Besucher des Weingutes Quinta do Francês, das in einem Tal nahe Odelouca liegt, können bei geführten Touren die Geschichte des Weingutes entdecken, viel Interessantes über die Weinproduktion erfahren und die Spitzenweine des Winzers Patrick Agostini kosten
Kurz nach Odelouca, an der Straße nach Alferce, lädt ein neben der Toreinfahrt angebrachtes Schild Vorbeifahrende dazu ein, das Weingut Quinta do Francês zu besuchen. Wir folgen der Einladung und werden kurz darauf von Tânia Silva freundlich begrüßt. Von der Terrasse vor dem Gebäude, das gleichzeitig als Verkaufs-, Probe- und Lagerraum sowie als Weinkeller dient, blicken wir auf die mit Weinstöcken bebauten Hänge des Weingutes und die umliegenden Hügel, während Tânia uns die Geschichte der Gründung dieses mittlerweile international bekannten Weingutes erzählt.
Es war einmal ein junger Südfranzose italienischer Abstammung, der in Bordeaux Pathologie studierte und sich dort gleich zweimal verliebte: in Fátima, eine junge Portugiesin, und in den Weinbau. Patrick Agostini folgte seinem Herzen, heiratete Fátima und studierte Önologie. 2000 zog das Paar nach Portugal. Ihr Ziel: hier einen qualitativ hochwertigen Wein zu produzieren. „Ich wusste, dass die Algarve damals nicht auf der Landkarte der guten Weine war“, so Patrick, „doch ich wollte dazu beitragen, das zu ändern.“ Nahe Odelouca fand der promovierte Pathologe das ideale Terroir dafür: Ein in einem Talkessel gelegenes, acht Hektar großes Grundstück mit schieferhaltigen Böden, dessen Hänge und Terrassen nach Süden gerichtet sind. Im Tal herrscht eine Art Mikroklima mit ähnlichen Bedingungen wie im Douro-Tal: heiße Tage, kühle Nächte. Also beste Voraussetzungen, um einen erlesenen Tropfen zu erzeugen. Patrick säuberte das gesamte Grundstück, grub beinahe jeden Quadratmeter um, legte die Terrassen und das Tropfbewässerungssystem an. 2002 wurden die Reben angepflanzt. Auf den Terrassen rechts die Rebsorten Syrah und Cabernet Sauvignon, am linken Hang Aragonés. In etwa 500 Metern Entfernung, am Südende des Grundstückes, pflanzte er weitere Cabernet Sauvignon Reben sowie Trincadeira an. Dort, nahe dem Ufer des Odelouca-Flusses, gibt es mineralstoffreiche Alluvial-böden. Vier Jahre nach den Anpflanzungen konnte der erste Wein produziert werden. Welche Erzeugnisse der Winzer auf den Markt bringt, erklärt Tânia den Besuchern im Verkaufsraum.
Das Sortiment des Weinguts ist überschaubar und besteht aus einem Odelouca Rosé mit ausgewogenem Erdbeeraroma, dem Odelouca Tinto, einem ehrlichen vollmundigen Rotwein und dem Odelouca Branco, einem eleganten, wohlaromatischen Weißwein mit leichter Säure und Zitronen- und Pfirsichnoten. Die Viognier-Trauben für diesen Weißwein kauft Patrick allerdings von einem anderen Winzer aus Algoz. Zu den in französischen Eichenfässern gealterten Spitzenweinen gehören der rubinrote Quinta do Francês mit Beerennoten, der weiße Quinta do Francês mit frischen Zitrusnoten sowie der Stolz des Winzers, der Quinta do Francês Syrah Terraços. Ein Rubinroter mit starkem Beerenaroma und Pfeffer-, Tabak- und Schokoladennoten, der siebzehn Monate in Eichenfässern altert und von dem jährlich nur 2.000 Flaschen produziert werden. Die Spitzenweine des Winzers wurden bereits mehrmals auf nationaler und internationaler Ebene bei Weinwettbewerben wie dem Concours Mondial de Bruxelles prämiert. Davon zeugen die vielen Medaillen, die in den Regalen des Verkaufsraums ausgestellt sind.
Nach der Weinlese, die in der Regel in der zweiten oder dritten Augustwoche beginnt und bei der jeder, der Lust und Interesse hat, mitmachen kann, findet die Magie im Weinkeller statt, in dem die Führung nun weitergeht. Zuerst werden die Trauben per Hand auf dem Band ausgelesen. Überreife, faule oder beschädigte Trauben werden beseitigt, ebenso die Strünke. Die Trauben werden in dieser Phase nicht gemischt. Jeder Wein wird separat produziert. Rote Trauben kommen, ohne gepresst zu werden, in die Stahlbehälter. Bei einer konstanten Temperatur von 30 Grad setzt die Fermentation, ohne Zusatz von Zucht-hefen, ungefähr zehn Tage später ein. Nach der alkoholischen Gärung, bei der der Zucker im Most zu Alkohol wird, machen die Rotweine eine zweite Gärung durch, die Milchsäuregärung, auch malolaktische Gärung genannt. Bei dieser wird die Apfelsäure von Milchsäurebakterien angegriffen und die Apfelsäuremoleküle in die mildere Milchsäure gespalten. Dadurch sinkt der Säuregehalt im Wein und er schmeckt weicher. Ein natürlicher Vorgang, der auch als biologischer Säureabbau bezeichnet wird und der zwei bis drei Wochen dauert. Danach kommen die Rotweine zum Ausbau in neue Barriquefässer aus französischer Eiche mit mittleren Brenngrad.
Beim Weißwein werden die Strünke nicht beseitigt und die Trauben gepresst. Da nur der Most, nicht die Trauben selbst, bei einer Temperatur von zirka
15 Grad in die Stahlbehälter kommen, ist der Zusatz von Hefe nötig, um die Fermentation einzuleiten. Weißweine enthalten zwar auch Apfelsäure, doch eine malolaktische Gärung wird bei Weißweinen abgelehnt, da die Säure erwünscht ist. Sie macht den Wein lebendig und frisch. Nachdem die Weine einige Monate in den Fässern lagerten, macht sich der Alchemist Agostini im kleinen Labor an sein Werk. Mischt und verschneitet, bis er den idealen Wein hat. Von der Qualität seiner Weine können sich die Besucher im letzten Teil der zirka 40-minütigen Führung überzeugen: Die Weinprobe im lichtdurchfluteten Raum im ersten Stock mit Blick auf die Weinberge.
Zum Abschluss ist es möglich, einen kurzen Spaziergang durch den Weinberg zu unternehmen. Die Produktion ist nicht biologisch, doch Patrick Agostini vermeidet so weit wie mögliche chemische Dünger und Pestizide. Als Düngemittel benutzt er den organischen Abfall des Weingutes. Darunter fällt das Schnittgut – die Reben werden mit dem Ziel beschnitten, die Qualität der Trauben zu erhöhen – sowie die Strünke, Gras und andere Pflanzen, die auf dem Weinberg wachsen. Sie werden zwar gemäht und ausgerissen, jedoch nicht beseitigt, sodass sie dem Boden als Nährstoff dienen. Sehr hilfreich in der Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten sind die am Ende jeder Weinreben-Reihe gepflanzten Rosenstöcke. Da Rosen anfälliger als Weinreben für Pflanzenkrankheiten wie Mehltau sind, funktionieren sie damit sozusagen als Frühwarnsystem für den Weinberg. Wird die Krankheit an den Rosen sichtbar, hat der Winzer noch ausreichend Zeit, um die Pilzerkrankung zu bekämpfen, bevor sie die Weinreben befällt. Darüber hinaus bietet die Rose Nützlingen Unterschlupf.
Text: Anabela Gaspar; Foto: Paul Bernhardt
In ESA 05/16