2018 wurde festgelegt, dass die Gemeinden auf Portugals Festland schrittweise die Verwaltung von 21 Bereichen übernehmen sollten, die davor dem Staat unterlagen. In einer ersten Phase ging es u. a. um die Verwaltungsübertragung leerstehender öffentlicher Immobilien, von Bürgerbüros (Loja do Cidadão), Stränden, des Verkehrsnetzes, der Justiz und des Zivilschutzes. Im April 2019 hätten die Bereiche Gesundheit und Bildung folgen sollen. U. a. sollen die Gemeinden die Wartung der Gebäude oder die Angestelltengehälter, nicht aber der Lehrer oder des medizinischen Personals, übernehmen. Doch die Verwaltung dieser Bereiche ist mit hohen Kosten verbunden und daher begründeten die meisten Gemeinden die Ablehnung damit, dass der Umfang der staatlichen Zuschüsse, die die Rathäuser im Gegenzug erhalten sollen, nicht ausreicht. Auch was den Bereich Sozialhilfe betrifft, nahmen die Gemeinden die Kompetenzen nicht an. Für diesen Bereich, bei dem es u. a. um die Auszahlung des mit Harz-4 vergleichbaren Rendimento de Inserção Social (RSI) geht, wurde die Frist auf den 1.1.2023 verlängert.
Die Bürgermeister der Region sind sich einig, dass die Dezentralisierung „eine Gelegenheit ist, um die Qualität des öffentlichen Dienstes zu steigern, da die Verwaltung näher an den Bürger rückt, sich dessen Realität bewusst ist und somit effizienter handeln kann“. Alle betonen jedoch, dass die staatlichen Zuschüsse, die anhand der Ausgaben im Jahr 2018 festgelegt wurden, die Kosten nicht decken. Die Gehälter seien inzwischen höher und generell alles teurer geworden. Hinzu käme, dass die Gemeinden nicht über ausreichend Humanressourcen verfügen, um diese zusätzlichen Verwaltungsaufgaben zu übernehmen. Der Bürgermeister von Alcoutim, Osvaldo Gonçalves, ist der Ansicht, dass das Modell dieser Dezentralisierung zu ehrgeizig ist. Nicht alle Gemeinden würden über die notwendigen finanziellen Mittel und Humanressourcen verfügen. Zudem warnt er, dass die Bürger anspruchsvoller seien, wenn die Kompetenzen bei der Gemeinde liegen. „Wenn der Staat entscheidet, warten wir geduldig eine Antwort ab, wenn es die Gemeinde ist, dann verlangen wir eine zügige Umsetzung“, so Gonçalves. Carlos Rolo (Albufeira) wünscht sich mehr Unterstützung des Staates und meint, dass die Gründung einer regionalen Task-Force nützlich sein könnte.
Francisco Amaral (Castro Marim) ist der einzige Bürgermeister der Region, der die Dezentralisierung offen kritisiert. „Es gibt keine Verwaltungsübertragung. Die Rathäuser werden weiterhin keine Entscheidungsmacht haben. Der Staat hat lediglich einige Gebäude auf die Gemeinden übertragen, die wir nun instand halten müssen. Gebäude wie Centros de Saúde und Schulen, die längst saniert und modernisiert hätten sein müssen. Die Regierung entzieht sich ihrer Verantwortung und die Gemeinden sollen zusehen, wie sie zurechtkommen. Die Rathäuser haben keine effektiven Kompetenzen, wir müssen nur ausführen, was von der Regierung festgelegt wird“, kritisiert Amaral.
Einig sind sich die Bürgermeister auch darin, dass wenn die Dezentralisierung scheitert, die Algarve die Forderung nach einer Regionalisierung – ein altes Vorhaben – ein für alle Mal vergessen kann.