Nimmt die Natur ihren Lauf oder gefährdet der Eingriff von Menschenhand das einzigartige Lagunensystem der Ria Formosa?
Die Düne der vorgelagerten Insel von Cacela Velha wird fortwährend vom Meer weggespült. Dadurch lagert sich immer mehr Sand in der Lagune ab. Die Meeresfauna der Lagune ist bedroht; Fischer und Muschelzüchter sehen ihr Einkommen gefährdet. Die Situation ist allerdings nicht neu. Seit fast zehn Jahren fordert ADRIP, der Verein zum Schutz des Erbes von Cacela Velha, dringend eine Befestigung der Sandbänke sowie die Ausbaggerung des Meereszuflusses und der Kanäle der Ria Formosa bei Fábrica und Cacela Velha. Obwohl der Staat in den kommenden zehn Jahren 900 Mio. Euro in den Strand- und Küstenschutz investieren will, sieht das Umweltministerium diese Arbeiten bei Cacela Velha nicht vor.
„Schuld an der tragischen Situation bei Cacela ist nicht Mutter Natur, sondern die Behörden“, so ein Sprecher von ADRIP. Vor allem die ARH Algarve, die für die hydrografische Verwaltung zuständig ist und im Juni 2010 an der Ostspitze der Insel vor Cacela Velha die Sandbank durchbrach, um einen Wasserzufluss zu ermöglichen, sei für die Situation verantwortlich. Der Wasserzufluss wurde zwar gemacht, um den Forderungen der Fischer und der Muschelzüchter nachzukommen, da sich bereits damals zu viel Sand in den Lagunen angesammelt hatte und die Zucht-Anlagen im Trockenen standen, aber an falscher Stelle. „Die Sandschneise wurde geöffnet, ohne dass eine Umweltstudie durchgeführt wurde und ohne dass man an die Folgen eines solchen Eingriffes dachte. Die von der Natur geschaffenen Zuflüsse verlagern sich jährlich 70 bis 100 Meter von Westen nach Osten. Die Zufuhr vor Lacém, westlich von Cacela Velha, wandert nach Osten bis sie am Ende der Insel ist und kehrt dann wieder um. Normalerweise öffnet die Natur während einer Sturmflut einen neuen Zufluss“, erklärt er. „Die Ausbaggerung des bestehenden Zuflusses wäre die richtige Lösung gewesen und der Sand hätte der Verstärkung der Dünen gedient.“ Der Eingriff seitens der ARH Algarve habe die Situation nur verschlechtert, da er zu einer verstärkten Zerstörung der Düne und dadurch zur weiteren Sandablage in der Lagune geführt habe.
Seitdem forderte ADRIP immer wieder die Befestigung der Dünen und die Ausbaggerung der Lagune. Auch die kommunistische Partei PCP setzte sich dafür ein. Zuletzt im Dezember 2017. Die Antwort der Regierung kam Ende Februar: „Die Sociedade Polis Ria Formosa führt derzeit Ausbaggerungen im Naturschutzgebiet durch und befestigt die Dünen-Kette. Dennoch sind weder seitens der Behörde Sociedade Polis noch seitens der portugiesischen Umweltagentur APA Arbeiten in Cacela Velha oder Fábrica vorgesehen“. Bereits 1999 und 2010 seien solche Arbeiten durchgeführt worden. Weitere Arbeiten müssten gut durchdacht werden, da Eingriffe an einem Küstenabschnitt Probleme an einer anderen Stelle, meistens östlicher, verursachen.
Bei der Ankündigung der Arbeiten zum Küstenschutz bis 2028 Anfang dieses Jahres, warnte der Umweltminister, dass es eine „herkulische Aufgabe“ sei. Einerseits weil Portugals Küste den Folgen des Klimawandels und des ansteigenden Meeresspiegels stark ausgesetzt sei, andererseits weil die geplanten Maßnahmen, wie Molen, Wellenbrecher oder Sandaufschüttungen das Problem nur vorübergehend lösen und oft zu Problemen an einer anderen Stelle führen. Darüber ist sich ADRIP mehr als bewusst. „Das Wasser trägt den Sand an einer Stelle ab und spült ihn an einer anderen an. Seit im Westen die künstlichen Zuflüsse bei Olhão und Tavira geöffnet und die Molen in Quarteira oder Portimão gebaut wurden, verlieren die Inseln der Ria Formosa an Höhe und Breite, da die Molen die Wanderung des Sandes nach Osten verhindern“, so der Verein. Dadurch sei die Dünen-Kette vor Cacela Velha immer niedriger geworden. Bei Unwetter und Springflut steige das Wasser über die Dünen und verstreue den Sand in die Lagunen. Deswegen forderte ADRIP in der Vergangenheit auch den Bau von Wellenbrechern aus mit Sand gefülltem Geotextil, so dass die Wellen vor der Küste brechen und Sand anstatt wegspülen. Das Wissen und die Methoden seien vorhanden und die Investition würde zwar höher als die Kosten von Sandaufschüttung sein, dafür aber längerfristig, denn das Wasser würde die Textilbarrieren nicht wegspülen.
Die Ria Formosa ist einer der größten Schätze und die „Visitenkarte“ der Algarve. Dieses Feuchtgebiet, das zur Ramsar-Konvention und zum Natura 2000 Netz gehört, ist Lebensraum unzähliger Vogelarten und der Lebensunterhalt vieler Fischer und Muschelzüchter. Seine Verwaltung unterliegt unterschiedlichen Behörden. Genau darin sieht ADRIP das Problem: „Wenn es darum geht etwas zu unternehmen, wird die Zuständigkeit von einem zum anderen geschoben. Keiner macht, was gemacht werden muss. Zu viele Köche verderben den Brei. In Cacela Velha kann dies das Ende der Ria bedeuten und im Extremfall auch der historischen Ortschaft Cacela Velha“.
Text: Anabela Gaspar in ESA 04/2018
Fotos: Anabela Gaspar, ADRIP, Gabriel Clemente