Die Keramikkunst der Algarve blickt auf eine lange Geschichte zurück. Bereits die Phönizier, Römer und Mauren fertigten hier Tonware an. Ihre Technik und Muster dienten Patrick Swift als Inspiration, als er vor 50 Jahren die Olaria Algarve ins Leben rief
Überall in der Algarve stößt man auf Keramikgeschäfte. Als größtes Töpfer-zentrum gilt Porches, wo sich auch die renommierte und in allen Reiseführern erwähnte Olaria Algarve, alias Porches Pottery, befindet. Es war jedoch nicht immer so. Obwohl man in Porches den für die Töpferei benötigten Lehm reichlich vorfand, konzentrierten sich die Werkstätten der Töpfermeister in Lagoa. Die erste Töpferei in Porches wurde 1968 von dem Iren Patrick Swift eröffnet, der, wie der Vorsitzende der Gemeinde zu sagen pflegt, somit die kleine Ortschaft „auf die Weltkarte“ setzte.
Als Swift Anfang der 1960er Jahre die Algarve entdeckte, sich in die Region verliebte und mit Frau und Kindern hierher zog, befand sich die regionale Töpferkunst im Verfall, denn auch hier wurden mittlerweile in Massen Billigprodukte aus Blech und Plastik hergestellt und eingeführt.
Swift nahm sich vor, das traditionelle Kunsthandwerk neu zu beleben und traf durch Zufall den gleichgesinnten portugiesischen Künstler Lima de Freitas. Zusammen recherchierten sie die Geschichte der Völker, die einst in der Region herrschten und die hiesige Töpferkunst beeinflussten und besuchten Keramikmuseen in Portugal und im Ausland, wie das Victoria and Albert Museum in London, das die größte Sammlung von Kunstgewerbe der Welt beherbergt. Letztendlich beschlossen die beiden Männer die Majolica-Technik anzuwenden. Dabei werden schon gebrannte Keramikstücke mit einer opak-weißen Zinnglasur überzogen, von Hand bemalt, mit einer weiteren Glasur versehen und ein zweites Mal gebrannt. Somit verschmelzen die Glasur und die aufgetragenen Farben zu einer glänzenden, wasserdichten und dauerhaften Außenhaut. Eine uralte Technik, die aus Persien stammen soll und von den Mauren in Europa eingeführt wurde. Bei den Motiven, mit denen sie ihre Keramik verzierten, haben sie sich ebenfalls von der antiken Töpferkunst inspirieren lassen. Der Vogel mit den langen Schwanzfedern ist eine Kreatur aus der phönizischen Mythologie; der Jagdhund und der Hase sind maurische Motive; der von zwei gegenüberstehenden Vögeln mit ausgebreiteten Flügeln umgebene „Baum des Lebens“ ist iberischem Ursprungs und Fische waren schon zu Zeiten der Römer ein beliebtes Motiv.
Bis heute werden in der Olaria Algarve die Majolica-Technick und diese Motive angewandt. Auch die Pflanzenwelt der Algarve beeinflusst viele florale Muster der Teller, Tassen, Vasen, Schüsseln und anderen Gefäße. Gemalt wird stets freihand. Darauf legen Estella und Juliet, Swifts Töchter, die in die Fußstapfen des Vaters getreten sind und die Töpferei nach seinem frühzeitigen Tod Anfang der 1980er Jahre übernahmen, viel Wert.
Bereits als Teenager führte Swift sie in die Töpferkunst ein. Später studierten sie Kunst und Kunstgeschichte. Heute sind sie nicht nur für die Verwaltung der Töpferei zuständig, sondern auch für die künstlerische Leitung, entwickeln neue Motive und legen selbst Hand an, vor allem bei Kachelpanelen. Seit etwa zwei Jahren ist auch Juliets´ Sohn, Brian Fortune, mit an Bord. Für Juliet und Estella ist es „eine Ehre“, die Arbeit ihres Vaters weiterzuführen.
Dass sie dabei erfolgreich sind, ist an der Vielzahl der Besucher zu erkennen, die staunend die Regale und Wände der Töpferei betrachten und sich dabei, wie in einem Museum, leise unterhalten. Liebhaber exquisiter handbemalter Keramik haben noch dazu die Möglichkeit, den Künstlerinnen bei der Arbeit über die Schulter zu schauen. Die „Marias“ sind alle schon seit Jahren dabei: Maria Rosa seit 42 Jahren, Maria do Carmo und Maria Manuela seit 36 Jahren, Maria Eulália seit 28 und Maria José seit 27 Jahren. Zwei bis drei Mal in der Woche ist auch noch Ana Boto anzutreffen, die seit 50 Jahren in der Olaria -Algarve die Keramikstücke bemalt.
Selbst das Gebäude, das Patrick Swift im traditionellen Algarve-Stil erbauen ließ, ist ein Kunstwerk für sich. Er selbst legte Hand an, verzierte es mit künstlerischen Reliefs und verkleidete ganze Wände mit handbemalten azulejos.
Im Rahmen des 50. Jubiläums wird im September ein Buch über die Geschichte der Olaria Algarve herausgegeben. Der Autor ist Paul Bond, für die Recherchen war jedoch Brian Fortune, Swifts Enkel, zuständig. Ebenfalls geplant ist eine Ausstellung mit Keramikstücken und Gemälden von Patrick Swift im Convento de S. José in Lagoa, denn Swift hatte am National College of Art in Dublin Malerei studiert und war ein bekannter Künstler in der irischen und englischen Kunstszene der 1950er Jahre.
Olaria Algarve
EN 125, Porches, Lagoa
Mo – Fr 9 – 18 Uhr, Sa 10 – 14 Uhr
Tel.: 282 352 858
info@porchespottery.com
www.porchespottery.com
FB: Porches Pottery
Text und fotos: Anabela Gaspar in ESA 08/2018