Ein Salatbesteck weckte unser Interesse. Wir stoßen auf zwei Künstler mit einem gemeinsamen Projekt; auf ein Geschäft, das gleichzeitig als Atelier fungiert. Dies ist die Zusammenfassung von dem, was sich hinter dem Atelier 1+1 verbirgt und wofür der Name steht. Was wir sonst entdeckten, erfahren Sie hier
Ihre Wege kreuzten sich mehrmals im Leben: An der Uni in Beja, an der beide Kunst studierten, und an den Schulen der Algarve, an denen beide unterrichteten. Er kreierte in seiner Freizeit Holzskulpturen und Keramik, sie malte. Vor drei Jahren haben sie sich endlich „gefunden“. Seitdem gehen sie Hand in Hand durchs Leben und vereinen ihre Kreativität. Dieser Bund brachte neue Kunststücke hervor: Die monochromatische Keramik von Francisco Copeto erlangte mit den Farben von Paula Cristina Sousa Faria neues Leben und seine Skulpturen gewannen durch ihren femininen Touch an Eleganz. Zusammen schlendern sie über Flohmärkte oder entlang der Strände und Klippen auf der Suche nach Material, das sie mit viel Fantasie verwandeln. Denn auch sie folgen dem Motto, dass alles wiederverwertbar ist.
Wer Franciscos Holzfiguren genau betrachtet wird erkennen, dass der Körper aus antiken gedrechselten Tisch- und Stuhlbeinen oder cabaças, kleinen Kürbissen, besteht, die Köpfe Steine und die Haare Holzstücke aus der Natur sind. Alte Fensterrahmen und Schubladen werden zu ungewöhnlichen Bilderrahmen, in denen neben den Holzfiguren antike Schlösser oder Türklopfer verewigt sind. Das Künstlerpaar bietet auch viele kleine Keramikstücke, ideale Mitbringsel mit viel Portugal-Flair. Dekoratives und Nützliches, dessen Design von Portugals Symbolen, wie dem Herz von Viana, und traditioneller Architektur, wie die platibandas, die viele Hausfassaden verzieren, inspiriert ist. Die Motive, die Schälchen für Oliven, Seifenschalen, Untersetzer und Fliesen verzieren, erinnern an die der allerorts beliebten azulejos, sind aber dennoch einzigartig. Francisco und Paula haben eine eigene „Sprache“ entwickelt. Eine, die Tradition und Moderne vereint und sofort als ihre erkennbar ist.
An Ideen scheint es den beiden nicht zu mangeln: Kleine Keramiksterne oder -blumen verzieren Korken, dienen als Broschen, Anhänger oder ausgefallene Garderobenknöpfe und Türgriffe. Eine schlichte Küche gewinnt damit einen sommerlichen Pfiff. Auch das Salatbesteck mit Holzgriff, für den Francisco in der Natur Äste sammelt, wird noch lange an den Portugalurlaub erinnern sowie Sardinen und Schwalben, als Magnet, Anhänger oder Deko-Objekt. Hinter den Krippenfiguren oder dem Heiligen Sankt Antonius erkennt man das Coração de Viana, ein traditionsreiches Schmuckstück aus der Region Minho, das mindestens seit die Künstlerin Joana Vasconcelos es 2005 als Riesenskulptur darstellte auch über Portugals Grenzen hinaus Beliebt- und Bekanntheit erreichte. Hinzu kommen diverse Drahtfiguren, Katzen aus Holz, Fische aus Stein und Bäumchen aus trockenen Agaveblüten, verziert mit winzigen handgefertigten und bemalten Blumen und Blättern aus Keramik.
Es ist eine zeitaufwendige und minuziöse Arbeit. Francisco wendet für die Keramik die Plattentechnik an. Nach dem Abschneiden gleich starker Platten vom Tonklumpen, werden sie mithilfe eines Nudelholzes dünn gewalzt. Danach stanzt er die gewünschten Formen aus oder modelliert sie. Der nächste Schritt ist der Abdruck der Motive. Dafür verwenden sie eine Vielzahl von Objekten, die meisten davon Bijouterie, und schaffen stets neue Motive und Kompositionen. Nach dem Schrühbrand verleiht Paula Cristina den Keramikstücken mit viel Feingefühl Farbe bevor sie anschließend erneut gebrannt werden.
Alle Arbeitsvorgänge finden im Atelier unterhalb des geschmackvoll eingerichteten Geschäftes in der kleinen Nebenstraße, die die Rua Direita in Portimão mit dem Platz vor dem Rathaus verbindet, statt. Dort kreieren sie auch ihre Holz- und Steinfiguren und alle anderen Werke und teilen bei Workshops ihr Wissen mit anderen Kunstfreunden. Die Organisation im Atelier ist beeindruckend. Unterhalb der Arbeitsplatte befinden sich mit gedrechselten Tischbeinen gefüllte Kisten, daneben eine mit alten Schlössern. Alle auf Flohmärkten oder in Antikgeschäften ergattert. In den Regalen stapeln sich mit unterschiedlich kleinen Keramikblumen und -blättern gefüllte Plastikbehälter. Jede noch so winzige Blume muss per Hand bemalt werden. Ein „Farbbad“ sei nicht möglich, da es sich um Glasuren handelt und die Stücke beim Brennen am Ofen haften bleiben würden. Paula gibt lächelnd zu, dass sie während der wegen der Pandemie verhängten, zweimonatigen Ausgangssperre viel Zeit hatten, um alles aufzuräumen und vorzuarbeiten. Nun hoffen sie auf einen erfolgreichen Sommer, denn sie haben das Atelier 1+1 erst im April 2019 eröffnet und Francisco hat dafür sogar seine Stelle als Lehrer aufgegeben.
Text & Foto: Anabela Gaspar
Veröffentlicht in ESA 07/2020
Atelier 1+1
Travessa dos Caldeireiros, 5
Portimão
Mo – Sa 10 – 19 Uhr
Mob. 968 982 682
atelier1mais1@gmail.com
facebook.com/atelier1mais1