Portugals Regierung will ca. 300 brasilianische und kubanische Ärzte für einen Zeitraum von drei Jahren einstellen, um dem gravierenden Ärztemangel im nationalen Gesundheitssystem (SNS) zu begegnen. In Brasilien hat die Zentralverwaltung des SNS eine Anzeige veröffentlicht, um brasilianische Ärzte für Gesundheitszentren in Gebieten mit dem größten Mangel an Hausärzten zu gewinnen, und bietet € 2.863 pro Monat und Unterkunft. Die Maßnahme wird stark kritisiert.
Der Generalsekretär der Unabhängigen Ärztegewerkschaft (SIM), Roque da Cunha, beschuldigt die Regierung, „kubanische Ärzte von einem undemokratischen Staat anzuheuern“. Was die brasilianischen Ärzte betrifft, „gebe es kein Problem“, fügt jedoch hinzu, dass er nicht versteht, dass diese Ärzte bessere Bedingungen als die portugiesischen Ärzte erhalten. „Wir verstehen nicht, wieso nicht spezialisierten Ärzten das gleiche Gehalt wie den hiesigen Fachmedizinern geboten und Unterkunft gestellt wird. Kein portugiesischer Arzt bekommt eine Unterkunft“, betont er. Die SIM kritisiert zudem, dass „die Regierung nicht in das SNS investiert“. Es gebe in Portugal keinen Ärztemangel, sondern lediglich einen Ärztemangel im SNS, weil die Regierung nicht in der Lage sei, Ärzte im SNS zu halten. „Die portugiesischen Ärzte haben 30 % ihrer Kaufkraft verloren und machen Hunderte von Überstunden“, betont Roque da Cunha. Dafür, „dass eine Million und sechshunderttausend Portugiesen keinen Hausarzt haben und die Wartelisten für Operationen und Konsultationen so lang sind wie nie zuvor“, sei die Regierung zu verantworten.
Auch die Partei Iniciativa Liberal kritisiert die Anwerbung von Ärzten aus Kuba, die nach Ansicht der Parteiführung im Ausland in einem Sklaverei-Regime arbeiten, da sie über ein staatliches Unternehmen angestellt werden und nur einen Teil des vom portugiesischen Staat gezahlten Gehalts erhalten. IL-Vorsitzender Rui Rocha hält es für „unerträglich“, dass der portugiesische Staat bei der Anwerbung kubanischer Ärzte „an Formen moderner Sklaverei mitschuldig ist“. Auch die Menschenrechtsstiftung Human Rights Foundation hält es für „unakzeptabel, dass Portugal in ein System moderner Sklaverei, der Ausbeutung von Arbeitskräften, des Menschenhandels und der klaren Verletzung der Rechte und der Freiheit der Menschen verwickelt ist“.
In Kuba sind Ärzte und Pflegepersonal seit 60 Jahren ein wichtiges Exportgut. Die staatliche Central Medical Collaboration Unit schickt sie ins Ausland und behält drei Viertel des Gehaltes. Die medizinischen Dienstleistungen machen 46 % der Exporte von Kuba aus.
Bereits zu Zeiten der Regierung von José Sócrates wurden Ärzte aus Kuba für das SNS angeheuert. Heute sind laut Gesundheitsminister Manuel Pizarro etwa 50 kubanische Ärzte Teil des SNS, sowie 1.407 spanische und 932 brasilianische.