Premierminister Luís Montenegro wandte sich am Montagabend an die Nation – mit dem Ziel, zu beruhigen, ohne viel erklären zu können. Der großflächige Stromausfall, der Portugal und Spanien lahmlegte, sei noch nicht vollständig geklärt. Einige Hinweise gäben jedoch eine erste Richtung vor:
„Die Ursache liegt nicht im portugiesischen Netz. Da wir mit dem spanischen verbunden sind, vermuten wir den Ursprung dort – möglicherweise ein abrupter Spannungsanstieg im spanischen Stromnetz, dessen Auslöser noch unklar ist. Dieser hat die Sicherheitsmechanismen aktiviert, die schließlich zum Blackout führten. Gemeinsam mit den spanischen Behörden wollen wir nun in Ruhe klären, was genau geschehen ist, und bessere Reaktionsmechanismen entwickeln“, so Montenegro.
Zum Zeitpunkt des Ausfalls bezog Portugal Energie aus Spanien – schlicht, weil sie dort günstiger war. Doch der Premier betonte, dieser Import sei nicht verantwortlich für das Chaos auf portugiesischer Seite. Der Stromausfall hätte das Land auch dann getroffen, wenn es zum betreffenden Zeitpunkt energieautark gewesen wäre.
„Die Frage ist nicht die nach der Autonomie. Wir verfügen über ausreichend Kapazitäten zur Stromproduktion und -verteilung. Aber wir sind ans spanische Netz angeschlossen. Dass wir zu diesem Zeitpunkt aus Kostengründen Strom importierten, war Zufall. Selbst ohne Import hätte der Ausfall in Spanien auch uns betroffen“, erklärte Montenegro.
In Spanien erklärten die Behörden unterdessen, dass exakt zur Zeit des Ausfalls – um 12:33 Uhr Ortszeit (11:33 Uhr in Portugal) – rund 60 % der im Netz befindlichen Energie binnen fünf Sekunden verschwunden seien. Ein Einbruch von etwa 15 Gigawatt. Die Ursachen dieser Störung würden derzeit untersucht, so die Regierung gegenüber der spanischen Nachrichtenagentur Efe.
Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez bestätigte ebenfalls die Schwere des Ereignisses: Eine „massive Oszillation“ im europäischen Stromnetz habe die Versorgung auf der gesamten Iberischen Halbinsel sowie in Teilen Südfrankreichs unterbrochen. Abschließende Informationen über die Ursachen gebe es jedoch noch nicht – keine Möglichkeit werde ausgeschlossen.
Mit anderen Worten: Spanien spricht von einem Versagen des europäischen Netzes, Portugal verweist auf einen Auslöser im spanischen Netz. Die Verantwortung wandert – der Strom nicht.
Und so stellt sich nun eine unangenehme Frage: Wie abhängig ist Portugal tatsächlich von Spanien, wenn es um Energie geht?
Die offiziellen Zahlen zeichnen ein anderes Bild. Noch im Januar meldete der portugiesische Netzbetreiber REN einen historischen Rekord bei der Erzeugung erneuerbarer Energien: 10.845 Megawatt – zu einem Zeitpunkt, als Portugal sogar netto Strom exportierte, rund 2.890 Megawatt. In den ersten 27 Tagen des Jahres stammten 72 % des Stromverbrauchs aus erneuerbaren Quellen – ein Spitzenwert, der sich mit dem Vorjahr deckt.
Doch ausgerechnet gestern – als der Blackout zuschlug – importierte Portugal Strom aus Spanien. Der Preis war günstig. Das Ergebnis: etwa neun Stunden ohne Energie. Und nicht nur Haushalte waren betroffen. Auch Krankenhäuser, Pflegeheime, der Rettungsdienst INEM, Polizei, Feuerwehr, Flughäfen, Bahn- und U-Bahn-Netze fielen aus oder gerieten in ernste Schwierigkeiten. Tausende Unternehmen im ganzen Land mussten den Betrieb einstellen.
Wie sagt man so treffend in Portugal? O barato sai caro. Das Billige kann teuer werden.