Auch für gleichgeschlechtliche Paare ist der Weg zum Altar jetzt frei
Portugals Parlament stimmte im vergangenen Monat einer Gesetzesvorlage zur Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe in erster Lesung zu. Portugal ist damit das sechste Land in Europa und das achte weltweit, das solche Verbindungen erlauben will. Das Adoptionsrecht wurde jedoch nicht eingeräumt
Nachdem die Abgeordnetenkammer die Homo-Ehe verabschiedete, feierten Dutzende gleichgeschlechtlicher Paare das Ende der Diskriminierung vor dem Parlament. Premierminister José Sócrates, der persönlich ans Rednerpult trat, um die Gesetzesvorlage der sozialistischen Regierung zu verteidigen, löste damit einen Teil seiner Wahlversprechen ein, die Gesellschaft umbauen zu wollen. ,,Portugal lebte in der absurden und unwürdigen Situation, dass Homosexualität bis 1982 noch als Verbrechen betrachtet wurde“, sagte er während der Parlamentsdebatte und verteidigte das Eherecht für Homosexuelle im Namen von ,,Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichheit und Humanismus“. Nach der Abstimmung sprach Sócrates von einem ,,historischen Tag im Kampf gegen die Diskriminierung und die Ungerechtigkeit in der portugiesischen Gesellschaft“. Bei der Abstimmung konnte seine Minderheitsregierung für die Fraktionsdisziplin galt auf die Zustimmung der Linkspartei Bloco de Esquerda, der kommunistischen Partei PCP und der Grünen zählen. Der Linksblock und die Grünen bezeichneten den neuen Gesetzestext jedoch als ,,unfair und gesetzwidrig“, weil er kein Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare vorsieht. Beide Parteien hatten Entwürfe eingereicht, die auch das Adoptionsrecht einräumten, von den Abgeordneten jedoch abgelehnt wurden. Das Verbot von Adoptionen mache die ,,Homo-Ehe“ zu einer ,,Ehe zweiter Klasse“, so Befürworter des Adoptionsrechtes für gleichgeschlechtliche Paare. Auch die sozialdemokratische Partei PSD sah ihre alternative Gesetzesvorlage abgelehnt, in der statt von Ehe die Rede von einer ,,registrierten zivilen Partnerschaft“ war und die das Adoptionsrecht nicht vorsah. Sócrates begründete diese gesetzliche Zurückhaltung damit, dass bei der Adoption nicht nur die Rechte der Erwachsenen, ,,sondern auch die Interessen der Kinder“ berücksichtigt werden müssen. Dieses Thema, dem zwei Drittel der Portugiesen ablehnend gegenüberstehen, werde in dieser Legislaturperiode nicht mehr zur Sprache kommen, versicherte PS-Fraktionschef Francisco Assis, nachdem die PSD der Regierung vorwarf, das Thema in Kürze aufgreifen zu wollen. 8 Die Gesetzesvorlage kann jedoch wegen der Ausschließung des Adoptionsrechtes was laut den Kritikern gegen Artikel 13 der portugiesischen Gesetzgebung verstößt, der die Diskriminierung u.a. aufgrund der sexuellen Orientierung verbietet vom Verfassungsgericht als gesetzwidrig angesehen werden. Die Journalistin und ehemalige Abgeordnete des Bloco de Esquerda, Joana Amaral Dias, unterstellte der Regierung, das Adoptionsrecht absichtlich nicht eingeräumt zu haben, um eine spätere Annullierung der eigenen Gesetzesvorlage aufgrund Gesetzeswidrigkeit zu erreichen (s. Pressespiegel). lamentarier öffentlich zu seiner Homosexualität bekannte, meinte dazu, dass ,,auch in Portugal sich die Einsicht durchgesetzt hat, dass die individuellen Freiheiten berücksichtigt werden müssen“. Laut einer Umfrage des Instituts Eurosondagem im November 2009 befürworten jedoch nur 45,5 Prozent der Portugiesen die Homo-Ehe, während 49,5 Prozent sie ablehnen. Eine Bürgerinitiative hatte 92.207 Unterschriften darunter Unterschriften von PS-Mitgliedern für ein Referendum gesammelt, in der Hoffnung einen Volksentscheid über das Thema zu erreichen und das Gesetz damit doch noch kippen zu können. Die Mehrheit der Abgeordneten lehnte die Durchführung eines Referendums jedoch ab. Die Rechtsparteien CDS-PP und PSD kritisierten dies, weil somit der ,,Wunsch der Bürger der portugiesischen Republik nicht respektiert“ wurde. Dieselben Parteien hatten 2007 ein Referendum zum Schwangerschaftsabbruch abgelehnt, mit der Begründung, dass es sich um den Schutz des Rechtes auf Leben handele und dieser als Grundrecht nicht von der Volksmehrheit abhängen könnte. Ein weiteres Argument zur Verschiebung der Einführung der Homo-Ehe, das während der Debatte immer wieder gebracht wurde, war, dass das Land derzeit wichtigere Probleme hätte, wie die Arbeitslosigkeit, denen sich die Regierung und das Parlament widmen sollten. Sócrates antwortete, dass er den Kampf gegen Diskriminierung nicht als zweitrangig sehen würde. Der Gesetzesentwurf wird nun noch von verschiedenen Parlamentsausschüssen behandelt. Dann muss der konservative Staatspräsident Aníbal Cavaco Silva ihn absegnen. Falls er kein Veto einlegt oder der Gesetzestext als gesetzwidrig erklärt wird, kann die erste offizielle Homo-Ehe im April geschlossen werden einen Monat bevor Papst Benedikt XVI. dem Wallfahrtsort Fátima einen offiziellen Besuch abstatten wird. Das Kirchenoberhaupt dürfte alles andere als erfreut darüber sein. Er erteilte der Homo-Ehe eine Absage, weil diese nicht mit der ,,Natur des Menschen als Mann und Frau“ sowie einem ,,gesunden Familienleben“ in Einklang stehe. Bloco de Esquerda und die Grünen machten des Weiteren darauf aufmerksam, wie absurd die Situation sei, da Ledige oder homosexuelle Partner in eheähnlichen Beziehungen adoptieren könnten, verheiratete jedoch nicht. Lesben könnten zudem auf künstliche Befruchtung zurückgreifen, da das Gesetz in dieser Hinsicht keine Regelung vorsieht. Die Ausschließung des Adoptionsrechtes könnte jedoch der Grund sein, weshalb die Debatte zur Einführung der HomoEhe in Portugal anders als in Spanien weitgehend emotionslos verlief. Vor fünf Jahren riefen die spanischen Bischöfe bezüglich der Homo-Ehe die Bürger zu Massendemonstrationen auf. Obwohl auch Portugal vom Katholizismus geprägt ist, verhielt sich der Klerus auffallend still. Lissabons Kardinal und Patriarch José da Cruz Policarpo sagte lediglich, dies sei ein Thema, das der Verantwortung des Parlaments unterliegen würde. Der sozialistische Abgeordnete Miguel Vale de Almeida, der sich als erster Parlamentarier öffentlich zu seiner Homosexualität bekannte, meinte dazu, dass „auch in Portugal sich die Einsicht durchgesetzt hat, dass die individuellen Freiheiten berücksichtigt werden müssen“.
Anabela Gaspar
ESA 02/10