Zur Wiederbelebung der Wirtschaft wurde in Portugal im Oktober 2012 das Visto Gold eingeführt. Kurz gefasst handelt es sich um die Vergabe von Aufenthaltsrechten als Gegenleistung für Investitionen (Autorização de Residência para Investimento, ARI). Seitdem und bis letzten Februar wurden 10.442 sogenannte „goldene Visa“ vergeben; die Investitionen betrugen insgesamt € 6.189.950.701,18. Die Mehrheit (9.729) wurde für Investitionen in Immobilien vergeben, 693 für Kapitaltransfers und 20 für die Schaffung von Arbeitsplätzen. Allein in den ersten beiden Monaten dieses Jahres wurden 184 ARI vergeben, die Investitionen in Höhe von € 90,1 Mio. in Portugal darstellen.
EU-weit sind die „Vistos Gold“ umstritten. Sie werden als Einfallstor für Geldwäsche, Steuerhinterziehung und dubiose Machenschaften gesehen. Der Einmarsch Russlands in die Ukraine löste im EU-Parlament erneut eine Debatte aus. Die Abgeordneten fordern ein Verbot der Praxis, Staatsbürgerschaften im Gegenzug für Investitionen zu vergeben („goldene Pässe“) und EU-weite Regeln für den Erwerb von Aufenthaltsrechten durch Investitionen („goldene Visa“). Das Parlament betont, dass die Verleihung der Staatsbürgerschaft im Gegenzug für Investitionen dem Wesen der Unionsbürgerschaft extrem zuwiderlaufe, denn sie mache die damit verbundenen Rechte für Drittstaatsangehörige käuflich. Die entsprechende Praxis der Mitgliedstaaten Malta, Bulgarien und Zypern bezeichnen die Abgeordneten als „Trittbrettfahren“. Sie würden nämlich etwas verkaufen, was nie als Ware gedacht gewesen sei. Die drei Staaten hätten auch Anträge bewilligt, die nicht den Voraussetzungen entsprochen hätten. Damit ginge man Risiken ein, weshalb das Parlament fordert, „goldene Pässe“ schrittweise abzuschaffen.
Die Vergabe von Aufenthaltsrechten als Gegenleistung für Investitionen brächte weniger Risiken mit sich. Dennoch seien EU-weite Regeln nötig, um Geldwäsche, Korruption und Steuerhinterziehung den Riegel vorzuschieben. Das Parlament schlägt unter anderem strenge Überprüfungen der Bewerber und ihrer Angehörigen sowie ihrer Finanzierungsquellen vor; Meldepflicht für Mitgliedstaaten, einschließlich Benachrichtigung anderer EU-Staaten und Rücksprache mit ihnen, sodass sie Einwände erheben können.
Der portugiesische EU-Abgeordnete des Linkblocks José Gusmão kritisierte Portugals Regierungen: „2013 und 2014 hat die PSD-Regierung eine regelrechte Tournee durch Russland durchgeführt, bei der sie Vistos Gold angeboten hat. Und mit besonderer Intensität nach der Invasion der Krim hat die Regierung russische Millionäre mit dieser sehr bedauerlichen Methode gelockt“, so Gusmão. „Selbst jetzt, nachdem in der Ukraine Krieg herrscht, weigert sich die aktuelle PS-Regierung, die goldenen Visa zu widerrufen und die Elite zu bestrafen, die diese Invasion unterstützt und finanziert“, kritisierte der Europaabgeordnete. Die niederländische konservative Europaabgeordnete Sophia in ‚t Veld ist der Meinung, dass „der Krieg in der Ukraine“ den „unmoralischen“ Aspekt der beiden Investitionsanreize deutlich gemacht hat. „Russen sind die größte Gruppe von Drittstaatsangehörigen, die in der Europäischen Union goldene Pässe und goldene Visa erhalten. Viele von ihnen sind Oligarchen mit Verbindungen zum Kreml von Putin, die sich den Sanktionen entziehen, indem sie mit europäischen Pässen winken“, bedauerte sie.
Die EU-Kommission wird nun einen Gesetzesvorschlag vorlegen oder ihre Entscheidung, das nicht zu tun, begründen müssen. Bereits im März 2019 hatte der Steuer-Sonderausschuss des EU-Parlaments das Ende der „goldenen Pässe“ und der „goldenen Visa“ gefordert.