Kreativ und unkonventionell
Für Anke Punt Bach ist das Glas stets halb voll. Diese Lebenseinstellung möchte sie anderen durch ihre Werke vermitteln und sie dazu inspirieren, Schönheit in den kleinsten Dingen des Lebens zu sehen. Eine Auswahl ihrer Gemälde kann ab diesem Monat im ESA-Büro besichtigt werden.
Von der Natur inspiriert, von den Farben angezogen und zum Schaffen geboren“, so beschreibt sich die gebürtige deutsche Malerin. Zu dieser Erkenntnis kam sie jedoch erst später im Leben.
In den Niederlanden aufgewachsen, bereiste die Grundschullehrerin mit ihrem Mann die Welt und lebte in so unterschiedlichen Ländern wie England, Syrien, Russland, Australien und Kuwait. Im Laufe der Jahre hat sie Fort- und Ausbildungen absolviert und stets Neues ausprobiert, denn „lernen ist Nahrung für die Seele“, so Anke Punt Bach. Es war der Umzug nach Russland, der dazu führte, dass sie aus ihrem Hobby, der Malerei, ihre Haupttätigkeit machte. „Aufgrund der regelmäßigen Entwurzelung und des Neuanfangs, suchte ich nach einer Tätigkeit, der ich unabhängig von dem Ort, an dem ich mich befand, nachgehen konnte“, erklärt sie. Zwei Jahre lang nahm sie Malunterricht bei dem renommierten Künstler Victor Kovalevski. „Er legte den Grundstein für meinen weiteren Werdegang“, erzählt Anke weiter. Damals war sie 44 Jahre alt und hegte den Traum „richtig malen zu können“. „Ich hatte mein Leben lang gemalt, aber die Lehrerin in mir wollte die Grundkenntnisse und alle Techniken beherrschen“, führt sie aus. Also reichte Anke bei der Art Academy London ihr Portfolio ein. Die prestigeträchtige Kunstschule nimmt jährlich lediglich 16 Schüler auf. Anke war eine der Auserwählten. „Ich stand völlig neben den Schuhen, aber es war die beste Zeit meines Lebens!“, erinnert sie sich gut gelaunt, denn das Studium habe sie dazu gebracht, verschiedene Materialien zu erforschen und sich selbst herauszufordern – was sie bis heute fortsetzt.
Kurz nach der Kunstakademie hatte die Künstlerin ihre erste Einzelausstellung im niederländischen Den Haag. „Von da an ging alles sehr schnell“, fasst sie zusammen. Nach längeren Aufenthalten in Australien und Kuwait, während denen sie Malunterricht und Workshops gab und an diversen Ausstellungen teilnahm, lebt die Malerin nun in der Algarve und will sich in der hiesigen Kunstszene etablieren.
Trotz ihrer klassischen Malausbildung scheut sich Anke nicht davor, unkonventionelle Techniken und Materialien zu verwenden. Unsere Aufmerksamkeit wurde durch ihre Mixed-Media Malerei geweckt: Abstrakte Acryl-Hintergründe, oft mit Reliefs, die mit Figuren aus Steinen und Muscheln bestückt sind. Die Details dieser dreidimensionalen Steinfiguren und die Energie, die von ihnen auszugehen scheint, sind beeindruckend. Meist sind die Figuren in zarten Momenten der Berührung dargestellt, denn die temperamentvolle Malerin hat eine romantische Facette. Anke will mit ihren Werken nicht nur anderen Freude bereiten, sondern hofft, dass die Betrachter dazu inspiriert werden, in allen Dingen des Lebens etwas Schönes zu entdecken, gefundene Objekte neu zu betrachten und ihre Kreativität zu erkunden. Denn „wer sich die Fähigkeit bewahrt, Schönheit zu sehen, wird nie alt“, so Anke enthusiastisch.
Ihre akademisch geschulte Malerei offenbart sich in den klassisch anmutenden Porträts der Serie „Old Masters“. Dabei handelt es sich um Reproduktionen weltberühmter Gemälde wie „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“ des niederländischen Künstlers Johannes Vermeer oder „Mona Lisa“ von Leonardo da Vinci, die ebenfalls mit den Steinfiguren modifiziert sind.
Derzeit experimentiert die Malerin mit Acrylic Pouring, eine Maltechnik mit flüssigen Acrylfarben. Das Besondere an dieser Fließtechnik ist, dass sie immer ein Experiment ist, dessen Ergebnisse nicht vorhersehbar oder schwer zu beeinflussen sind. Anke sieht es anders. Sie hat sich fest vorgenommen, das Acrylic Fluid Painting „unter Kontrolle zu kriegen, sodass das Ergebnis das von mir gewünschte ist“, erklärt sie überzeugt. „Ich liebe Farben und fantasievolle, kreative Bilder. Deswegen beschloss ich die Acryl-Fließtechnik auszuprobieren. In den Tutorials im Internet sieht es sehr einfach aus, aber denkst du! Ich will nicht einfach die Farben auf die Leinwand schmieren. Ich möchte eine bestimmte Komposition, einen focal point erzielen. Die Farbe läuft aber nicht so, wie ich will“, berichtet Anke gestikulierend. Sie habe sogar ein Bild in Brand gesetzt, als sie mit Hilfe der Lötlampe die untere Farbschicht an die Oberfläche bringen wollte. Aber Aufgeben kommt für sie nicht in Frage. „Wenn man von zehn Bildern acht wegwirft, heißt das nicht, dass man nicht malen kann, sondern einfach, dass man noch nicht so weit ist. Man muss immer daran denken, dass man von den berühmten Malern nur die Bilder sieht, die nicht im Mülleimer landeten. Und zu Lebzeiten hat Vincent van Gogh nur sehr wenige Bilder verkauft! Das ist immer mein Trost“, verabschiedet sie sich amüsiert.
Text und Fotos: Anabela Gaspar in ESA 01/2022