Kunst mit Leidenschaft
Francisco Alberto ist der Rathausangestellte, der sicherstellt, dass die im Bezirk u.a. für das Gewerbe geltenden Regeln eingehalten werden. Patico der Künstler, der mit Herz und Seele seine Erinnerungen auf die Leinwand bringt. Beide sind ein und dieselbe Person
Schon als Jugendlicher konnte Francisco Alberto gut zeichnen und malen. Damals schmückten seine Bilder allerdings nicht Leinwände, sondern seine Schulhefte und -bücher. Vor allem, wenn er sich im Unterricht langweilte, griff er zum Bleistift und ließ seiner Phantasie freien Lauf. Was unter den Lehrern wohl keine große Zustimmung fand, schien den Mitschülern hingegen sehr zu gefallen. So kam es, dass sie ihn oft baten, die Titel ihrer Schularbeiten zu zeichnen, denn „damals waren Computer und das Internet noch nicht so weit verbreitet“, erklärt er lächelnd. Trotz des positiven Feedbacks widmete Francisco den Zeichnungen nicht viel Zeit. Er war, wie jeder Junge in seinem Alter, eher an Sport interessiert und verbrachte seine Freizeit am Ball. Erst nachdem er 1995 heiratete, begann er des Öfteren, Bleistift und Pinsel zur Hand zu nehmen. Zuerst fand er in Versen eine Flucht aus seinem Alltag als Rathausangestellter. Dann begann er, seine Gedichte zu malen. Die erste Ausstellung erfolgte 1997 in der Kunstgalerie seines Heimatdorfes Monforte im Alentejo. Im darauffolgenden Jahr stellte er nicht nur wieder dort aus, sondern auch in Campo Maior. Im Jahr 2000 hatte er bereits fünf Ausstellungen, u.a. in Nisa und in Lissabon. Ein Jahr später trafen er und seine Frau eine Entscheidung, die bis heute seine Werke prägt: aus gesundheitlichen Gründen zogen sie nach Lagoa in der Algarve. Die Sehnsucht nach seinem Heimatdorf Monforte, nach den Traditionen und der Weite des Alentejos sind seitdem seine unerschöpfliche Inspirationsquelle. Immer wiederkehrende Themen seiner Gemälde, Zeichnungen und Gedichte sind die Landschaften des Alentejo, das lusitanische Pferd, Stierkämpfer, Hähne und Rebhühner. Seine Landschaften sind mal realistisch, mal abstrakt. Er malt die weiten Ebenen mit alleinstehenden Eichen, aber auch wilde Mohnblumen, die zwischen dem Getreide wachsen, oder Korkeichen. Er malt Männer und Frauen bei der Arbeit auf den Feldern, er malt Monfortes Gassen und Gebäude. Gemeinsam haben alle die warmen Farbtöne der Erde, die für den Alentejo charakteristisch sind. Stierkämpfe gehören zu Monfortes tief verwurzelten Traditionen und somit zu Paticos Erinnerungen und Leben. „Ungeachtet, ob man dafür oder dagegen ist; Fakt ist, dass Stierkämpfe einfach etwas Plastisches haben“, erklärt der 43-Jährige. „Die starken Farben, die Bewegung, die Trachten der Stierkämpfer, die Eleganz der Pferde, die Stärke der Stiere, all das eignet sich perfekt, um auf Leinwand gebracht zu werden.“ Vor allem das lusitanische Pferd bewundert er. „Еs ist ohne Zweifel ein elegantes, imposantes Tier. Einfach majestätisch!“, schwärmt er. Aus ähnlichen Gründen malt er auch oft Hähne. „Sie sind klein, aber fein. Ein Hahn ist elegant, farbenfroh und expressiv. Zudem kündigt er den neuen Tag an, einen neuen Anfang, einen frischen Start!“ Aber auch Portugals melancholischen Fado und seine weltweit bekannte Diva Amália ehrt Patico in seinen Gemälden. Zu seinen letzten Werken gehören Aktgemälde. Bei vielen davon handelt es sich um Zeichnungen, die er vor Jahren gemacht hat und nun groß auf die Leinwand bringt. Seine Lieblingszeichnungen verwendet er in kleineren Kollagen. Paticos allerletzte Gemäldeserie ist nicht mit seiner Liebe zum Alentejo verbunden, sondern mit seiner Liebe zum Jazz. „Ein Jazz-Kenner bin ich keinesfalls“, so der Künstler, „aber dieser Musikstil hat mich schon immer angesprochen. Die Wärme der Töne passt zur Wärme des Alentejos und dessen Farben“. So unterschiedlich wie seine Werke sind auch die benutzten Materialien und Techniken. Öl- , Pastell-, Aquarell- und Acrylfarben, Chinatinte oder Kohlestifte kommen zum Einsatz. Manchmal auch alle zusammen. Aus recycelten Materialien und Objekten wie Uhren und CDs, seinen Gedichten und Zeichnungen oder Zeitungsausschnitten macht er Kollagen. Beigebracht hat er sich alles selbst. Beeinflusst wurde er von Impressionisten wie Van Gogh, Monet, Manet und Toulouse Lautrec, von Expressionisten wie E. Munch, Chagal und Kandinski sowie von portugiesischen Meistern wie Amadeo de Souza Cardoso, Bual, Pomar oder Graça Morais. Er malt frei von jeglichen Konventionen, denn für ihn bedeuten seine Werke Freiheit. „Кunst muss allen Menschen zugänglich sein“, ist seine Meinung. Sein Ziel: so viele Menschen wie möglich für Kunst zu interessieren. Demnächst könnte er die Leitung der Escola de Artes in Lagoa übernehmen. Er stellte dem Rathaus ein Projekt für die Kunstschule vor, das eine regelmäßig Zusammenarbeit mit Kindergärten, Schulen und Seniorenheimen des Bezirkes vorsieht. Sollte das Rathaus seinem Projekt zustimmen, wird Patico einen alten Traum verwirklichen. Erste, sehr positive Erfahrungen konnte er in diesem Sommer sammeln, als er den Kindern, die am Sommerprogramm des Rathauses teilnahmen, Kunstunterricht gab, sowie bei einem Projekt im Rahmen des Weltmeerestages, für das er zusammen mit Kindern, Jugendlichen und Senioren des Bezirkes Fische malte, die nun einige Kreisverkehre und andere öffentliche Plätze in Lagoa schmücken. Bis 2016 hat er bereits mehrere Ausstellungen im Kalender vorgemerkt. Die meisten sind im Alentejo und im Großraum Lissabon. In der Algarve hatte er zuletzt Ausstellungen in Tavira, Lagoa, Silves und Portimão, und auch bei Arte Algarve war er präsent. Interessierte können sich mit dem Künstler in Verbindung setzen und eventuell ein Treffen vereinbaren.
Anabela Gaspar