Zurück zu den Wurzeln – Rebschere statt Skalpell
In August weicht die Ruhe, die normalerweise in Monte de Salicos herrscht, der Emsigkeit der Weinlese. Trotzdem nahm sich die Familie Cabrita Zeit, um uns die Geschichte des Landgutes zu erzählen und wie es dazu kam, dass sie Winzer wurden
Text: Anabela Gaspar in ESA 09/2023
Inês Cabrita begrüßt uns lächelnd neben dem Gebäude, in dem der Weinkeller, das Lager und der Verkostungsraum des Weingutes untergebracht sind. Ihr Akzent verrät, dass sie aus Nordportugal stammt. „Aber meine Wurzeln liegen in der Algarve“, betont sie. Obwohl Inês in Guimarães, der Stadt, die als Wiege Portugals gilt, geboren wurde und dort mit der Familie lebt, ist ihr Vater, João Pedro Cabrita, aus Lagoa. Das Weingut gehörte seinem Großvater, der Winzer und einer der Gründer der Weinkooperative von Lagoa war. Der Großteil des Landgutes bestand damals aus Johannisbrot-, Oliven- und Mandelbäumen, die Weinreben nahmen nur eine kleine Parzelle ein. 1998 erbte Joãos Vater, António Cabrita, das Landgut.
Als Sohn eines reichen Landwirts bekam António die Möglichkeit, in Lissabon zu studieren. Nach dem Medizinstudium zog er mit seiner Frau, die er auf der Universität kennengelernt hatte, in ihre Heimatstadt Guimarães. Obwohl der Arzt nicht vom Fach war, beschloss er das Landgut seines Vaters weiterzuführen. António fand den Weinberg verwüstet vor, ließ die alten Reben ausreißen, neue anpflanzen und den Weinberg erweitern. Einen Weinkeller hatte er nicht. Die gesamte Traubenernte wurde an die Weinkooperative von Lagoa verkauft.
2011 übernahmen João Pedro und seine Frau, beide ebenfalls Mediziner, das Landgut. Sie führen es nicht nur weiter, sondern haben sich dazu entschieden ihren eigenen Wein unter dem Namen Monte de Salicos zu produzieren. Doch was bewegte das noch berufstätige Ärztepaar aus dem 591 km entfernten Guimarães dazu Wein in Lagoa zu produzieren? „Es waren mehrere Gründe“, beginnt ihre Tochter Inês zu erklären. „Mein Vater ist ein Weinliebhaber, der schon immer davon träumte, sein eigenes Label zu produzieren. Hinzu kam der Wunsch, das Familienweingut weiterzuführen. Es gab natürlich auch praktische, wirtschaftliche Gründe. Die Weinproduktion war ein Mittel, um das Landgut, dessen Unterhalt teuer ist, autark zu machen“, berichtet Inês. Eine wichtige Rolle bei João Pedros Entscheidung spielte auch Fernando Martins. Dieser war lange der Kellermeister in der Weinkooperative von Lagos und später in der von Lagoa. „Er kannte meinen Großvater und meinen Vater, weil wir damals unsere Trauben an die adega verkauften, und äußerte meinem Vater gegenüber den Wunsch, gerne mit uns zusammenarbeiten zu wollen. Da er ein passionierter Winzer war, dessen Weine oft ausgezeichnet wurden, vor allem seine Moscatel-Weine, stimmte mein Vater sofort zu. Es folgte der Bau und die Ausstattung unseres eigenen Weinkellers und bis Fernando letztes Jahr in Rente ging, war er unser Kellermeister“, so Inês. Nun arbeiten sie mit dem Önologen Mário Andrade zusammen. Vor Ort übernimmt ein Cousin das Ruder und João Pedro und seine Familie schauen regelmäßig nach dem Rechten.
Ihren ersten Rotwein brachte die Familie Cabrita 2012 auf den Markt; im darauffolgenden Jahr bauten sie weiße Rebsorten an. Von dem insgesamt 13 ha großen Grundstück sind 8 ha mit Reben bepflanzt, davon etwa 6 ha mit den roten Rebsorten Aragonez, Touriga Nacional, Syrah und Cabernet Sauvignon und 2 ha mit Verdelho, Moscatel Galego, Sauvignon Blanc, Pinot Gris und Viognier. Die Meeresbrise von dem nur drei Kilometer entfernten Atlantik und die Lehm- und Kalksteinböden sorgen für ausgezeichnet frische Weine, die in knapp zehn Jahren bereits einige Auszeichnungen erhielten. Zuletzt beispielsweise beim nationalen Weinwettbewerb im Mai 2023 die Goldmedaille für ihren Premiumwein Salicos Sauvignon Blanc 2021 sowie Bronze für ihren Blend Salicos Reserva Branco 2021 und beim regionalen Weinwettbewerb der Algarve 2023 Silber für ihren Rotwein MDS Tinto 2021.
Die Produktion beträgt etwa 20.000 Flaschen. Von ihrem Einstiegswein MDS produzieren sie zwei Rotweine, einen Blend und einen Verschnitt aus Touriga Nacional und Syrah; ein Rosé aus Touriga Nacional und Aragonez sowie einen Verschnitt aus Verdelho, Sauvignon Blanc und Moscatel Galego. Ihr Premiumlabel Salicos sind ausschließlich Weißweine: Der reinsortige Salicos Sauvígnon Blanc und der Salicos Reserva, der ein Verschnitt der jeweils besten Rebsorten des jeweiligen Jahres ist.
Die Premiumweine und der MDS Rotwein aus Touriga Nacional und Syrah reifen einige Monate mit Holz. Richtig, mit Holz, denn die Weine lagern nicht in Barrique-Fässern, sondern ihnen werden in den Edelstahltanks kleine Holzstücke zugefügt. Eine günstige Alternative zum Barrique, um Farbe und Aroma zu erhalten. Die in den Holzstücken enthaltenen Gerbstoffe helfen den Tanninen der Trauben, die Struktur und Komplexität des Weins zu verbessern, indem sie Polysaccharide freisetzen, die einen angenehmen Eindruck von Süße erzeugen und den Geschmack verbessern.
Um ihren Wein unters Volk zu bringen, nehmen sie an vom Rathaus von Lagoa organisierten Veranstaltungen wie Lagoa Wine Experiences teil und organisieren selbst Weinbegleitungen und -verkostungen. „Das Weingut ist praktisch täglich geöffnet und Besucher sind stets willkommen“, so Inês zum Abschluss.