Leichte Variante mit Fruchtgeschmack
Jeder kennt den hochprozentigen Medronho, der im Hinterland der Algarve aus den Früchten des Erdbeerbaums gebrannt wird. Allerdings ist der Schnaps nicht jedermanns Geschmack. Nun verspricht ein neues Getränk das gleiche Aroma bei niedrigem Alkoholgehalt.
Noch ist es nicht auf dem Markt. Ludovic Gago, der erfinderische Geist hinter Medronho Bottle Mood, verspricht, dass das Getränk noch vor Weihnachten in den Supermarktregalen stehen und viele Anhänger gewinnen wird. Er ist ziemlich optimistisch, denn bislang waren alle „Probanden“ die es kosteten, hochbegeistert. Ludovic erhielt sogar zwei Auszeichnungen: Eine beim Wettbewerb für Unternehmertum und Innovation 2021 eines nationalen Geldinstituts und eine beim Wettbewerb Ideias em Caixa 2021, das von CRIA, der Abteilung für Unternehmertum und Technologietransfer der Universität der Algarve, organisiert wird.
Medronho Bottle Mood, ein Mix aus Branntwein und Saft der feuerroten Früchte des Westlichen Erdbeerbaumes, ist landesweit das erste Getränk aus Baumerdbeeren mit niedrigem Alkoholgehalt. Statt etwa 45 % Alkohol hat es lediglich 5 %. „Wenn man die Flasche öffnet, steigt einem sofort das charakteristische Aroma des traditionsreichen Medronho in die Nase, aber auf der Zunge und im Rachen ist es sehr geschmeidig“, versichert Ludovic. Vier Varianten stehen zur Wahl: Baumerdbeere, Orange, Zitrone und Rote Beeren.
Zum Zeitpunkt unseres Gespräches wartete Ludovic auf seine ersten 65.000 Flaschen, die er in China produzieren lassen musste. „Ständig ist die Rede davon, dass man Lieferanten aus Portugal oder Europa bevorzugen sollte, um seinen CO2-Fußabdruck zu verringern, was jedoch nicht erwähnt wird ist, dass hiesige Fabriken unseren Auftrag nicht annehmen“, so Ludovic. In Marinha Grande, wo sich Portugals Glasindustrie konzentriert, habe man ihn abgelehnt. „Sie akzeptieren nur Bestellungen ab einer Millionen Flaschen. Aber wer gerade startet, braucht keine Millionen“, erklärt er. Nach dem Abfüllen folgt der Vertrieb. Eine Supermarktkette hat bereits zugesagt, mit einem deutschen Discounter ist er im Gespräch. Mit anderen Geschäften hat er noch nicht gesprochen. Dennoch ist es zuversichtlich: „Zu Weihnachten werden wir mit Medronho Bottle Mood anstoßen können“, so Ludovic. Er sei zwar neu im Milieu der geistigen Getränke, habe aber zum Glück die richtigen Partner an seiner Seite. Damit meint er vor allem die Professorin Ludovina Galego von der Technischen Hochschule in Faro. In Portugal ist sie eine Art Medronho-Guru. Sie ist die einzige Lebensmittelingenieurin im Land, die sich der Analyse des berüchtigten Schnapses widmet. Und das seit 30 Jahren!
Kein Medronho kommt auf den Markt, ohne dass sie sichergestellt hat, dass das Getränk alle gesetzlich festgelegten Werte einhält. Ebenfalls an der Produktion des brandneuen Getränks beteiligt und dementsprechend begeistert, ist die frisch gebackene Lebensmittelingenieurin Matilde Gouveia, die an Ludovinas Seite im Labor der Hochschule arbeitet. Auch Ludovic war vor einigen Jahren in dem Gebäude, in dem sich das Labor befindet, als Student unterwegs. Allerdings zwei Flure weiter in der Abteilung der Elektrotechnik.
Ludovic wurde vor 37 Jahren in Paris geboren. Als er fünf Jahre alt war beschlossen die Eltern in die Heimat zurückzukehren. „In Frankreich wären sie stets Angestellte geblieben, hier hatten sie die Hoffnung, etwas eigenes aufzubauen“, so Ludovic. 300 ha Land bei Gatão, 25 km nördlich von Cachopo, aber bereits in der Alentejo-Gemeinde Mértola, standen ihnen dafür zur Verfügung. In der Tat war sein Vater lange in der Landwirtschaft tätig und ermöglichte Ludovic ein Leben in Leichtigkeit. Er aber wollte nicht auf dem Land arbeiten. „Immer wieder versuchten meine Eltern mich zu überreden, mit einem Landwirtschaftsprojekt selbstständig zu werden, aber ich hatte andere Pläne. Ich wollte Elektrotechnik studieren“, so Ludovic. Was er dann auch an der Technischen Hochschule in Faro tat. „Dass ich in dieses Gebäude in die Abteilung der Lebensmitteltechnologie zurückkehren würde, hätte ich damals nicht gedacht“, so Ludovic amüsiert.
Der Grund für seinen Sinneswandel war die Tatsache, dass alle frisch ausgebildeten Elektroingenieure, die er kannte, unzufrieden waren. „Ich hörte ständig von Freunden, die ihr Studium abgeschlossen hatten, dass die Arbeitsbedingungen nicht ihren Vorstellungen entsprachen. Und so entschloss ich mich unter der prallen Sonne zu arbeiten“, berichtet er gut gelaunt.
Den Start machte Ludovic mit einem Olivenhain. 2014 kamen 12 ha Erdbeerbäume hinzu. Geplant war der Bau einer Destille, um Medronho zu brennen. „Da es aber bereits mehr als genug Produzenten gibt und ich den Hochprozentigen nicht einmal gerne trinke, kam mir die Idee des Softdrinks“, erzählt er. Er baute weitere 24 ha an und im kommenden Jahr sollen 50 ha hinzukommen. Noch reicht die Produktion nicht aus, um den Bedarf zu decken. „Meine Baumerdbeeren dienen nur zur Herstellung des Saftes, für den wirklich Unmengen Früchte nötig sind. Den Medronho müssen wir noch von anderen Produzenten kaufen.“ Trotzdem plant er bereits weitere Geschmacksrichtungen sowie das Getränk – dem internationalen Trend folgend – auch in Dosen anzubieten.
Text: Anabela Gaspar; Fotos: Ludovic Gago; ESA-Archiv in ESA 10/2022
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