Keramik-Manufaktur mit Geschichte
Im traditionsreichsten Töpferzentrum der Algarve verbindet der schottische Keramiker Ian Fitzpatrick seit nunmehr 40 Jahren uralte Technik mit modernem Design und Technologie. Die Olaria Pequena ist definitiv ein Besuch wert
Text: Anabela Gaspar in ESA 06/20
Die Töpferkunst in Lagoa blickt auf eine lange Tradition zurück. In der Umgebung war der Ton seit jeher reichlich vorhanden, und die Fundstätte „Barros Brancos“ eine der begehrtesten für seine Gewinnung. Obwohl man nicht genau weiß, wann sich die ersten Töpfer niederließen, zeigen Regulierungs- und Besteuerungsdokumente aus dem letzten Viertel des 18. Jahrhunderts, dass die Aktivität damals die gleiche wirtschaftliche Bedeutung hatte wie die Korkgewinnung. Die großen Werkstätten befanden sich lange in Lagoa, doch Ende der 1960er Jahre entwickelte sich Porches zum großen Zentrum der Töpferei in der Algarve. Ian Fitzpatrick ist Teil dieser Geschichte. Schließlich hat er dort seit 40 Jahren sein Atelier. „Fast ein Leben lang“, fügt er lächelnd hinzu. Ian hatte Keramik an der Kunsthochschule in Schottland studiert und danach ein Jahr in einem Atelier gearbeitet. Eine Kollegin lud Ian in die Algarve ein, um ihn mit Jorge Mealha, einem der renommiertesten portugiesischen Keramiker bekannt zu machen. „Ich wollte für ein Jahr bleiben, Erfahrungen sammeln und dann zurückkehren“, erzählt er. Doch es kam anders.
Das Haus, in dem sich seine Olaria Pequena befindet, beherbergte die erste Töpferei in Porches, die nur zwei Jahre nach der Eröffnung schon größere Räumlichkeiten brauchte und daher umzog. Jorge Mealha, der in Folge der Unabhängigkeit der Kolonien aus Mosambik nach Portugal zurückkehrte, übernahm die Töpferei und nannte sie Olaria Velha. Dort gab er sein Wissen an den jungen Schotten weiter und als der Meister nach Lagos zog, sah Ian in der kleinen traditionsreichen und gut gelegenen Töpferei eine Chance, sein eigenes Atelier zu eröffnen. Seitdem heißt die Töpferei Olaria Pequena. Könnte dieses kleine charismatische Haus im Algarve-Stil, mit dicken Lehmwänden und dem zum Teil mit Terracota Fliesen aus Santa Catarina ausgelegten Boden sprechen, hätte es sicher viel Interessantes zu erzählen.
Ian hatte das Potenzial der Töpferei richtig erkannt. Nicht nur die Lage war ein Pluspunkt sondern auch das Interesse der Portugiesen und Touristen an Keramik und die portugiesische Tradition der Azulejo-Kunst, die ein wichtiger Bestandteil seiner Arbeit sind. „Das Leben als Töpfer zu verdienen ist, egal wo, sicher nicht einfach, aber hier waren die Bedingungen nicht schlecht“, erinnert sich Ian schmunzelnd. Zu Beginn befürchtete er, dass man ihn als Ausländer in der Branche nicht akzeptieren würde, noch dazu im traditionsreichsten Töpferzentrum der Region. Doch auch dies kam anders. Portugal und die Portugiesen gefielen ihm und er blieb bis heute.
Sein Ziel war und ist es, Tradition mit Moderne zu vereinen. „Ich wollte nie die Arbeit der alten Töpfermeister kopieren, sondern das, was ich hier in Portugal erlernte, mit dem was ich in der Kunstschule in Schottland gelernt hatte verbinden und meinen persönlichen Touch hinzufügen“, erklärt Ian. Er wendet die sogenannte Majolica-Technik an. Dabei werden schon gebrannte Keramikstücke mit einer opak-weißen Zinnglasur überzogen, von Hand bemalt und ein zweites Mal gebrannt. Somit verschmelzen die Glasur und die aufgetragenen Farben zu einer glänzenden, wasserdichten und dauerhaften Oberfläche. Eine uralte Technik, die aus Persien stammen soll, von den Mauren in Europa eingeführt wurde und Ian mit den Töpfermeistern aus Lagoa lernte. Die Pflanzenwelt der Algarve, die den alten Meistern als Motive dienten, schmücken neben abstrakten Motiven auch seine Teller, Tassen, Vasen, Schüsseln und anderen Gefäße, die nicht nur zu Dekorationszwecken dienen, sondern auch täglich in der Küche benutzt werden können. Die Farbenpracht seiner und der regionalen Keramik allgemein sei aber eher auf die Majolica-Technik zurückzuführen und nicht auf die Algarve-Landschaften. Da bei niedrigeren Temperaturen gebrannt wird, können starke, leuchtende Farben erreicht werden. Dennoch räumt er lächelnd ein, dass der azurblaue Himmel und die farbenfrohe Flora der Algarve ebenfalls dazu beitragen
„Die portugiesischen Keramiker haben mir viel beigebracht, aber was ich in der Kunstschule gelernt habe, beeinflusst ebenfalls meine Arbeit. Hinzu kommt die eigene Entwicklung im Laufe der Jahre. In 40 Jahren hat sich natürlich schon einiges geändert“, so Ian, der schon immer experimentierfreudig war und ein begeisterter Anhänger der Technologien ist. Für seine azulejos, die einer Wand einen besonderen Akzent verleihen, als Untersetzer sowie auch als Bild dienen können, benutzt er eine neue Drucktechnik, statt sie per Hand zu bemalen. Dennoch unterstreicht Ian, dass es sich nicht um Massenproduktion handelt und betont, dass es ihm darum geht, mit dieser Drucktechnik Motive zu erstellen, die per Hand nicht möglich sind. Vor allem für seine Bilder, die oft von portugiesischen Sprichwörtern inspiriert sind, greift er auf Digitalisierung und moderne Drucker zurück. „Dank moderner Digitalisierungsprozesse kann ich sehr detaillierte und getreue Kopien machen, aber auch die Farben oder die Größe ändern. Anders als bei der Lithografie muss ich auch nicht Tausende, sondern kann nur eine oder zwei Kopien erstellen“, erläutert er. Moderne Drucker ermöglichen zudem, dass er seine Bilder auf selbst produziertem Papier druckt, dessen Textur und Stärke natürlich nicht mit der von herkömmlichem Papier zu vergleichen ist.
Die Coronavirus-Pandemie zwang auch Ian das Atelier zu schließen. Nun hofft er, langsam wieder Besucher in der Olaria Pequena begrüßen zu dürfen, denn obwohl er einen Online-Shop hat, lief das meiste Geschäfte immer direkt über die Töpferei. „Wenn man Keramik kauft, muss man die Stücke sehen und fühlen, die Finger über die Glasur streifen lassen. Die Besucher halten auch gerne einen kleinen persönlichen Plausch, um mehr über die Brenntechnik zu erfahren“, weiß Ian und freut sich schon darauf.
Olaria Pequena
Ian Fitzpatrick
Mob. 914 927 900
Kreisverkehr an der EN 125 in Porches
olariapequena.com
Instagram: the.little.pottery*