Die Todesvögel Salazars – Eine Tragödie in zwei Farcen
Zum 50. Jahrestag der Nelkenrevolution erschien im April in einer Selbstauflage das Lesestück „Die Todesvögel Salazars“ des portugiesischen Schriftstellers Miguel Oliveira
Text: Anabela Gaspar in ESA 07/24
Jahrelang hatte Miguel Oliveira das Manuskript in der Schublade liegen lassen. Doch 2017 beschloss der in Hamburg als Gastarbeiterkind aufgewachsene Autor, angesichts des Aufstiegs der extremen Rechten in ganz Europa, seine tiefe Ablehnung gegen sie mit der Veröffentlichung von „O Pide“ auszudrücken. „Die historischen Implikationen des Faschismus dürfen nicht ignoriert oder vergessen werden“, betont er. Im Jahr 2021 folgte die deutsche Übersetzung, die vom Autor angefertigt, neu überarbeitet und für den deutschsprachigen Leser mit Hintergrundinformationen versehen wurde, in denen es unter anderem auch um die deutsch-portugiesischen Beziehungen geht, die zwischen Hitler-Deutschland und dem faschistischen Estado Novo bestanden. Schließlich kam im vergangenen April die zweite Auflage des Stücks heraus. Es richtet sich an alle, die sich für die jüngere Geschichte Portugals interessieren. Dabei geht es um die Zeit des Faschismus unter Salazar und Caetano sowie um die am 25. April 1974 ausgebrochene Nelkenrevolution, die die Diktatur stürzte. Da Opfer der PIDE ihre Peiniger „pássaros-da-morte“ (Todesvögel) nannten, wählte der Autor für das deutschsprachige Buch den Titel „Die Todesvögel Salazars“.
Das Stück handelt von einer Gruppe von Studenten, die einen Mann entführen, den sie beschuldigen, ein PIDE-Spitzel zu sein, d. h. ein Informant der geheimen Staatspolizei der Diktatur Salazars. Des Weiteren bezichtigen sie ihn, verschiedene Personen bespitzelt zu haben und somit für deren Verhaftung, Folterung bzw. Ermordung verantwortlich zu sein. Der Mann versucht sich zu verteidigen. Da er jedoch den Faschismus rechtfertigt und verharmlost, gelingt es ihm nicht, die Jugendlichen von seiner Unschuld zu überzeugen. Der Prozessführer verurteilt den angeblichen Spitzel zum Tode. Kurz bevor die Dissidenten Selbstjustiz üben können, stürmt die Polizei den Ort des Geschehens. Die Dissidenten werden verhaftet, während einer von ihnen auf der Flucht erschossen wird.
„Ein sehr ergreifendes Drama, das eindrucksvoll die Angst und Grausamkeit zeigt, die in einer Diktatur herrschen. Das Werk hat eine besondere historische Bedeutung. Die Tiefe der Dialoge erinnert an die Dramen von Bertolt Brecht,“ so der deutsche Schriftsteller Dietmar Cuntz zu „Die Todesvögel Salazars“.
Miguel Oliveira, 1979 in Hamburg geboren, ist Autor verschiedener Bücher, unter anderem über die Schriftsteller John Dos Passos, Günter Grass und Ödön von Horváth. Seit der Veröffentlichung seines Gedichtbandes „Sem Título“ gilt Oliveira als einer der wichtigsten Vertreter der madeirensischen Gegenwartsliteratur. Eine Auswahl seiner Gedichte wurde in mehreren Anthologien zeitgenössischer portugiesischer Dichter aufgenommen. In seinem 2019 erschienenen autobiografischen Buch „Ich, Europa und der Stier“, beantwortet der Autor die ihm so oft gestellte Frage, warum er sich 1998 entschied nach Portugal, in die ihm fremde Heimat, auszuwandern. Darin behandelt er das Scheitern der europäischen Identität und kritisiert die Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung in Europa. Derzeit ist Oliveira Professor an der Lissabonner Universität.
Die Todesvögel Salazars
Eine Tragödie in zwei Farcen
von Miguel Oliveira
Paperback, 104 Seiten
ISBN: 978-3-7597-0574-7
€ 15
(erhältlich bei buchshop.bod.de)
migueloliveira.jimdofree.com