Nachwuchs in der Künstlerszene
Hermanus Hendrikus´ Talent wurde früh entdeckt, doch wie so oft ließen die Lebensumstände es nicht zu, dass er seiner Leidenschaft nachging. Nachdem er sich in der Algarve zur Ruhe gesetzt hat, nahm er endgültig den Pinsel in die Hand und entpuppt sich als eine Bereicherung für die hiesige Kunstwelt
Seine erste Auftragsarbeit erhielt Hermanus als er sieben Jahre alt war. „Zur Weihnachtszeit bat mich mein Lehrer in allen Klassen Zeichnungen auf die Tafeln zu malen. Das war mein allererster Job, wenn auch nicht entgolten“, erinnert er sich lächelnd. „Dieser Lehrer machte einen starken Eindruck auf mich. Ich war aus einem kleinen Dorf in der Nähe von Coevorden an der deutschen Grenze. Der Lehrer kam aus Hilversum, einer noblen Stadt. Er war anders als die Erwachsenen, die ich kannte und er ermutigte mich wirklich, mit meinen Zeichnungen weiterzumachen.“ Die Unterstützung des Lehrers, selbst durch kleinste Gesten, vergisst Hermanus bis heute nicht. „Während eines Klassenausfluges besuchten wir einen Park, in dem mehrere Künstler mit Kohle zeichneten. Der Lehrer sagte mir, ich sollte auch eine Zeichnung machen, denn meine seien viel besser“, erzählt er. Trotz seines angeborenen Talents besuchte er keine Kunstschule sondern eine technische. „Mein Vater konnte es sich nicht leisten. Wir waren 16 Kinder. Neun Mädchen, sieben Jungen, eine Mutter, ein Vater, kein Fernseher und katholisch!“, zählt er humorvoll auf.
Mit 20 Jahren zog er nach England, wo er seinen portugiesischen Lebenspartner José kennenlernte und als Innendesigner tätig war. Zu Pinsel und Farbe griff er lediglich in seiner Freizeit. Bis sie vor zwei Jahren in die Algarve zogen. „Seit wir hier sind, male ich Vollzeit.“ Das merkt man. Es gibt keine einzige Wand im Haus, an der nicht eines seiner farbenfrohen Gemälde hängt. Andere sind an Stühlen und Wänden angelehnt. Sie stapeln sich wortwörtlich im Haus. „Mit dem Lockdown hatte ich zusätzliche Zeit und konnte all meine Ideen umsetzen. Ich lebe meinen Traum und es ist fantastisch! Was soll ich sagen, ich bin sehr glücklich!“, so Hermanus enthusiastisch.
Es ist diese Lebensfreude, seine positive Lebenseinstellung und sein Humor, die in all seinen Gemälden präsent sind. „Die Farben und dieses einzigartige Licht der Algarve sind meine unerschöpflichen Inspirationsquellen. Nachdem ich das erste Bild malte, konnte ich einfach nicht mehr aufhören. Man muss sich nur umschauen und wird Bougainvilleas in den fantastischsten Farben sehen. Und diese Blütenpracht im Frühjahr, die Strände und das Meer!“, erzählt er begeistert. Das bedeutet jedoch nicht, dass er ausschließlich Landschaften auf die Leinwand bringt. Er malt sowohl figurativ als auch abstrakt. Geometrische Formen wechseln sich mit Gesichtern, Blumen oder Landschaften ab. „Einen bestimmten Stil werde ich nie haben. Das würde nicht zu mir passen, denn meine Ideen ändern sich ständig. Aber meine Gemälde werden immer bunt sein, dass kann ich versichern. Vor allem jetzt und hier in der Algarve geht es mir um Farbe. Ich möchte Farben ins Leben bringen, die Stimmung heben. Denn man darf nicht vergessen, dass wir diese Pandemie erleben. Der Lockdown war eine sehr deprimierende Zeit und ich brauchte Farbe in meinem Leben. Es tat mir sehr gut und ich hoffe, dass meine Bilder dies auch bei anderen Menschen bewirken“, erklärt er.
Seine ungeduldige Natur lässt ihn zu Acrylfarben greifen. „Und wenn sie nicht schnell genug trocknen, benutze ich den Fön“, so Hermanus gut gelaunt. Auch bei der Wahl seines Malzubehörs geht er eher unorthodox vor. „Ich benutze Pinsel, Malmesser, Malerrolle, Spachtel, meine Finger, meine Hand und vieles mehr, um die Farben auf die Leinwand oder auf das Holz aufzutragen. Wirklich alles, um den gewünschten Effekt zu erzielen.“
Zu seinen Idolen zählen Van Gogh und Rembrandt. „Ich liebe den Wahnsinn an Van Gogh, seine Farben. Was er geschaffen und hinterlassen hat, ist einfach unglaublich! Aber ich liebe auch Rembrandt. Er war ein echter Künstler.“ Ist er es nicht? „Das zu beurteilen, überlasse ich anderen. Ich bin einfach ich und mache, was mir gefällt. Manchen Leuten gefallen meine Bilder nicht, andere sind begeistert. Als ich einige Gemälde ins Internet stellte, war die Resonanz eigentlich sehr gut. Das war sehr erfreulich und ermutigend. Meine Arbeit anerkannt zu sehen, ist schön. Aber selbst, wenn die Leute sagen würden, dass sie meine Bilder nicht mögen, würde mich das nicht stören. Ich würde einfach trotzdem weitermachen, denn ich liebe es zu malen.“
Derzeit versucht Hermanus seine erste Ausstellung überhaupt zu organisieren und ist dafür im Gespräch mit dem Rathaus von Albufeira. „Es wäre schön, wenn es gelingt, denn schließlich wollen wir Künstler, dass andere Menschen unsere Arbeiten sehen und sie hoffentlich kaufen“, fügt er lächelnd hinzu.
Text: Anabela Gaspar in ESA 06/2021
Info:
hennyhendrikus.com