Fotorealistisch umgesetzt
Die Natur- und Stadtlandschaften der jungen ukrainischen Künstlerin Kateryna Ilchuk zogen uns auf Anhieb in den Bann. Sie zeugen von der Liebe zu ihrer Wahlheimat Portugal und sind eine Hommage an das architektonische und natürliche Erbe
Kateryna Ilchuks fotorealistische Gemälde sind beeindruckend detailreich und realitätsgetreu. Bei einigen muss der Betrachter genau hinschauen, um zu erkennen, dass es sich um Ölgemälde handelt. Zu ihrer Begabung sagt die Künstlerin bescheiden, dass ihr vielleicht die Kreativität fehlt, um eigens erfundene Landschaften zu malen. Die der Algarve seien aber ohnehin so hinreißend, dass „Verbesserungen“ ihrerseits nicht nötig seien.
Die Ukrainerin kam vor fünf Jahren über das Erasmus-Programm nach Portugal, um in Viana do Castelo an der Uni zu studieren. Das Land gewann ihr Herz. Sie blieb und zog nach Abschluss des Studiums in den sonnigen Süden, um an der Uni Algarve ihren Master zu machen. Die Eindrücke ihrer Entdeckungsreisen durch Portugal hält sie in Öl, manchmal auch in Acryl, fest. Kleinere Gemälde malt sie oft direkt vor Ort, für Größere macht sie Fotos und malt anhand dieser in ihrem Atelier. Wichtig ist, dass Kateryna vor Ort war, dass sie die Atmosphäre, das Licht, den Duft wahrnahm. „Nur so kann ich den Ort, sei es eine schmale Gasse in der Altstadt von Albufeira oder ein Strand bei Lagoa, so wiedergeben, dass sich der Betrachter dorthin versetzt fühlt“, so die junge Künstlerin mit sanftem Lächeln.
Schon als Kind malte sie gerne. Das Talent dafür hat sie eventuell von ihrem Großvater geerbt, der ein bekannter Künstler in ihrer Heimatstadt Odessa ist. Mit ihm besuchte sie Galerien und Ausstellungen, schaute ihm beim Malen über die Schulter und erinnert sich, wie aufregend es für sie war zu sehen, wie die Landschaften auf der Leinwand an Leben gewannen. Doch weder der Großvater noch die Eltern motivierten Kateryna zum Malen oder unterstützten sie in ihrem Vorhaben, Kunst zu studieren. „Sie sahen darin keine Zukunft, also studierte ich Tourismuswirtschaft und regionale Entwicklung“, fasst sie lächelnd zusammen. Den Pinsel legte sie dennoch nie beiseite.
Im Februar 2021 verließ Kateryna die Algarve und zog nach Alcobaça. Sie arbeitet für ein Lissabonner Tourismusunternehmen. Dennoch hat sie weiterhin ein Atelier in der Algarve, besucht die Region regelmäßig und ist in den Galerien LiR in Lagoa, Galeria Fresco in Almancil und BAM Art in Albufeira vertreten. Jeden Tag nimmt sie nach Feierabend Pinsel und Farbe zur Hand und malt Landschaften und Straßenbilder. Zu denen aus Lagos, Faro oder Tavira gesellen sich nun Bilder von Lissabon oder Óbidos, deren blumengeschmückte Gassen es Kateryna angetan haben. Die Details sind unglaublich: Seien es die Eisenverzierungen einer Retro-Straßenlaterne, der Moder an Fenster- und Türeinrahmungen, die Holzverschlingungen an einer Treppe zum Strand, Fußstapfen im Sand, die unterschiedlichen Farbtöne der Felsen, die Oberleitungen der Lissabonner Straßenbahnen, die einzelnen Steine der calçada portuguesa oder Licht und Schatten.
„Meine Gemälde sind eine Hommage an das natürliche und architektonische Erbe Portugals, insbesondere der Algarve“, so Kateryna, die auch Aufträge annimmt. „Man muss mir nur ein Foto vom Ort seiner Begierde schicken“, erklärt sie und fügt hinzu, „wenn mir dann gesagt wird, dass mein Bild dabei hilft die Sehnsucht zu stillen, bin ich glücklich“.
Text: Anabela Gaspar; Fotos: Kateryna Ilchuk in ESA 02/2022