Die Entenmuschel heißt zwar so, ist aber keine Muschel. Sie ist ein Krebstier aus der Klasse der Rankenfußkrebse. Damit ist sie eher mit der Garnele verwandt als mit der Miesmuschel. Da sie sich nicht für uns sichtbar bewegt, ist für uns beides wenig vorstellbar. Eigentlich sieht sie eher aus wie ein pflanzliches Gewächs.
Trotzdem: erwiesenermaßen handelt es sich bei der Entenmuschel um ein Meerestier mit all seinen normalen tierischen Funktionen. Es ernährt sich von Plankton, das aus dem Meerwasser gefiltert wird. Eigentlich wird als Entenmuschel (Lepas anatifera) vorwiegend die Krebstierart bezeichnet, die sich in gemäßigten Breiten an Bootsrümpfen, Treibgut und gestrandeten Wracks ansiedelt. Unsere Perceves ist ein enger Verwandter dieser Meerestiere und wird in Ermangelung eines eigenen deutschen Namens auch als Entenmuschel bezeichnet. Im frühen Mittelalter vertraten die Mönche die Theorie, die eigenartig aussehenden Entenmuscheln seien die Brut der Nonnengänse. Das war praktisch: So konnte die Gans auch während der Fastenzeit verspeist werden, weil sie aus dem Meer kam und damit eigentlich ein Fisch war.
Vorkommen in Europa
In Portugal und Spanien (dort heißt sie Percebes mit ,,b“) gilt sie als außerordentlich geschätzte Delikatesse. Wegen des sauerstoffreichen Brandungswassers gedeiht sie besonders gut an der rauhen Küste Galiziens und der Westküste der Iberischen Halbinsel. Dort krallt sie sich an die Felsen im Tidengürtel. Das ist der Bereich, der bei Flut (Hochwasser) überspült wird und bei Ebbe (Niedrigwasser) trocken fällt. Die Entenmuschel kann also viele Stunden ohne Salzwasser auskommen. Dabei wächst sie relativ schnell. Bereits nach einem Jahr kann sie eine Länge von acht Zentimetern erreichen. Die Entenmuschel-Population ist bereits stark dezimiert. Deshalb wurde ihr vor einiger Zeit eine Schonzeit verschafft. Während der Laichzeit von September bis Dezember darf nicht ,,geflückt“ werden. Wegen ihres hervorragenden Geschmacks sind Entenmuscheln auf der Iberischen Halbinsel außerordentlich begehrt und ein beliebtes Objekt der Jagd. Hier wird es allerdings kompliziert. Fängt man sie? Sammelt oder pflückt man sie? Tatsache ist, dass man sie mit einem speziellen Werkzeug von den Felsen abkratzt. Dies kann man an der wilden Küste nur bei Niedrigwasser machen, weil die Muscheln nur dann sichtbar sind. Die Möglichkeiten zur Jagd sind dabei außerordentlich beschränkt. Am besten geht es bei sehr tiefem Niedrigwasser kurz nach Vollmond oder Neumond. Dies sind alle zwei Wochen zwei bis drei Tage, die dem Jäger zur Verfügung stehen. Allerdings nur während der Niedrigwasserzeit von etwa einer Stunde, und zwar am Tage. Nachts ist die Jagd zu gefährlich. Zu gefährlich ist sie auch bei starkem Seegang. Bei einer Wellenhöhe über zweieinhalb Meter und dies ist an der rauhen Westküste häufig der Fall geht nichts mehr.
Frische Perceves von der Westküste schmecken ein wenig wie ein Mittelding zwischen Muscheln und Langusten, sind aber sehr viel saftiger. Man reinigt sie zunächst äußerlich und befreit sie von Algen und kleinen, steinigen Rückständen vom Felsen. Dann füllt man sie in einen Topf mit kochendem Wasser und lässt sie darin so lange, bis das Wasser abermals aufkocht. Noch ganz kurz kochen lassen, das Wasser abgießen und die Entenmuscheln in eine Schüssel geben. Sehr beliebt ist auch die Variante, sie auf Gemüse oder in einer Weinsoße zu dämpfen. Man isst nicht das ganze Geschöpf, sondern bricht es am Fuß auseinander, zieht den rosa-weißen Inhalt heraus und verzehrt diesen. Beim Auseinanderbrechen sollte man darauf achten, dass das Brechen nach unten, in Richtung des Tellers geschieht. Der Grund: Beim Aufbrechen spritzt häufig eine rosa Flüssigkeit heraus, und das erstaunlich weit.
ESA 05/07