Schritt für Schritt in die Autonomie
Der Verein zur Unterstützung Außergewöhnlicher Menschen der Algarve (APEXA) feiert in diesem Monat sein 20-jähriges Bestehen. Seine Gründer haben sich die Förderung der Autonomie von Menschen mit Behinderungen auf die Fahne geschrieben, sodass eine Inklusion in der Gesellschaft erfolgen kann
Die Associação de Apoio à Pessoa Excepcional do Algarve wurde 2003 in Albufeira von Nuno Neto gegründet. Damals war sein jüngster Sohn, der mit Spina bifida – im Sprachgebrauch „offener Rücken“ – geboren ist, 12 Jahre alt und Neto wurde klar, dass es in der Region an Organisationen mangelte, die ihn nach seinem 18. Lebensjahr unterstützen würden. „ACASO in Olhão, die Stiftung Irene Rolo in Tavira, APPC in Faro, EXISTIR in Loulé oder CRACEP in Portimão unterstützen vor allem Menschen mit geistiger Behinderung oder, im Falle von APPC, Zerebralparese“, so der ältere Sohn des Gründers, der ebenfalls Nuno Neto heißt. „Wir wollten auch Menschen mit körperlicher Behinderung und im erwachsenen Alter unterstützen. Aber wir wollen nicht nur eine Tagesstätte bieten, sondern diese jungen Erwachsenen bei ihrer persönlichen Entwicklung und Selbstständigkeit unterstützen, sodass sie als vollwertige Bürger, die sie sind, erfolgreich in ihren Gemeinden integriert werden“, erklärt Nuno weiter.
„Ein behindertes Kind zu haben, ist kein Problem, sondern eine Herausforderung, eine andere Art, das Leben zu betrachten“, so Nuno. Das größte Hindernis für die Mitarbeiter von APEXA sei jedoch die Tatsache, dass das erste Vorurteil im Zusammenhang mit Behinderung von den Eltern selbst kommt. „Sie sind die ersten, die die Behinderung ihres Kindes als ein Problem betrachten und übertragen durch ihr Verhalten diese Einstellung auf ihr Kind. So ist es dann selbst davon überzeugt, bestimmte Dinge nicht selbstständig machen zu können und keine Zukunft zu haben. Unsere wichtigste Aufgabe besteht darin, diese Vorurteile, die Menschen mit Behinderungen gegenüber sich selbst, gegenüber ihrer Behinderung und der anderer zu entmystifizieren“, berichtet Nuno weiter.
Seit Dezember 2019 hat APEXA auch eine Einrichtung in Lagoa. Im sogenannten Lacus-Projekt werden täglich acht Nutzer – vier Frauen und vier Männer zwischen 19 und 38 Jahren – mit unterschiedlichen Behinderungen unterstützt. Die durchgeführten Therapien und Aktivitäten dienen dazu, verschiedene Fähigkeiten zu trainieren und Kenntnisse zu erarbeiten. Das können einfache Dinge sein wie die Wochentage, die Raquel vorher nicht kannte und jetzt stolz mit einem großen Lächeln nennt, oder geografische Kenntnisse, die zum Beispiel durch Postcrossing erarbeitet werden. Dabei handelt es sich um ein Projekt, welches untereinander fremden Menschen ermöglicht, Postkarten an zufällig ausgewählte andere Teilnehmer zu versenden oder zu erhalten. Für versendete Postkarten bringen Raquel und ihre Kameraden einen grünen Pin, für erhaltene einen blauen Pin an die Weltkarte im Arbeitsraum an. Ein weiteres Thema ist Bürgerschaft, bei dem das Wahlsystem und -recht erklärt werden oder simulierte Anrufe bei einer Notfallnummer, um im Ernstfall die Ruhe zu bewahren und zu wissen, welche Angaben gemacht werden müssen. Die zu Betreuenden gehen regelmäßig zum Fitnesszentrum der städtischen Sporthalle, zum Schwimmbad oder zur Kunstschule und nehmen an Tanz- und Musikunterricht teil. Monika schwärmt von der Hippotherapie, die dank eines Abkommens zwischen APEXA, dem Rathaus von Lagoa und der GNR möglich ist, die die Pferde zur Verfügung stellen. Aber sie unternehmen auch alltäglich Dinge, wie den Gang zur Post, zur Markthalle, zum Café oder Einkauf und ab und zu werden Ausflüge organisiert, die Paddeln nach polynesischem Vorbild beinhalten können oder einen Besuch im Wasservergnügungspark. Alles mit dem Ziel ihre Autonomie zu fördern.
In der Vergangenheit hat die Wohltätigkeitsorganisation auch ein internationales Fußballturnier und Schwimmmeisterschaften für Menschen mit Behinderung organisiert und versucht eine Behinderten-Fußballliga zu starten.
Wichtig bei der Arbeit von APEXA ist auch die Unterstützung der Familien, sowohl in psychologischer als auch in sozialer Hinsicht. „Es ist wichtig, dass die Eltern die Kinder ermutigen. Ein Besuch im Supermarkt, im Restaurant oder im Café zu vermeiden aus Angst, dass etwas passieren könnte oder ihr Kind auffällig wird, ist ein Abwehrmechanismus, den Eltern entwickeln, um ihr Leben zu erleichtern und auch um ihr Kind zu schützen. Aber dieser Schutz ist für das Kind sehr schädlich, da es so nicht lernt in alltäglichen Situationen zurechtzukommen”, so Nuno.
Viele Eltern würden ihr Kind mit Behinderung nicht darauf vorbereiten, wie es nach dem Tod der Eltern allein zurechtkommen kann. Daher will APEXA den Eltern helfen zu verstehen, dass Sozialisierung wichtig ist. „Sie müssen gute Beziehungen zu der Nachbarschaft aufbauen, sie sensibilisieren und mit dem Kind die Bäckerei, den Lebensmittelladen und das Café besuchen, damit es die Menschen, die dort arbeiten kennenlernt. Somit schafft man sich ein Unterstützungsnetz, sodass nach dem Tod der Eltern, Nachbarn und Freunde da sind“, so Nuno.
APEXA wird zu 52 % von öffentlichen Geldern finanziert. 40 % der nötigen finanziellen Mittel kommen von nationalen und internationalen Unternehmen, die Finanzierungslinien eröffnen, um die sich APEXA bewirbt. Hinzu kommen Spenden. „Wir verfolgen eine strickte Politik der Transparenz und versuchen stets, den Wunsch des Spenders zu erfüllen. Wenn jemand Kinder mit Behinderungen unterstützen möchte, wird das Geld nicht an das Lacus-Projekt in Lagoa weitergeleitet, das junge Erwachsene unterstützt, sondern beispielsweise in die Frühintervention bei Kindern oder um die Therapiekosten eines Kindes zu übernehmen, dessen Familie es sich nicht leisten kann“, erklärt Nuno.
Zum Sammeln von Spenden werden Konzerte oder Shows organisiert, wie im Februar eine Show mit zwei bekannten Magiern. Die Einnahmen kommen zu 100 % APEXA zugute. Im Rahmen des 20. Jubiläums ist am 18. März ein Galadinner zugunsten der Organisation geplant. Zudem lädt APEXA am 19. März zu einem Picknick ein und bis Ende Oktober zweimal im Monat zu Gesprächsrunden, in denen es u. a. um Inklusion, Elternschaft und Beschäftigungsfähigkeit von Menschen mit Behinderungen geht. Weitere Infos werden kurzfristig auf den sozialen Netzwerken von APEXA abrufbar sein.
Text: Anabela Gaspar in ESA 03/2023
Fotos: APEXA; Anabela Gaspar
APEXA / Projeto LACUS
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