Die Lagoa dos Salgados ist weiterhin bedroht. Schritt für Schritt rückt die Umsetzung des Bauvorhabens einer 300 Hektar großen Tourismusanlage näher. Zuletzt wurde ein Bericht veröffentlicht, der besagt, dass das endgültige Bauprojekt alle Auflagen der Umweltstudie erfüllt. Die regionalen Umweltschutzverbände sehen das jedoch nicht so
Seit 2012 kämpfen Umweltschützer gegen das Tourismusprojekt Finalgarve der Gruppe Galilei, das für den letzten unbebauten Küstenstreifen zwischen Albufeira und Armação de Pêra geplant ist. Drei Hotels, zwei Wohnanlagen, ein Einkaufszentrum und ein 18-Loch-Golfplatz sind vorgesehen. Direkt daneben ein einzigartiges Biotop und Vogelparadies, die Lagoa dos Salgados.
Die Bauarbeiten hätten 2013 beginnen sollen und die Eröffnung des ersten Hotels war für 2015 geplant. Bislang steht das alles nur auf dem Papier, doch durch eine umstrittene Genehmigung nach der anderen, rückt die Umsetzung näher. Zuletzt wurde ein Bericht der regionalen Entwicklungskommission CCDR bekannt, laut dem das endgültige Bauprojekt alle Auflagen der Umweltstudie erfüllt. Die Plataforma dos Amigos da Lagoa dos Salgados, zu der die Umweltschutzvereine Almargem, A Rocha, GEOTA, Liga para a Protecção da Natureza LPN und Quercus sowie der portugiesische Verein für Vogelkunde SPEA gehören, ist anderer Meinung. Vor allem fragen sie sich, wieso die regionale Behörde den Bericht überhaupt durchführen ließ, da einstweilige Verfügungen gegen den Raumordnungsplan der Praia Grande, das Bauprojekt und die Grundstücksenteignungen im Gericht von Loulé eingereicht wurden und die Prozesse noch laufen.
Die Plataforma dos Amigos da Lagoa dos Salgados reichte eine einstweilige Verfügung ein, weil das Projekt gegen den regionalen Raumordnungsplan PROT-Algarve verstößt, der innerhalb eines zwei Kilometer breiten Küstenstreifens ein Bauverbot vorsieht. Des weiteren, weil der Staatssekretär für Umwelt 2013 die Baugenehmigung anhand einer Umweltstudie erteilte, die nicht das gesamte Projekt, sondern nur ein Fünftel davon betrifft. Zudem wurde die Umweltstudie innerhalb nur eines Monats durchgeführt, statt über ein ganzes Jahr, um die Vogelwelt vollständig evaluieren zu können, und noch dazu von Finalgarve finanziert, sodass sie nicht unabhängig sein kann. Darüber hinaus räumte die Umweltstudie negative Auswirkungen ein, wie „die Bebauung einer enormen, landwirtschaftlichen Fläche mit sehr fruchtbarem Boden; Zunahme des negativen Einflusses der Menschen auf ein Naturgebiet und dessen biologische Vielfalt; Beeinflussung der Qualität des Grundwassers durch Düngung u.ä.; drastische Reduzierung der Landschaftsvielfalt“. Alleine aus diesen Gründen hätte laut Umweltschützer das Projekt nie genehmigt werden dürfen.
„Dass die Gruppe Galilei Druck macht, um mit dem Projekt voran zu kommen, sehen wir natürlich ein, aber die CCDR hätte die noch laufenden Gerichtsprozesse respektieren müssen. Solange kein Urteil bekannt ist, dürften keine weiteren Studien und Berichte angeordnet oder Genehmigungen erteilt werden“, so Joaquim Teodósio von SPEA gegenüber ESA. Hinzu kommt, dass sie den nun veröffentlichten Bericht als unvollständig bezeichnen und, anders als die CCDR, der Meinung sind, dass die Auflagen der Umweltstudie keinesfalls erfüllt werden. Daher fordern die Umweltschützer, dass der Bericht als ungültig erklärt wird.
Für die Umweltschützer gehört dieses Projekt zum „bereits erschöpften Beton-Modell, das keinen Mehrwert für den Tourismus in der Region darstellt. Es zerstört eine einzigartige Landschaft, die zu den meist besuchten Orten der Algarve zählt und in der unter Schutz stehende Pflanzen und Vögel vorkommen“.
Da die Lagoa dos Salgados eine Lagune im Küstengebiet ist, gilt sie laut der europäischen Habitat-Richtlinie (92/43/EWG) als natürlicher und natur-naher Lebensraum von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden sollen. Das gleiche gilt für die festliegenden Küstendünen mit krautiger Vegetation (Graudünen). Laut der portugiesischen Gesetzgebung (Decreto-Lei Nr. 49/2005) müssten auch diese Dünen, da Lebens- und Nahrungsraum verschiedener Arten, unter Schutz stehen. Zudem sind die Lagune und das angrenzende Gebiet wichtige Lebens-, Nahrungs-, Vermehrungs-, Mauser-, Rast- und Überwinterungsstätten verschiedener, unter Schutz stehender Vögel. Darunter 39 Spezies, die im Anhang I der besonders gefährdeten bzw. schutzwürdigen Arten der EU-Vogelschutzrichtlinie (79/409/EWG) aufgeführt sind und für deren Schutz sogenannte Europäische Vogelschutzgebiete (auf Englisch: Special Protection Area, SPA) eingerichtet werden sollen. Die Habitat- wie auch die Vogelschutz-Richtlinien der EU wurden im portugiesischen Gesetz aufgenommen (Decreto-Lei nr 75/91 und Decreto-Lei 226/97). Die EU-Mitgliedsstaaten sind verpflichtet, naturschutzwürdige Gebiete an die EU-Kommission zu melden und diese in der nationalen Liste Natura 2000 zu führen. Nach einschlägiger Rechtsprechung des EU-Gerichtshofes, müssen die Mitgliedsstaaten auch die von BirdLife International gekennzeichneten Important Bird Areas als Referenz für die Auswahl ihrer Vogelschutzgebiete (SPA) heranziehen. Zudem sind die EU-Staaten dazu verpflichtet, Gebiete, in denen Arten des Anhang I der EU-Vogelschutzrichtlinie vorkommen, zu SPAs zu erklären. Doch Portugals Staat hat bislang die Lagoa dos Salgados weder als SPA noch als Besonderes Schutzgebiet von Europäischem Interesse (Site of Community Importance, SCI) ausgewiesen oder im nationalen Natura 2000-Netzwerk aufgenommen.
Hoffnung das Projekt stoppen zu können, ließ 2015 auch das Vorkommen von Linaria Algarviana aufkommen. Eine kleine, endemische Pflanze aus der Familie der Braunwurzgewächse (Scrophulariaceae) die im Anhang II der europäischen Habitat-Richtlinie und im Anhang I der Berner Konvention (Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume) sowie auf der Roten Liste gefährdeter Arten der Weltnaturschutzunion IUCN aufgeführt ist und in Portugal unter Schutz steht.
Die Bürgermeisterin von Silves, Rosa Palma, versicherte gegenüber der regionalen Zeitung Jornal do Algarve, dass bislang keine Baulizenz erteilt wurde und erinnerte daran, dass noch Gerichtsprozesse laufen. Auch sie befürwortet das Projekt nicht, kann es jedoch nicht verhindern, da der Raumordnungsplan samt dem Finalgarve-Projekt von der vorherigen Kommunalverwaltung genehmigt wurde. Das Rathaus sowie die Umweltschützer würden ein Landtourismusprojekt bevorzugen.
Text und Fotos: Anabela Gaspar in ESA 01/2018