Einfallsreich, kreativ und vor allem mit viel Herzblut hergestellt. Sílvia Rodrigues fertigt Halsketten, Ringe, Armbänder, Broschen und Ohrringe aus Zeitungspapier an, die auf ihre ganz eigene Art und Weise wertvoll und einzigartig sind
Für die freischaffende Künstlerin muss Schmuck nicht nur aus Gold, Silber oder anderen hochwertigen Materialien bestehen. Schmuck soll vor allem ausgefallen sein. Was Sílvia Rodrigues im Handel fand, schien ihr jedoch nicht individuell genug. „Ich wollte etwas, was mich von anderen unterscheidet und beschloss meinen eignen Schmuck herzustellen“, erinnert sie sich. Das Material dafür stand schnell fest: Zeitungspapier. „Es übte schon immer eine besondere Faszination auf mich aus, die ich nicht erklären kann“, so Sílvia lächelnd.
Mit der Zeit widmete sich die Studentin für Kommunikationsdesign immer mehr ihrem Hobby. 2007 begann sie ihren Schmuck auf regionalen Messen unter der Marke Sigues, eine Zusammensetzung der ersten und der letzten Silbe ihres Namens, zu vermarkten. Der große Anklang, den ihre Stücke fanden, sowie Auszeichnungen, die sie unter anderem bei der Kunsthandwerksmesse FIA in Lissabon erhielt, gaben ihr Motivation, um weiterzumachen. 2014 wagte Sílvia den großen Schritt und setzte alles auf Sigues. „Schließlich bedeutet der Name auch so viel wie seguir, das heißt, weitermachen, deinen Träume folgen, mit viel Herzblut. Das ist auch mein Rat an andere: Egal auf welche Problematik ihr auf eurem Weg stoßt, gebt niemals eure Träume auf“, erzählt die Künstlerin. Auch sie stieß auf einige Hindernisse. „Als freischaffende Künstlerin ist es nicht immer einfach. Vor allem wenn man etwas macht, was sonst niemand macht. Papier ist nicht sehr stabil und ich musste beweisen, dass es sich sehr wohl zur Herstellung von Schmuck, der widerstandsfähig sein soll, eignet“, berichtet sie. Auch heute fragt man sie noch oft, ob ihre Stücke Regen und Schweiß standhalten. „Dank einer Kundin, die eine meiner Broschen nicht von der Jacke nahm bevor sie diese in die Waschmaschine steckte, kann ich nun versichern, dass mein Schmuck selbst einem Waschvorgang standhält“, so Sílvia gut gelaunt. Hinzu kommt auch, dass „die meisten Menschen Zeitungspapier nicht als etwas Wertvolles betrachten und daher meine Verkaufspreise als teuer empfinden. Andere hingegen, die verstehen wie viel Arbeit dahinter steckt, meinen, dass sie sogar zu günstig sind“. Ihre Schmuckstücke sind weit mehr als eingerolltes altes Zeitungspapier. Sie sind das Ergebnis eines langen, mühsamen und zeitaufwendigen Prozesses: Von der Entwicklung des Designs über das Sortieren nach predominanten Farben, das Auftragen des wasserdicht machenden Produktes und das Einrollen des Zeitungspapiers, bis hin zur Herstellung jedes einzelne Stücks – alles geschieht ausschließlich per Hand. Die Wahl der Metalle für die Verschlüsse, Ohrringe und Ringe überlässt Sílvia auch nicht dem Zufall. Sie achtet darauf, dass die verwendeten Metalle und andere Materialien, wie Leder oder Baumwolle für die Ketten und Armbänder, allergiefrei und hautverträglich sind.
An ihrer neuen Kollektion „Amar Cássima“, die sie am 18. Mai um 21.30 Uhr im städtischen Museum von Loulé bei einer Modenschau präsentieren wird, hat sie ein Jahr gearbeitet. Mit dieser durch die Maurin Cássima aus der Algarve-Legende inspirierten Kollektion, führt sie ein neues Material ein: Kupfer. Zudem ist es die erste, die sie in Zusammenarbeit mit einem anderen Kunsthandwerker anfertigt. Denn Sílvia ist eine der Künstlerinnen des Loulé Design Lab, einem Projekt des Rathauses von Loulé, das Künstlern und Handwerkern Räumlichkeiten zur Verfügung stellt und deren Zusammenarbeit fördert sowie den Erhalt traditioneller Handwerke. „Amar Cássima“ hat Sílvia zusammen mit Heinz-Jürgen entwickelt, der in der Oficina dos Caldeireiros die Kupferschmiedekunst lernte und Designerstücke aus Kupfer anfertigt, wie dekorative Schalen, Blumen, Ketten und Armbänder.
In letzter Zeit war Sílvia auch viel unterwegs. Im Rahmen des internationalen Programms Intrépida, in dem Künstlerinnen aus dem Alentejo, der Algarve und Andalusien zusammenkommen und gefördert werden, war sie oft in Spanien und im Alentejo, tauschte Ideen mit Gleichgesinnten aus und plante weitere Zusammenarbeiten. Zudem war sie auf der Feria Internacional de Moda Flamenca in Sevilla und stellte erfreut fest, dass ihre Schmuckstücke in Spanien großen Anklang finden.
Ein großes Ereignis war auch die Eröffnung des Geschäftes „Colectivo 28“ im vergangenen April direkt gegenüber des Westeingangs der Markthalle von Loulé, in dem ihre individuellen Schmuckstücke erworben werden können sowie Keramikstücke von José Machado Pires, die Produkte der Oficina Poeta Azul und die Textilien von Ortiz de la Torre.
Info:
Facebook & Instagram:
siguesonline
Webseite:
www.sigues.pt
Text: Anabela Gaspar in ESA 05/2019
Fotos: anabela gaspar, Andreia Lopes Fotografia, 3WX Digital Creative Agency