Im Rahmen des Projektes Loulé Criativo ist das Rathaus von Loulé seit einiger Zeit engagiert, traditionelle Handwerksberufe zu erhalten und neu zu beleben. Das jüngste Projekt ist das der Oficina da Olaria
Nach der Casa da Empreita, in der Kunsthandwerkerinnen das traditionelle Flechtwerk aus getrockneten Blättern der Zwergpalme Empreita herstellen und verkaufen und der Casa dos Caldeireiros, wo der Kupferschmiedmeister Analide per Hand die berühmten – und aus der Algarve-Küche nicht wegzudenken – cataplanas anfertigt, beide im Stadtzentrum nahe der Burg von Loulé und wenige Meter voneinander entfernt, wurde nun die Oficina da Olaria wiedereröffnet. Wieder, weil das Gebäude in der Rua Martim Moniz, ebenfalls nahe der Burg, bereits in der Vergangenheit eine Töpferwerkstatt war. „Seit über 100 Jahren wird hier Ton verarbeitet“, erzählt Domingos Gonçalves, der lieber Xavier genannt wird. Die Werkstatt gehörte einst dem Vater seines Schwiegervaters, José João Velhote. Dieser vererbte sie seinem Sohn und als dieser dann in die Jahre kam, führte er seinen Schwiegersohn in die Töpferkunst ein, sodass die Werkstatt und das Kunsthandwerk weiter in der Familie blieben. Xavier war eigentlich gelernter Schreiner, doch er tat dem alten Mann den Gefallen, probierte es aus und „war gar nicht so schlecht an der Töpferscheibe“, so Xavier bescheiden. Er hatte nicht nur ein angeborenes Talent, sondern es machte ihm auch Spaß.
Damals, Ende der 1970er und während der 80er Jahre, fertigte Xavier verschiedene Gefäße an, die im Haushalt für die Aufbewahrung von Wasser, Olivenöl oder eingelegten Oliven benutzt wurden sowie Vasen und vor allem alcatruzes, die Tonfallen, die die Fischer für den Krakenfang benutzten. Bis die Fischer der Algarve auf die günstigeren Plastikfallen umstiegen, was zu einem drastischen Rückgang der Töpfereien in der Region führte. Wenn Xavier von der Zeit spricht, in der in Loulé über ein Dutzend Töpfereien und telheiros, Manufakturen in denen Dachziegel und Bodenfliesen hergestellt wurden, in Betrieb waren, ist seine Stimme von saudade erfüllt. Nicht nur die Fischer stiegen auf Plastik um, auch in den Haushalten wurden die Tonbehälter durch Plastik und Glas ersetzt und Xavier begann überwiegend dekorative Stücke herzustellen. Doch als er und seine Frau sich Ende der 90er Jahre trennten, wurde die Werkstatt dem Verfall überlassen.
Fast 20 Jahre war Xavier daraufhin in der Hotellerie tätig, bis das Rathaus von Loulé das Gebäude kaufte, renovierte und ihn dazu einlud, die traditionelle Töpferkunst fortzusetzen. Eine Einladung, der Xavier mit großer Freude folgte. Nach zwei Jahrzehnten sind seine Hände noch genauso geübt, wie einst. „Es ist wie Radfahren, wenn man es einmal gelernt hat, vergisst man es nie“, zitiert er gut gelaunt die alte portugiesische Redewendung. In der Tat dreht sich die Töpferscheibe während unseres Gespräches stets weiter und seine Hände, die kurz zuvor den Ton noch kräftig kneteten, scheinen ihn nun zu streicheln. Fast ohne dass Xavier seine Augen darauf richtet, verleihen seine Hände dem Ton eine neue Form. Es ist beeindruckend zu sehen, wie lediglich durch das Anlegen seiner Finger, an der einen oder anderen Stelle, Kanten und Rundungen entstehen. Am liebsten fertigt er Schornsteinminiaturen an, doch auch Vasen und andere Gefäße lässt er auf der Töpferscheibe entstehen und erfüllt zudem auch gerne Kundenwünsche. Er warnt jedoch lächelnd, dass seine Stücke eher rustikal sind. Die moderne Keramik überlässt er den Kollegen im Nebenraum.
Denn in der Oficina da Olaria gibt es eine der traditionellen und eine der zeitgenössischen Töpferkunst gewidmeten Abteilung. In letzterer werden abwechselnd Keramikkünstler und neue Talente der Region anzutreffen sein. Gleichzeitig werden die Räumlichkeiten den Künstlern als Ausstellungs- und Verkaufsraum dienen sowie für Workshops und Schnupperkurse für Touristen zur Verfügung stehen, die im Rahmen des Projektes Loulé Criativo stattfinden.
Oficina da Olaria
Rua Martim Moniz, 43
8100 Loulé
Mo – Fr 9 – 12 Uhr, 14 – 17 Uhr
Kurse:
Info & Anmeldungen
Tel. 289 400 894
loulecriativo.pt
Text und Fotos: Anabela Gaspar in ESA 07/2018