Altherkömmliche Verfahren und Naturfarben
José Machado Pires ist ein sehr versierter Künstler. Ein Philosoph und Romantiker, der seine Gedanken und Emotionen nicht nur durch Zeichnungen, Gemälde oder Texte zum Ausdruck bringt, sondern vor allem durch seine Keramik. Im Ton fand er seine Muse, die ihm bis heute Wichtiges im Leben lehrt
Eigentlich hat José Pires Chemie studiert. Eine Zeit lang war er Mathematiklehrer. Doch ein kurzes Gespräch mit ihm reicht aus, um festzustellen, dass er kein Wissenschaftler, sondern ein romantischer Philosoph ist. Sein Interesse für Kunst allgemein und seine Suche nach neuen Wegen, um sich künstlerisch auszudrücken, führten dazu, dass er vor über 30 Jahren an einem Workshop des bekanntesten Töpfermeisters der Algarve, Mestre Fernando Rodrigues aus Lagoa, teilnahm. „Was mich beim Töpfern fasziniert, ist, dass man beim Umgang mit Ton diszipliniert vorgehen muss. Von Natur aus liegt mir eher das Chaos. Der Ton brachte Balance in mein künstlerisches Schaffen und in mein Leben“, erklärt José. „Während ich beim Zeichnen oder Malen ein Werk pro Tag kreieren konnte und auch wirklich davon besessen war – eventuell aus Angst, dass die Muse oder die Idee mich verlässt – bin ich beim Töpfern gezwungen, Pausen einzulegen. Körper und Geist lernen somit, sich von dieser Besessenheit zu befreien. Der Ton war in gewisser Weise mein Lehrmeister in Bezug auf bestimmte Unsicherheiten, die ich bezüglich meiner Kunst hatte“, führt er aus. Die Pausen würden zudem eine Reflexion ermöglichen, die ihm letztendlich neue Impulse gibt. „Wenn ich immer nur improvisiere, gerate ich in einen Kreislauf ohne Entwicklung“, so der Künstler.
José ist stets auf der Suche nach Entwicklung. Gleich nachdem ihm Mestre Rodrigues „das A und O des traditionellen Handwerks“ beigebrachte hatte, schloss er Ausbildungen auf den Keramikschulen AR.CO, Cencal und Cearte ab. Praktisch gleichzeitig übernahm er die Leitung eines Töpferkurses in Loulé und eröffnete danach ein Atelier in Faro, das anderen Künstlern zur Verfügung stand. „Jeder kann zu Hause eine Staffelei aufstellen, aber eine Töpferei stellt nicht nur eine hohe Investition dar, sondern man muss auch die entsprechenden Räumlichkeiten haben. Daher beschloss ich anderen Keramikern die Türen zu öffnen. Es war eine sehr interessante Zeit. Wir waren alle gleichzeitig Meister und Lehrling“, erinnert er sich.
Der Künstler modelliert sowohl dekorative als auch nützliche Stücke. „Keramik ist nicht nur utilitaristisch, aber diese Komponente ist sehr stark und sich davon zu entfernen, bedeutet, sich von der Essenz des Tons selbst, von dem was Keramik ist und von ihrer Geschichte zu lösen. Ich möchte der Essenz der Keramik treu bleiben“, begründet er. Ein weiterer Grund ist, dass das utilitaristische zur Berührung mit dem Stück führt. Egal ob Schale, Tasse, Teller, Vase oder Skulptur, alle seine Stücke haben Textur. Einige sind mit Pflanzendrucken verziert, andere mit kleinen Quarzsteinen oder mit geometrischen Motiven. „Es geht mir dabei um die Ästhetik, aber vor allem um den taktilen Aspekt. Die Beziehung unseres Körpers zum Objekt, ist mir sehr wichtig“, so José, der davon überzeugt ist, dass der Benutzer bei der Berührung mit dem Keramikstück die Energie und die Hingabe spürt, mit denen er das Objekt schuf. „Es ist ein fast wissenschaftliches Phänomen“, sagt er lächelnd. Am liebsten kreiert er daher „per Hand geformte Schalen, teilweise mit Engobe und Glasur überzogen, im Holzofen bei 1.120 Grad gebrannt. Eine Schale ist Bestandteil des täglichen Lebens, die Beziehung zum eigenen Körper größer als beispielsweise bei einem Teller und zuletzt gefällt mir die Schlichtheit ihrer Form“. Diese zu schaffen sei für José „so natürlich und lebenswichtig wie atmen“.
Er verwendet unterschiedliche Tonminerale, die er untereinander und mit Oxiden wie Kupfer- oder Kobaldoxid vermischt, um der Masse Farbe zu verleihen. Selten setzt José sich an die Tonscheibe, denn er verbindet diese mit „Massenproduktion“, nicht mit der künstlerischen Schaffung eines Objektes. Er benutzt sie gelegentlich, um einem Stück die Grundform zu verleihen und räumt lächelnd ein, dass er das konstante Rotieren der Scheibe als sehr entspannend empfindet. Dennoch will er auch bei der Formgebung den Anfängen der Keramik treu bleiben und verwendet daher Techniken wie Kneten, Pressen und Rollen eines Tonbatzen, übereinandergesetzte Tonwülste oder zusammengebaute Tonplatten.
Auch beim Brennen greift er am liebsten auf alte Verfahren wie Raku und auf den Holzofen zurück, denn obwohl ihn die Disziplin beim Umgang mit Ton fasziniert, findet er auch Gefallen daran, keine Kontrolle über das Endergebnis zu haben. Das Besondere am Raku-Brand ist, dass die Ware rotglühend aus dem Ofen geholt und in einem Behälter mit organischem Brennstoff (Laub, Stroh, Heu, Sägespäne etc.) zum Nachbrand luftdicht eingebettet wird. Der entstehende Rauch (Kohlenstoff), der Sauerstoffentzug sowie die im Brennstoff enthaltenen Mineralien wirken stark auf die Tonscherben und die Glasurfarbe ein. Durch die reduzierende Atmosphäre wird der Glasur Sauerstoff entzogen. Die chemische Zusammensetzung verändert sich und dadurch die Glasurfarbe. Kohlenstoff dringt durch feine Risse und lagert sich im Ton ein. Beim Raku lässt sich der Brennverlauf also nur bedingt steuern. „Ich verleihe dem Ton die Form, aber das Endresultat ist, wie im Holzofen, vom Wohlwollen des Feuers abhängig“, fasst José zusammen.
Text: Anabela Gaspar in ESA 10/2021
Fotos: José Pires; Anabela Gaspar
José Machado Pires
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