Erst vor Kurzem erhielt ESA Leserbriefe, die auf die Umweltverschmutzung oberhalb der Klippen im Raum Lagoa aufmerksam machten. Ähnliche Situationen an der Westküste führten dazu, dass die Regierung derzeit ein härteres Durchgreifen gegen „wilde Camper“ plant
Wohnmobilisten sind zweischneidig: Einerseits sind sie willkommene Gäste, andererseits würden die Behörden es lieber sehen, wenn sie sich an eigens für sie eingerichtete Plätze niederlassen würden, statt innerhalb von Naturparks, oberhalb der Klippen oder inmitten der Dünen. Obwohl es sich um Personen handelt, die den Kontakt zur Natur suchen, wird ihnen immer wieder vorgeworfen, diese zu zerstören. Denn wenn sie ihre Wohnwagen direkt an der Küste und im Naturpark abstellen, zerstören sie die Vegetation, oft unter Schutz stehender Pflanzen, und tragen somit auch zu einer schnelleren Erosion bei. Zudem wird ihnen vorgeworfen, ihre WCs in der Landschaft zu entleeren, dort Müll zu entsorgen und Feuer zu entfachen – selbst im Sommer bei extrem hoher Brandgefahr. Die Leserbriefe, die wir erhielten, betrafen Strände bei Lagoa und Manta Rota. „In diesem Jahr gipfelt es vor allem in der Umgebung der Albandeira-Bucht. Täglich parken dort viele Camper, mehr oder weniger gut mit Toiletten ausgerüstet, und verunreinigen die Umgebung. Es ist ekelhaft und abstoßend.“, so Erika und Peter B., die das Geschilderte mit Fotos dokumentierten. Aus der Ost-Algarve erreichte uns ein ähnlicher Bericht von Sabine M.: „Die Campingplätze werden nicht genutzt, für die teuren Wohnmobile alles zu teuer. Wasser wird überall geholt wo es nichts kostet. Die Toiletten werden im Wald oder in den Dünen entleert, oder man benutzt die Dünen gleich als Toilette. Geparkt und gecampt wird in erster Reihe direkt an den Dünen. Die Hausbesitzer müssen ihre Steuer zahlen und teures Wassergeld, wohnen aber nicht direkt am Meer.“
Auch an der Westküste im Naturpark Parque Natural do Sudoeste Alentejano e da Costa Vicentina (PNSACV) ist die Situation drastisch. Das größte Problem sind dort die in Wohnwagen umgebaute Transporter, die meistens nicht über eine Toilette verfügen. Die Büsche rund um Strände wie Amado, Bordeira, Carrapateira oder Barrancos sind zu riesen WCs unter freien Himmel geworden, wo überall schmutziges Toilettenpapier herumliegt, und die Parkplätze ähneln Slums. Mit der Hitze soll der Gestank dieses Jahr unerträglich gewesen sein. Seit 15 Jahren fordert das Rathaus von Aljezur eine Gesetzesänderung, um dem wilden Campen innerhalb des Naturparks ein Ende zu setzen. Auch der Verband der Naturwächter macht darauf aufmerksam, dass das Campen in Zelten und in Wohnmobilen im PNSACV „außer Kontrolle geraten ist“ und bedauert, dass gleichzeitig die Anzahl der Forstwächter gekürzt wurde (um 50 % im Vergleich zu 2002).
Für Anwohner der Algarve, die Grundsteuern zahlen, ist es auch nicht erfreulich zu sehen, wie Wohnmobilisten die nobelsten Stellen einnehmen, ohne einen Cent dafür zu zahlen. Vor dem Wohnwagen wird oftmals noch eine „Terrasse“ aufgebaut, mit Schattenspender, Liegestühlen und weiteren komfortablen Utensilien.
Jährlich besuchen zirka 180.000 Wohnmobilisten die Algarve. Um dem wilden Campen ein Ende zu setzen, riefen die regionalen Behörden 2015 ein Netzwerk für Wohnwagen ins Leben, das mittlerweile aus 26 Stellplätzen besteht. Es gibt sie für jeden Geschmack: Nahe touristischer Städte und der Küste sowie weit abgelegen im Hinterland, wie beispielsweise in Almada d´Ouro am Guadiana-Fluss in Castro Marim. Hinzu kommen viele andere Campingplätze, die sich jedoch aus dem einen oder anderen Grund nicht dem Netzwerk angeschlossen haben.
Doch obwohl das Angebot erheblich zunahm, lassen sich immer wieder Wohnmobile an den unmöglichsten Stellen finden. Oft wundert man sich sogar, wie sie es schaffen bis zum Felsenkamm zu fahren. Den Reiz eines solchen Stellplatzes erkennt man natürlich sofort: Wer würde nicht gerne direkt vor dem Fenster eine schöne Kulisse genießen und den Sonnenaufgang und untergang bewundern? Doch es gibt Gesetze und diese müssen bekanntlich eingehalten werden. In Portugal, wie in so vielen anderen Ländern, ist das Abstellen eines Wohnmobils über Nacht oder mehrere Tage auf öffentlichen Plätzen verboten. Das Decreto-Lei 159/2012 verbietet zudem den Verkehr (Artikel 17) und das Abstellen (Artikel 10, Nr 9 b) von Wohnmobilen in Küstengebieten (vorhandene Parkplätze, Dünen, Klippen, usw.) und Artikel 10, Nr. 9 L verbietet das Zelten an Stränden.
Den Wildcampern entgegenzuwirken, scheint dennoch nicht so einfach zu sein. Direkt an der Küste ist die Polícia Marítima, und nicht die GNR oder Polícia de Segurança Pública (PSP), zuständig, und diese hat nicht die Befugnis, Strafen sofort abzukassieren. Das Bußgeld wird ausgestellt, doch da der Großteil der wilden Camper Ausländer sind, ist das ganze Verfahren ein langwieriger Prozess, der meistens mit der Verjährung der Strafe endet. Ganz zu Schweigen davon, dass die Polícia Marítima nicht die Mittel hat, um täglich an der gesamten Küste zu patrouillieren, um die Camper aufzuspüren. Auch die GNR oder die PSP-Beamten können die Küste nicht ständig überwachen und wenn sie morgens Wohnmobilisten anweisen den Platz zu verlassen, sind diese oder andere am Ende des Tages wieder da. Daher will das Umwelt-ministerium nun das Gesetz ändern, um Umwelt-sünder direkt vor Ort zur Kasse zu bitten.
Unter ist ein PDF mit den Camping- und Abstellplätzen des regionalen Netzwerkes und deren Kontakte abrufbar.
Text und Fotos: Anabela Gaspar in ESA 01/2018