In den letzten Jahren entdeckte Jutta Mertens-Kammler die digitale Kunst und widmete sich dieser verstärkt. Doch die gebürtige Deutsche ist eine vielseitige Künstlerin, die ihren kreativen Geist auch durch andere Mittel zum Ausdruck bringt
Noch bis zum 10. März läuft im städtischen Museum von Faro eine Ausstellung von Jutta Mertens-Kammler. Zur Schau stehen digitale Gemälde und ihre „Magic Boxes“. Von Ende April bis Juli ist die Künstlerin in einer Gemeinschaftsausstellung der Algarve Artists Network im Kulturzentrum von Lagos vertreten.
Die in der Schweiz aufgewachsene und seit 1978 in der Algarve ansässige Künstlerin nimmt gerne einen Pinsel zur Hand und lässt ihrer Fantasie auf der Leinwand freien Lauf. Doch vor etwa sieben Jahren entdeckte sie das Malen mit dem iPad und ist von den fast unerschöpflichen Möglichkeiten begeistert. „Ich kann wählen ob ich mit Öl-, Acryl- oder Wasserfarben, mit Kreide oder Bleistift malen will. Die Farbtöne und die Pinselstärke wählen. Oder ich male mit Rolle und Spachtel. Auch gibt das Malprogramm die Möglichkeit, die Papierstruktur zu wählen“, erklärt Jutta. Damit entfällt der Kauf von Staffelei, Leinwand, Farben und Pinsel. Doch es gibt noch weitere Vorteile. „Bei Ölfarben muss ich nicht warten, bis sie trocken sind, um weiter malen zu können und im Sommer trocknen die Acrylfarben nicht auf der Palette aus“, erzählt sie. Einen Vorteil, den Jutta, wie sie uns schmunzelnd verrät, sehr genießt, ist es, einen „Pinselstrich“ rückgängig, beziehungsweise löschen zu können. Und dass sie überall malen kann. „Im Flugzeug, am Strand, egal wo ich unterwegs bin, solange ich mein iPad dabei habe und es geladen ist, kann ich eine Idee sofort umsetzen. Aus einer spontanen Inspiration heraus kann ich den digitalen Pinsel zur Hand nehmen!“, so Jutta begeistert. Eine Staffelei kann man natürlich nicht so einfach mit sich schleppen.
Obwohl auch international bekannte und einflussreiche Künstler wie David Hockney die digitale Kunst für sich entdeckten, stößt Jutta immer wieder auf Menschen, für die das Malen mit dem iPad nicht als Kunst gilt. Daher unterstreicht sie, dass bei digitaler Kunst immer der Künstler und nie der Computer am Werk ist. „Es ist meine Idee, mein Konzept, meine Kreation. Ich stelle das Bild zusammen. Der Computer stellt mir lediglich die Mittel dazu zur Verfügung“, so Jutta.
Nachdem ein Bild fertig ist, lässt sie es so groß oder klein drucken wie sie will – ein weiterer Vorteil der digitalen Kunst – und von hinten verstärken, damit es nicht empfindlich auf extreme Temperaturen oder Feuchtigkeit reagiert, und rahmt es ein. Ein Merkmal ihrer Gemälde ist, dass diese auf dem Passepartout weitergeführt werden. „Zum Schluss nehme ich oft den traditionellen Pinsel zur Hand und führe bestimmte Linien des Bildes auf dem Passepartout weiter. Damit verbinde ich praktisch zwei Welten: die neue technische, digitale Welt und die traditionelle.“ Jutta malt sowohl abstrakte als auch gegenständliche Bilder. Eine Gemeinsamkeit sind die warmen Farben und die ausstrahlende Lebensfreude.
Farbenfroh und fantasievoll sind auch ihre „Magic Boxes“. Installationen in meist gläsernen Kisten, die aus verschiedenen Objekten bestehen und eine Geschichte erzählen oder eine Idee darstellen. Die erste Box machte Jutta kurz nachdem sie Anfang der 1990er Jahre ihr erstes Handy kaufte. „Es wurde damals in einem kleinen Plastikwürfel verkauft und als ich den Verkäufer fragte, ob ich die Verpackung behalten dürfte, gab er mir gleich einige mit. Ich verwandelte sie allesamt in Lebenskisten, wie ich die „Magic Boxes“ auch nenne, denn in ihnen drehe ich die Welt gerne auf den Kopf“, erzählt Jutta. Seitdem füllt sie Kisten verschiedener Größen und Materialien sowie Aquarien, Laternen, alte Koffer oder 3D-Bilderrahmen mit verschiedenen Objekten, wie Puppen, Plastiktieren, Holzskulpturen, Spiegeln, diverse Kuriositäten oder selbst Zahnabdrücken. Objekte, die die vielseitige Künstlerin im Laufe der Jahre sammelte, auf den Flohmärkten ergattert oder die sie spezifisch für eine Box sucht. Besonders dabei ist, dass sich in allen „Magic Boxes“ etwas bewegt oder Geräusche macht. In einigen sind Klingeln angebracht, in anderen Lichter oder Spiegel, die sich drehen. Einige stellen Kritik an die Gesellschaft dar, andere sind eine Hommage an bekannte Künstler wie Günther Uecker. Der für seine reliefartigen Nagelbilder bekannte deutsche Künstler liegt, dargestellt durch eine männliche Puppe, entspannt auf einem Nagelbett in einer von Juttas Boxen. Sie strahlen also nicht nur Juttas Lebensfreude, sondern auch ihren Humor aus.
Info:
donajutta@gmail.com
jutta-mertens-kammler.eu
Text: Anabela Gaspar in ESA 03/2019
Fotos: Anabela Gaspar, Jutta Mertens