Laut der Ausländerbehörde Serviço de Estrangeiros e Fronteiras (SEF) ist die Anzahl der Opfer von Arbeitsausbeutung in Portugal viel höher als die offiziellen Zahlen. „Selbst wenn wir die offiziellen Zahlen mit 20 multiplizieren würden, wäre die Zahl immer noch weit von der Realität entfernt“, so der Vorsitzende der SEF-Gewerkschaft, Acácio Pereira. Er spricht von Sklaverei im 21. Jahrhundert.
Es sind vor allem Männer, die in Portugal von Arbeitsausbeutung betroffen sind. Die Opfer stammen aus Ländern wie Indien und Pakistan aber auch aus Osteuropa und Brasilien. Am stärksten betroffen ist die Landwirtschaft.
2017 leitete SEF lediglich 20 Verfahren wegen Arbeitsausbeutung ein (15 im Jahr 2016, 22 im Jahr davor). „Die Zahlen sind lächerlich und eine Beleidigung für die Tausenden von Menschen, die jährlich den Menschenhandelsnetzen zum Opfer fallen“, so Pereira. SEF hätte jedoch nicht ausreichend Kapazitäten, um alle landwirtschaftlichen Betriebe im Land zu kontrollieren.
Portugal wurde mittlerweile auch zum Tor zu Europa für den Kinderhandel. In den letzten drei Jahren wurden 44 Kinder durch SEF von Menschenhändlern befreit. Der Großteil kommt aus Afrika; sie müssen unter sklavenartigen Bedingungen Zwangsarbeit leisten oder werden sexuell ausgebeutet. Einige Kinder sollten weiter nach Großbritannien, Deutschland, Frankreich oder Belgien geschleust werden, für andere war Portugal das Endziel. In Portugal werden sie meist zum Betteln gezwungen oder als Haushaltshilfe gefangen gehalten. 58 Erwachsene, in deren Obhut sich diese Kinder befanden und die sich fälschlicherweise als deren Eltern ausgaben, wurden verhaftet; die Kinder wurden vom Familiengericht in spezialisierten Einrichtungen untergebracht und bekamen einen gesetzlichen Vormund zugeteilt.
Auch der jüngste Jahresbericht der Expertengruppe des Europarates gegen Menschenhandel GRETA bestätigt die Aussagen von SEF. Der Menschenhandel zum Zwecke der Ausbeutung der Arbeitskraft habe in Europa zugenommen und in einigen EU-Ländern die sexuelle Ausbeutung als häufigste Form von Menschenhandel abgelöst. Die offiziellen Zahlen würden das wahre Ausmaß des Problems verharmlosen, während die Strafverfolgungen nur begrenzte Ergebnisse nach sich ziehen und einschlägige Verurteilungen selten seien.