Mit Herzblut, Seele und Talent
Anlässlich der Krippenausstellung in Lagos sprachen wir mit José Cortes, dem Mann, der unendlich viele Stunden an seinem Werk verbrachte, um den Weihnachtszauber und Erinnerungen an eine längst vergangene Zeit wieder aufleben zu lassen.
Zehn Jahre widmete José Cortes der handwerklichen Ausführung seiner traditionellen Weihnachtskrippe. Ein Werk, das 2011 begann und Jahr für Jahr durch neue Figuren und Szenen ergänzt wurde. Es stellt nicht nur die Krippe an sich dar, sondern auch eine vergangene Zeit, die er den jüngeren Generationen nahebringen will. Die Zahlen sprechen für sich: 275 menschliche Figuren, 368 Tierfiguren, 38 kleine Häuser, dazu Karren, Mühlen, eine Kirche, eine Schule, ein Musikpavillon und vieles mehr.
Zu den dargestellten Traditionen und Aktivitäten gehören die Olivenernte, die Weinlese und das Zertreten der Trauben, das Schlachten der Schweine und das Pflügen der Felder, zu den Berufen zählen der Zimmermann, der Barbier, der Schmied, der Müller, der Holzfäller, der Messerschleifer, die Waschfrauen und der aguadeiro, der mit seinem Tierkarren Wasser von Haus zu Haus lieferte. Mittendrin die Krippe mit dem Jesuskind, die der Ausgangspunkt war aber mittlerweile nur noch ein Bruchteil des Gesamtwerkes ausmacht. Ergänzt wird all dies durch ausgeklügelte Mechanismen, die den dargestellten Figuren und Szenen Bewegung, Licht und Wasser verleihen.
Vieles bastelte José selbst und die gekauften menschlichen Figuren modifizierte er. „Etwa 80 bewegen sich. Dafür musste ich die Arme entfernen, um bewegliche anzubringen“. Die Häuser stellte er aus Styropor und Karton her, die Trauben aus Knete. „Meine Enkelin und ich formten etwa Tausend Trauben und brachten diese an echte Stiele an. Sie hängen auch an echten Rebstöcken, aber die Blätter sind aus Papier“, berichtet José stolz.
Er hat sich seiner Krippe mit Herz und Seele gewidmet, unzählige Stunden mit der Suche nach den richtigen Materialien und Figuren verbracht, viel Geduld und Liebe in Details gesteckt und auch ein bisschen Humor. „An einer Stelle versucht ein Mann mit einem Besen eine Maus zu fangen, die sich immer wieder in einem Loch versteckt“, verrät er schmunzelnd und fordert Besucher heraus, den Mann und die Maus zu finden. „Während der Ausstellung spreche ich mit den Anwesenden und frage, ob sie die eine oder andere Szene gesehen haben. Die Antwort ist meistens nein. Da es so viel zu entdecken gibt, übersieht man dann doch das eine oder andere Detail. Daher rate ich Besuchern, sich viel Zeit für die Besichtigung zu nehmen“, erklärt José.
Angefangen hat alles als José, geboren 1936 in Parchal bei Lagoa, noch ein kleiner Junge war. Weihnachten war für ihn ein besonderes Fest und seine Eltern bemühten sich, all seine Wünsche zu erfüllen. „Spielzeug gab es damals nicht, dafür Tangerinen, Nüsse und, wenn ich Glück hatte, sogar Schokolade“, erinnert sich José. Mit etwa zwölf Jahren entdeckte er sein handwerkliches Talent, vor allem für Holzarbeiten, und stellte nicht nur Spielzeug für sich, sondern auch erste Weihnachtsdekorationen her. Nur zwei Jahre später begann er im Einzelhandel zu arbeiten. Eine Branche, der er bis zu seinem 75. Lebensjahr treu blieb. Seine Freizeit widmete er stets Holzarbeiten und – natürlich – der Herstellung von Weihnachtsdeko.
Seit eh und je kümmert sich José um die festliche Gestaltung in seinem Haus. „Alles wird auf den Kopf gestellt, um Platz für die Ausschmückung zu machen“, so seine Frau Arminda lächelnd. Neben und über dem Kamin wird die Krippe aufgestellt, mitten im Wohnzimmer der Weihnachtsbaum, hinzu kommen Kränze auf allen möglichen Tischen, Abstelltischen, an Türen und Wänden. „Während meine Freundinnen alle Hände voll zu tun haben, muss ich mich um nichts kümmern. José macht alles und das seit unserem ersten gemeinsamen Weihnachtsfest“, fügt sie hinzu. Auch in den Schaufenstern seiner Geschäfte stellte José Krippen auf, die viele Besucher anzogen und ihm mehrere Auszeichnungen bei Wettbewerben bescherten.
Als José 2011 in Rente ging, beschloss er in seiner Garage eine große Krippe – noch größer als die im Wohnzimmer – für seine Enkelkinder aufzustellen. „Bevor ich mich versah, war sie zu groß und die Garage zu klein!“, erzählt er amüsiert. Zu Beginn lud José Schulkinder und Senioren von lokalen Altersheimen ein, um die Krippe zu besichtigen, kurz darauf hieß er alle Neugierigen willkommen. Die Ausstellung seiner Krippe wurde fester Bestandteil der Weihnachtsaktivitäten in Lagos und die Münzen, die Besucher in den kleinen Brunnen und die Wasserläufe der Krippe warfen, übergab José dem lokalen gemeinnützigen Verein zur Unterstützung von Behinderten NECI.
„Dann wurde die Garage zu klein und ich habe die Krippe letztes Jahr dem Rathaus gestiftet“, fasst José lächelnd zusammen. Bereuen tut er es nicht, auch wenn seine jüngste Enkelin zu Beginn etwas traurig war. „Ich weiß auch schon, wo ich dieses Jahr unsere Krippe aufstellen werde“, sagt José und springt auf. Er beginnt im Wohnzimmer herumzugehen und zu gestikulieren, während er mir erklärt, was er wo und wie zu Weihnachten aufstellen wird. „Hier über der Krippe wird auch der Weihnachtsmann in seinem Schlitten an einem Sternenhimmel zu sehen sein“, sagt er enthusiastisch und seine Frau beginnt herzhaft zu lachen.
Text: Anabela Gaspar; Fotos: Carlos Afonso/CM Lagos in ESA 12/2022
Ausstellung der Krippe von José Cortes
Bis 7. Januar
Centro Cultural de Lagos
Di – Sa 10 – 18 Uhr