Nachdem Portugals Parlament am 27. Oktober 2021 den Staatshaushalt für 2022 ablehnte und Staatsoberhaupt Marcelo Rebelo de Sousa daraufhin das Parlament auflöste, kam es gestern zu Neuwahlen, aus denen die Sozialistische Partei mit absoluter Mehrheit als Sieger hervorging.
Es schien sich um die engsten Parlamentswahlen aller Zeiten zu handeln. Bei den Umfragen standen Mal die Sozialisten, Mal die Sozialdemokraten an erster Stelle. Drei Tage vor der Wahl stand das Ergebnis bei drei unterschiedlichen Umfragen unentschieden. Doch die regierende Sozialistische Partei hat die Parlamentsneuwahl überraschend deutlich gewonnen und die absolute Mehrheit der Sitze erobert.
Premierminister António Costa erhielt 41,6 % der Stimmen (+ 5 % im Vergleich zur letzten Wahl im Herbst 2019) und kam damit auf mindestens 117 der insgesamt 230 Sitze (es fehlen noch die Stimmen der im Ausland lebenden Portugiesen). Die größte Oppositionspartei, die konservative PSD unter ihrem Spitzenkandidaten Rui Rio kam nach den vorläufigen Ergebnissen nur auf etwa 27,9 % (71 Sitze). Rio gab bereits bekannt zurückzutreten, falls dies der Wunsch seiner Parteimitglieder sei.
Als dritte Kraft trat die rechtsextreme populistische Partei Chega hervor. Jahrelang war Portugal einer der wenigen europäischen Staaten gewesen, in dem es keine Rechtsradikalen und Rechtspopulisten im Parlament gegeben hatte. Chega-Chef André Ventura, ein promovierter Jurist und Finanzbeamter, kommt ursprünglich auch nicht vom rechten Rand. Er war Mitglied der Mitte-Rechts-Partei PSD. Doch im Frühjahr 2019 gründete er die Partei Chega und wurde mit nur 1,5 % der Stimmen im Oktober 2019 ins Parlament gewählt. Statt einem Sitz sind es nun 12 (7,15 % der Stimmen).
Auch die Liberalen von Iniciativa Liberal unter Cotrim Figueiredo treten verstärkt aus diesen Wahlen hervor und kamen mit 4,98 % der Stimmen auf acht Sitze (bislang 1 Sitz).
CDU, das Bündnis der kommunistischen Partei PCP und der Grünen PEV, verlor hingegen Stimmen. Statt 12 sind es nun nur sechs Sitze und die Grünen werden keinen Abgeordneten im Parlament haben. Auch der Linksblock, der bei den Wahlen 2019 die dritte Kraft war, musste einbüßen. Die Bloco de Esquerda rutschte auf den sechsten Platz und wird lediglich durch fünf Abgeordnete vertreten sein (-14 im Vergleich zu 2019). Auch PAN (Personen-Tiere-Natur) geht mit einem einzigen gewählten Abgeordneten (2019 waren es vier) als Verlierer hervor.
Das große Opfer der Nacht war jedoch die CDS. Zum ersten Mal seit der Gründung der Demokratie, bei den Wahlen zur verfassungsgebenden Versammlung 1975, ist die von Freitas do Amaral gegründete Partei nicht mehr im Parlament vertreten. Der Vorsitzende der Partei, Francisco Rodrigues dos Santos, zog die Konsequenzen und kündigte seinen Rücktritt an.