Eine neue Herausforderung für Aktivitäten mit dem Hund ist das Aufspüren von Trüffeln. Dabei wird die Verbindung zum Tier gestärkt und botanische Kenntnisse erweitert. Die Trüffelgruppe Algarve zeigt wie es geht
Trüffelsuchen in der Algarve? Ja sicher! Das Vorkommen von Trüffeln in der Algarve ist zwar weitgehend unbekannt, aber das bedeutet nicht, dass es sie nicht gibt. Laut Dieter Honstraß, in Deutschland als der „Pilzpapst“ bekannt und Leiter der Forschungsgruppe Hypogäen der Pilzschule Deutschland, liegt das daran, „dass die Einheimischen keine Pilzesser sind, sich daher wenig mit ihnen befassen, geschweige denn gezielt danach suchen“. Ein wichtiges Indiz dafür sei das Fehlen von Fachbüchern über einheimische Arten. Während die algarvios sich wenig oder gar nicht für Pilze interessieren, sind die Mitglieder der Trüffelgruppe Algarve den Geheimnissen der unterirdisch wachsenden Pilze (Hypogäen) mit fünf ausgebildeten Trüffelhunden auf der Spur. Mit Erfolg! Denn seit ihrer Gründung vor zwei Jahren gelang es den Mitgliedern mit Hilfe ihrer „Spürnasen“ über zehn verschiedene Trüffelarten in der Algarve und im Alentejo nachzuweisen. Angefangen hat alles mit einem Workshop von Dieter Honstraß zum Thema „Trüffelsuche mit Hund“.
Larissa Möller hat sich sofort angemeldet, denn Pilze und spezifisch Trüffel interessierten sie schon immer. „Nach den ersten zwei Workshop-Tagen war ich begeistert. Ich konnte gezielt etwas mit meinem Hund unternehmen und dabei mehr über das Reich der Pilze lernen. Zwar zeigte Fashima zu Beginn kein großes Interesse, aber dann haben wir viel geübt und so bin ich dem Trüffelthema immer näher gekommen und habe gemerkt, wie spannend und vielfältig es ist. Man muss stets die Augen offen halten und lernt viel über die Pflanzen, die unterschiedlichen Habitate und Trüffelarten, zu welchen Jahreszeiten welche wachsen und mit welchen Pflanzen sie in Symbiose leben“, berichtet Larissa. Auch wenn Fashima, eine neunjährige Akita, weiterhin Frauchens Begeisterung für Trüffeln nicht teilt, hat Larissa mit Nelli dos Santos und Hilde Roders und deren Hunde große Freude bei der Trüffelsuche. Zudem schließt sie Kontakte und Freundschaften mit Gleichgesinnten aus aller Welt.
Nelli gibt offen zu, dass die Pilze sie zu Beginn nicht im geringsten interessierten. „Ich wollte mit Nala lediglich eine Beschäftigung im Freien finden und dabei Gleichgesinnte treffen.“ Nala entpuppt sich mittlerweile als Trüffelschnüffel-Talent und man sieht wie stolz Nelli auf sie ist, doch in erster Linie geht es ihr weiterhin darum, dass sie gemeinsam Spaß haben.
Obwohl die Trüffelgruppe bislang nur aus drei Hundehaltern und fünf Hunden besteht, sind sie stark engagiert und organisieren regelmäßig Aus- und Weiterbildungen von Hund und Hundeführer, regionale Treffen und Hundetrainings. Bei einem solchen Training, in einem Pinienwald zwischen Quinta do Lago und Vale do Lobo, begleite ich die Gruppe.
Larissa hat Trüffeln besorgt, die wir im Pinienwald verstecken – fast wie bei einer Ostereiersuche. Wir verbuddeln sie aber nicht irgendwo, sondern dort wo Frühlingstrüffel in diesem Habitat und zu dieser Jahreszeit wachsen, das heißt, im Traufbereich der Pinien, wenige Zentimeter tief im sandigen Boden, und bedecken anschließend die Stelle mit den trockenen Piniennadeln. Nala braucht nur wenige Minuten, um die ersten versteckten Trüffeln zu entdecken. Dafür bekommt sie nicht nur Leckerlis, sondern wird von Nelli, deren Augen vor Stolz leuchten, ausgiebig gestreichelt und gelobt.
Dieter erklärt, dass bei der Trüffelsuche mit Hund das Schlüsselwort Teamarbeit ist. „Die Ausbildung zum guten Trüffelhund dauert zwei bis drei Jahre. Eigentlich ist das die Ausbildungszeit, die der Hundeführer für sein eigenes Lernverhalten ansetzen muss“, so Dieter. Denn der Hundehalter muss lernen sich zurückzunehmen und auf den Hund zu achten, seine Körpersprache richtig zu interpretieren und stets aufmerksam sein, um zu sehen, wenn der Hund eine Stelle anzeigt. Zudem müssen die Halter verstehen, wie der Hund die Position anzeigt. Oft ist es nur ein leichtes Schnüffeln und Kratzen. „Und der Hund muss lernen die Stelle richtig anzuzeigen, damit Frauchen nicht jedes Mal wenn er schnüffelt losbuddelt und letztendlich nur ein anderer Hund dort zuvor seine Markierung gesetzt hat“, fügt Nelli gut gelaunt hinzu. Sie hat auch gelernt Nala zu vertrauen und ruft sie nicht mehr zurück wenn sie losrennt, weil sie denkt, dass der Hund ein Kaninchen verfolgt.
Auch Fashima schnüffelt nach Trüffeln, wird fündig und gelobt und noch dazu mit Leberwurst belohnt. Grundsätzlich sind alle Hunderassen in jeder Altersklasse dafür geeignet und in der Lage das Suchen nach Trüffeln zu erlernen. Doch bestimmte Rassen scheinen ein angeborenes Talent zu haben. Nala gehört wohl dazu, denn es gelingt ihr sechs Frühlingstrüffeln zu finden, die wir nicht versteckt hatten. Ein Erfolgserlebnis für die gesamte Gruppe.
Dieter ist sichtlich stolz auf alle und bekommt an diesem Tag auch noch die Chance, ihnen für ihre „Verdienste“ bei der Trüffelsuche eine Auszeichnung zu übergeben: Ein gesticktes Emblem der Trüffelschule mit einem Sternchen, das dafür steht, dass sie bereits sieben unterschiedliche Trüffelarten finden konnten. Ich schaffe es tatsächlich auch noch einige kleine Trüffeln zu finden, bekomme aber weder Belohnung noch Auszeichnung…
Begeistert ist Dieter auch davon, dass Larissa sich immer mehr zur Trüffelexpertin entwickelt. „Es macht Spaß, als Team einer sinnvollen und in einigen Bereichen sogar wissenschaftlichen Aufgabe nachzugehen. Pilze, und somit auch Trüffeln, sind wichtige und unverzichtbare Bestandteile unserer Welt. Viele von ihnen leben in Gemeinschaften, das heißt in Symbiosen mit Bäumen und anderen Pflanzen, und ohne sie könnten viele schlicht und einfach nicht überleben. Pilze tragen zu einer großen Biodiversität bei, sind wichtige Faktoren bei Erosions- und Feuerschutz und schaffen gesündere und biologisch vielfältigere Naturlandschaften“, zählt Larissa enthusiastisch auf. Während der Trüffelsuche macht sie Fotos der Trüffel, des Fundortes, schreibt GPS-Koordinaten des Standortes, Datum und wer sie gefunden hat, auf. Später notiert sie weitere Informationen zum Habitat des Fundortes, schaut sich die Trüffeln unter dem Mikroskop an und versucht sie anhand der vorhandenen Fachliteratur zu bestimmen. Laut Dieter sind die Chancen in der Algarve eine Trüffelart zu finden, die bislang unbekannt ist, sehr groß. „Demnächst könnte es eine Tuber Larissa oder Tuber Fashima geben“, fügt er lächelnd hinzu. Zudem ist Larissa dabei Trüffelbäumchen anzupflanzen, denn Trüffelanbau ist ein Thema, das sie ebenfalls interessiert. In diesem Bereich arbeitet die Gruppe zusammen mit einer Professorin von der Uni in Évora und deren Doktorand, die Forschungen und Feldversuche durchführen. Ziel ist es, die hier vorkommenden Trüffelarten in Kultur zu nehmen, um der Versteppung entgegen zu wirken sowie um den Menschen in Gegenden wo kaum Landwirtschaft betrieben wird neue Verdienstmöglichkeiten zu bieten. Die Trüffelgruppe Algarve nimmt auch an überregionalen Veranstaltungen und Forschungsprojekten in Spanien und weiteren EU-Ländern teil.
In zwei Wochen will die Gruppe wieder diesen Pinienwald besuchen, denn sie entdeckten einige mit Sandröschen bedeckte Stellen, wo sie hoffen, Terfezia Arenaria zu finden, eine Wüstentrüffelart, die nicht unter Bäumen, sondern bei diesen kleinen unscheinbaren Pflanzen wächst. Wer mitmachen will kann unter info@truffles-algarve.com Kontakt mit der Gruppe aufnehmen.
Text und Fotos: Anabela Gaspar in ESA 04/2020