Türen & Fenster
António Santos verewigt durch seine Fotos das architektonische Erbe der Algarve. Sein Blick bleibt besonders an ungewöhnlichen Türen, Fenstern und Schornsteinen hängen
In der Algarve sind Türen und Fenster etwas Besonderes. Nicht die der modernen Bauten, sondern die der traditionellen Häuser. Ausländische Besucher erkennen dies schnell und würdigen dieses Erbe der Region oft mehr als die Einheimischen selbst. António Santos ist eher eine Ausnahme. Seit zirka zwei Jahren ist er vor allem in Faro, aber auch in Tavira, Loulé, Olhão und São Brás de Alportel unterwegs und fotografiert ausgefallene Türen, Fenster und Schornsteine.
„Há males que vêm por bem“ – manch Negatives bringt Positives mit sich – besagt ein portugiesisches Sprichwort. Im Falle von António Santos ist negativ, dass er seit längerer Zeit arbeitslos ist, und positiv, dass er dadurch die Möglichkeit hat, seinem Hobby, der Fotografie, mehr Zeit zu widmen. Vor allem, nachdem ein Bekannter ihn im Jahr 2013 aufforderte, Fotos von Faro für das Dekor eines Geschäftes sowie für die Herstellung von T-Shirts und Postkarten zu machen, begann er zielstrebig das architektonische Erbe der Region fotografisch festzuhalten. Landschaften oder Menschen hätten ihn nie interessiert, dafür umso mehr der städtische Raum, vor allem architektonische Details. Seine Vorliebe für Fenster und Türen erklärt er mit seiner Ausbildung im Bereich technisches und graphisches Zeichnen. Dass er die Fotos so bearbeitet, dass sie fast wie Zeichnungen wirken, begründet er mit seinem Interesse an Comics. Als Fotograf oder Künstler bezeichnet er sich nicht, sondern als „einen neugierigen Beobachter, einen Sammler von Bildern der Vergangenheit und der Gegenwart und als Schöpfer von Erinnerungen für die Zukunft.“
Er spricht von Erinnerungen für die Zukunft, da er befürchtet, dass in naher Zukunft solch prunkvolle, verzierte Türen und Fenster mit ihren besonderen Türklopfern, Rahmen und schmiedeeisernen Gittern lediglich der Vergangenheit angehören werden und seine und andere Fotos die einzigen Zeugen dieses architektonischen Reichtums sein werden. „Vor allem in den Altstädten sind diese Türen nahezu einzigartig und zwei Türen, die gleich aussehen, findet man so gut wie nie. Leider sind viele, die ich fotografiert habe, mittlerweile ersetzt worden“, so António. Auch die traditionellen handgefertigten Schornsteine seien immer seltener zu finden. Mit Besorgnis beobachtet er den Einzug von Aluminium in den Städten der Region. „Die Behörden sprechen immer häufiger über die Rehabilitation des städtischen Raumes, dies müsste aber Gebäudesanierungen mit Respekt für das architektonische Erbe bedeuten, nicht lediglich den Neuanstrich von verfallenen Gebäuden und den Einsatz von Aluminium“, sagt António. „Auch wenn beispielsweise in Faro vor kurzem einige Gebäude als Baudenkmal eingestuft wurden, verlieren die meisten Städte langsam ihre Identität. Wenn das so weitergeht, unterscheidet uns bald nichts von einem Ferienort in Spanien oder Griechenland oder sogar von einer Stadt in Deutschland, denn die modernen Bauten sehen überall auf der Welt gleich aus.“
António versteht aber, dass es den Hauseigentümern oft finanziell nicht möglich ist, die alten Holztüren und -fenster zu sanieren. „Erstens ist es nicht so einfach jemanden zu finden, der das macht, zweitens ist diese besondere Handarbeit natürlich teurer als Aluminiumfenster, und nicht jeder kann sich das leisten.“ Meistens würden die liebevoll renovierten Häuser ausländischen Residenten gehören. „Vor allem in Olhão wurden in letzter Zeit in der Altstadt viele traditionelle Häuser mit viel Liebe zum Detail und Respekt zur traditionellen Architektur restauriert und ich stellte fest, dass die meisten davon Ausländern gehören“, so António. Er bedauert, dass die Portugiesen ihre „ausgeprägte Freude am Dekor“ verloren haben und „Betonkästen“, wie er die modernen Bauten bezeichnet, bevorzugen. Seines Erachtens müsste es seitens der regionalen Behörden mehr Fonds oder Steuervergünstigungen für Hauseigentümer geben, die traditionelle Häuser sanieren wollen. Schließlich würden auch sie zum touristischen Angebot der Region beitragen, da viele Besucher nicht nur an Strand und Sonne, sondern auch am architektonischen Erbe der Region interessiert sind und oft ein aufmerksameres Auge dafür haben als „wir Portugiesen, die hundert Mal an einer Stelle vorbeigehen, ohne dass uns dabei solche Details auffallen“, bedauert António.
Bislang hatte António Santos erst zwei Ausstellungen im Raum Faro. Derzeit ist er in Verhandlungen mit dem Rathaus von Faro für eine weitere. Bis dahin kann man eine Auswahl seiner Fotos unter facebook.com/olharesantoniosantos sehen und bei Interesse erwerben (afmsantos@sapo.pt).
Vielleicht hat die Welt einen technischen Zeichner verloren, aber dafür einen Künstler gewonnen.
Text: Anabela Gaspar
In ESA 01/16