußbodenbelägen und zur Wärmedämmung. Neun bis zwölf Jahre später wird der sogenannte Sekundärkork (cortiça secundeira) geschält. Auch dieser ist noch zu porös für Korken, wird aber für Fußbodenbeläge, Wärmedämmung (sogar in der Raumfahrt), Schwimmer an Angeln und Netzen oder als Dichtungsmaterial in Maschinen und Geräten genutzt. Weitere neun Jahre später kann dann die hochwertige cortiça amadia gewonnen werden, die vor allem der Herstellung von Flaschenkorken dient. Francisco hat einige Korken und Schwimmer dabei, anhand der er die unterschiedliche Porosität und Qualität zeigt.
Nach einigen Metern befinden wir uns im Stadtteil S. Roque und folgen der Treppe des Caminho do Ambrózio hinab ins Tal unterhalb des öffentlichen Schwimmbades und zum Platz, auf dem der monatliche Bauernmarkt abgehalten wird. Kurz darauf sind wir erneut von Korkeichen umgeben. Einige davon sind monumental und sicher rund 200 Jahre alt. Am Hang gegenüber, dem Nordhang des Picota, wechseln sich Korkeichen mit Eukalyptusbäumen, Obstplantagen und Gemüsegärten in den Terrassen am steilen Hang ab. Süßkartoffeln, Bohnen und Kohl werden dort u. a. angebaut sowie Orangen-, Zitronen-, Pfirsich-, Pflaumen-, Kirsch-, und Apfelbäume. Hervorzuheben ist der Pêro de Monchique, eine endemische Apfelsorte, die wegen ihrer Form jedoch Birne von Monchique genannt wird.
Ebenfalls zu erwähnen ist das Vorkommen von Carvalho-de-Monchique (Quercus canariensis). Das Epitheton canariensis bezieht sich auf die Kanarischen Inseln, wo die Art allerdings mittlerweile ausgestorben ist. „In Portugal wird sie Monchique-Eiche genannt, weil sie nur im und rund um das Monchique-Gebirge vorkommt. Sie gilt als kritisch vom Aussterben bedroht, da der nationale Bestand weiter abnimmt und auf weniger als 250 Eichen im Mannbarkeitsalter geschätzt wird. Der Rückgang ist auf die Zunahme der Eukalyptusflächen zurückzuführen, sowie auf die wiederkehrenden Waldbrände und der Ausbreitung exotischer Baumarten wie Akazien“, erklärt Francisco.
Durch die Land- und Forstwirtschaft ergibt sich ein Landschaftsmosaik, das wiederum eine reiche Vielfalt an Vögeln anzieht. Rund um die kleinen traditionellen Gemüsegärten kann man Buchfinken, Bluthänflinge oder Girlitze, aber auch Samtkopf-Grasmücken oder Theklalerchen beobachten. In den dichten Eichenwäldern mit reichem Strauchbewuchs, allem voran der mediterrane Erdbeerbaum, ist die Vogelvielfalt jedoch am größten. Zahlreiche Meisenarten kommen dort vor, wie die Kohl-, die Hauben- und die Blaumeise, aber auch die Spechtmeise. Francisco gelingt es anhand des Gesangs noch weitere Arten zu identifizieren, wie Teichrohrsänger, Grün- und Buntspechte. Sichtlich begeistert ist er, als über uns ein Mäusebussard am Himmel kreist.
Dann nähern wir uns wieder Monchique und kommen zu einem Waschhaus, das der hier zum Trocknen aufgehängten Wäsche zufolge noch von der Bevölkerung genutzt wird. Francisco erzählt von der Bedeutung der Waschhäuser als es im Ort weder Wasser- noch Stromanschluss gab. „Sie spielten auch eine stark soziale Rolle, denn sie waren der einzige Treffpunkt der Frauen. Es gehörte sich für sie nicht Cafés zu besuchen und für gegenseitige Hausbesuche gab es wegen der Arbeit im Haus, auf dem Land und mit den Tieren keine Zeit. Im Waschhaus kümmerten sie sich nicht nur um die Wäsche, sondern nutzten die Gelegenheit, um sich auszutauschen“, so Francisco.
Kurz darauf sind wir im Ort und schlendern durch die Gassen, um in einem der traditionsreichsten und beliebtesten Restaurants von Monchique zum Mittagessen einzukehren. Auch die Wahl des Restaurants überließ Francisco nicht dem Zufall. Die Dekoration besteht aus alten Landwirtschafts- und Haushaltsgeräten wie Öllampen und Geschirr und bietet dadurch nicht nur eine Reise in die lokal typische Gastronomie, sondern auch eine kleine Zeitreise. Besonders hungrig sind wir allerdings nicht, denn für einen Bissen zwischendurch hat Francisco ebenfalls mit regionalen Spezialitäten, wie Feigensterne mit Mandeln bestückt, gesorgt.
Der Tag ist aber noch nicht zu Ende. Wir schlendern noch weiter durch Monchiques Gassen und Francisco weiß über die Geschichte des Ortes, der Kirchen und des Klosters sowie über die chaminés de saia zu berichten. Der 27-Jährige ist zudem bemüht, die kleinen lokalen Unternehmen, die traditionelle Produkte anbieten, zu unterstützen. Daher legen wir eine Pause in einer pastelaria ein, die regionales Süßgebäck anbietet und sehr beliebt ist. Auch eine Medronho-Verkostung ist möglich.
Den Abschluss des Ausflugs bildet ein Workshop bei einem Kunsthandwerker. Franciscos Ziel: Das regionale Handwerk und die regionalen Künstler zu fördern, um somit zum Erhalt des Kulturerbes beizutragen. Derzeit bietet er Töpfern und Fliesenmalerei an. Wir entschließen uns für Ersteres. José António Simões begrüßt uns herzlich und hat schon alles vorbereitet. Seit über 30 Jahren widmet er sich der Töpferei. Gelernt hat er das Handwerk bei Meister Fernando Rodrigues in Lagoa, einem der bekanntesten Töpfer der Region, nachdem die Kunstschule in Lagoa benannt ist. Danach war José auch in Caldas da Rainha, Portugals Keramikzentrum. Zusammen töpfern wir an der Scheibe eine Vase und eine Schüssel. Er gibt mir Anweisungen und hilft immer wieder Mal nach. „Ich will ja, dass es ein Erfolgserlebnis wird, nicht, dass meine Gäste frustriert nach Hause gehen“, begründet José lächelnd. In der Tat wäre mir beim ersten Versuch an der Töpferscheibe ohne seine Unterstützung nichts gelungen. Dafür ist man bei der Plattentechnik schon eher auf sich selbst gestellt und schafft es auch, ein schönes Keramikstück herzustellen.
Fazit: Ein ereignisreicher, informativer Tag in ausgesprochen freundlicher Begleitung.
Algarvian Roots
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Text: Anabela Gaspar; Fotos: Anabela Gaspar; Francisco Simões in ESA 03/2023