Das Hinterland zeigt sich
Nach einem holprigen Anfang schlug der Wanderweg Via Algarviana den Weg des Erfolgs ein. Nun soll er ausgebaut und erweitert werden. Die größten Neuigkeiten sind dabei die ,,Rota Vicentina“ und Vogelbeobachtungspunkte
Der 300 Kilometer lange Wanderweg Via Algarviana (VA) durchquert das Hinterland der Algarve und verbindet Alcoutim im Osten mit Sagres im Westen. Die Idee entstand 1994, fast anderthalb Jahrzehnte dauerte die Realisierung. Dahinter stand und steht bis heute ein Mann: João Ministro. Ehemaliger Profi-Basketballer, Umweltaktivist und Vogelkundler. Joãos Basis ist die Umweltschutzorganisation Almargem, die für Kulturerhalt und Ökotourismus an der Algarve kämpft. 14 Strecken stehen derzeit Wanderlustigen zur Verfügung. Entlang der Strecke gibt es Unterkunftsmöglichkeiten und viele Restaurants und Cafés für die nötige Stärkung. Der Wanderweg wurde mit dem Ziel geplant, mehr Leute in das Hinterland der Region zu bringen und den Naturtourismus zu fördern, um damit dem Hinterland der Bikini-Algarve wirtschaftlich unter die Arme zu greifen. Ein Wanderweg als Gehhilfe im Doppelsinn. Laut den vor kurzem bekannt gegebenen Daten seitens Almargem wurden die gesetzten Ziele erreicht. Von 2008 bis Anfang dieses Jahres wanderten über 2.000 Menschen auf der VA; die Anzahl der Übernachtungen in Hotels und Pensionen entlang der VA nahm drastisch zu, sowie die der Gäste von Restaurants und Cafés. Auch die Nachfrage nach typisch regionalen Produkten ist gestiegen und es konnte eine Zunahme der Dienstleistungen in Zusammenhang mit dem Wanderweg registriert werden. So zum Beispiel bei Transfers zwischen den Etappen und der Unterkunft. Im Durchschnitt gab jeder Wanderer pro Tag 50 Euro aus. Auch immer mehr deutschsprachige Wanderer entdecken das Hinterland der Algarve auf den Pfaden der VA. Allein in den ersten fünf Monaten dieses Jahres erkundigten sich 73 Deutsche (95 Portugiesen) bei Almargem über den Wanderweg und bestellten den Wanderführer. Die Daten über die Zugriffe auf die Webseite www.viaalgarviana.org sind ein weiterer Beweis für die Beliebtheit der VA unter deutschen Wanderern. Zwischen Januar und Mai wurde die Seite von 3.357 Usern mit der Domain .de besucht. Der bislang erreichte Erfolg spornte João Ministro dazu an, seine Idee weiter zu entwickeln. Er will die VA vor allem durch neue Strecken und ein erweitertes Angebot bereichern und sie allen Naturliebhabern zugänglich machen, also auch Kleinkindern, Senioren mit eingeschränkter Mobilität oder Gehbehinderten.
Des weiteren will er verstärkt für den Wanderweg auf internationaler Ebene werben und die VA, unter anderem durch eine Zusammenarbeit mit der International Ecotourism Society, in einem internationalen Ökotourismusnetz integrieren. Das Projekt ,,Via Algarviana 2″ sieht die Pflege der bestehenden Strecken und Wegweiser vor, sowie den Bau von Raststellen, Überquerungsmöglichkeiten bei Flüssen und von drei Wanderzentren, wo Wanderer sich erfrischen und stärken, sowie übernachten können. Die neue ,,Rota Vicentina“ sieht den Verlauf von zwei Strecken entlang der Westküste vor: ,,Traçado Histórico“ und ,,Caminho dos Pescadores“. Die erste Strecke ist sehr abwechslungsreich, da sie entlang der Küste aber auch durch Felder und viele kleine Ortschaften führt; sie wird, was den Schwierigkeitsgrad betrifft, als leicht eingestuft. Zudem ist sie mit dem Santiago-Pilgerweg verbunden. Der ,,Caminho dos Pescadores“ hingegen ist eher für erfahrene Wanderer geeignet, stellt verstärkt sportliche Anforderungen und verläuft ausschließlich entlang der steilen Felsen im Naturpark der Costa Vicentina. Eine weitere Neuigkeit sind vier thematische Strecken, die mit der Geschichte oder dem Naturerbe des jeweiligen Gebietes verbunden sind. So wird es in Alcoutim die Route der Schmuggler (Rota do Contrabandista) geben, da der Guadiana-Fluss an dieser Stelle vor allem während der Salazar-Diktatur von vielen Schmugglern überquert wurde, die aus Spanien Produkte holten, die in Portugal schwer oder gar nicht zu bekommen waren. In Querença, bei Loulé, wo sich der wichtigste Aquifer der Region befindet, wird es die Wasser-Route (Rota da Água) geben. In Monchique die der Riesen-Bäume (Rota das Árvores Monumentais) und die Geologie-Route wird aus mehreren Strecken an verschiedenen Orten der Algarve bestehen. Auch sind acht neue Rundstrecken geplant, die mit der VA verbunden sein werden: Vier davon in Monchique, eine in Marmelete, eine in Messines und zwei in Vila do Bispo. Selbst ein enthusiastischer Vogelkundler, hat João Ministro im Projekt natürlich auch Routen zur Vogelbeobachtung mit eingeplant. Diese befinden sich in der Serra do Caldeirão und in Sagres, verfügen über Aussichtspunkte, sowie über Tafeln mit Bildern und Informationen zu den dort jeweils heimischen Vögeln. Eine Vogelbeobachtungskarte und ein -führer sollen ebenfalls veröffentlicht und ein internationales Vogelbeobachtungsfestival organisiert werden. Für diejenigen, die ihr Abenteuer auf der VA auch offiziell mit Stempeln dokumentieren wollen, wird es den Via Algarviana-Pass geben. Und natürlich muss jedes Unternehmen oder Projekt in unserer globalen und technologischen Welt auch im Internet vertreten sein und gut vermarktet werden, um Erfolg zu haben. Dafür soll ein Portal über Ökotourismus im Hinterland der Algarve aufgebaut werden, das auch über eine Buchungszentrale verfügt, sowie eine Micro-Seite über Naturtourismus innerhalb der Internet-Seite der regionalen Tourismusbehörde (www.visitalgar ve.pt). Ferner soll die VA durch den Einsatz von digitalen Wanderführern, der Neuauflage des Via Algarviana-Führers, der Teilnahme bei internationalen und nationalen Messen zum Thema Naturtourismus sowie der Durchführung von Journalisten-Wanderungen bekannt gemacht werden. Voraussichtlich werden diese Vorhaben bis Mitte 2011 umgesetzt sein. ,,Es hängt jedoch nicht nur vom Willen und Engagement der Almargem ab“, so João Ministro, da unter anderem viele Genehmigungen von der regionalen Entwicklungskommission CCDR erteilt werden müssen. Doch auch bis dahin werden die bestehenden Strecken den Wanderlustigen viele Möglichkeiten bieten, das Hinterland der Algarve und seine Bewohner aus einer anderen Perspektive zu entdecken.
Text: ANABELA GASPAR
Foto: ROTA VICENTINA