In der gesamten Region wetteifern die Kommunen um den Bau neuer Holzstege in Küstennähe. Mitte Mai wurde eine neue Strecke zwischen Vale do Lobo und Quinta do Lago eingeweiht, die Teil der Route Passadiços Loulé Litoral ist. Wir haben diese für Sie erkundet
Text & Fotos: Anabela Gaspar in ESA 06/201
Für die Einweihung dieses neuen, am Westende der Ria Formosa gelegenen Holzsteges reisten der Minister und die Staatssekretärin für Umwelt an. Der Steg war seit 2007 im Rahmen des Küstenprogramms Polis Litoral Ria Formosa vorgesehen und hätte 2011 fertiggestellt sein sollen. Nun, zehn Jahre später, wurde die Route Passadiços Loulé Litoral zwar eingeweiht, aber fertiggestellt ist sie immer noch nicht, denn sie soll noch weiter bis Quarteira ausgebaut werden. „Unser Traum ist, dass man von der Marina Vilamoura bis zum Ludo am Flughafen zu Fuß oder mit dem Rad kommen kann“, so der Bürgermeister von Loulé Vítor Aleixo bei der Einweihung. Im Osten bindet der neue Steg an die bereits bestehenden Routen bei Quinta do Lago an, São Lourenço und Ludo (s. ESA 5/19).
Wird es demnächst entlang eines jeden Küstenabschnitts einen Holzsteg geben? Selbst auf steilen Klippen wie bei Carvoeiro, der Ponta da Piedade bei Lagos oder an der Westküste wurden solche Struktu-ren gebaut. Ziel der Eingriffe im Rahmen des Programms Polis Litoral ist „der Erhalt des Naturerbes und der Biodiversität der Küstengebiete, der Schutz vor Erosion und nicht zuletzt die Sicherheit der Besucher dieser Gebiete“. Ein Vorteil dieser Strukturen ist, dass diese es auch Menschen im Rollstuhl, mit eingeschränkter Mobilität oder Eltern mit Kinderwagen ermöglichen, die Küste bequem und gefahrlos zu genießen. Die Flora betreffend ist Monte Gordo ein gutes Beispiel: Dort war schon kurz nach dem Bau der neuen Holzstege zu sehen, wie die Vegetation der Dünen wuchs. Dünen, die ich in meiner Jugend dort immer „nackt“ gesehen habe. Angesicht der Anzahl der Menschen, die die Holzstege – vor allem am Wochenende – aufsuchen, scheinen sie generell positiv aufgenommen zu werden. Es gibt aber auch Gegenstimmen. Eine ESA-Leserin aus Quinta do Lago hatte uns nach Beginn der Bauarbeiten der neuen Strecke ihre Bedenken mitgeteilt: Jogger und Radfahrer würden auf diesem bislang ruhigen und abgelegenen Teil des Naturschutzgebietes der Ria Formosa viel Lärm machen und mit der Geräuschkulisse die Vogelwelt stören. Die Erstellung des Spazierweges sei in keiner Weise naturschutzgerecht und eine ungeheure Zumutung für die Natur. Ob dies in der Tat so ist, wird sich nun zeigen. Im Ludo koexistieren die Vögel allerdings mit den Flugzeugen und im Cerro do Bufo bei Castro Marim mit den Baggern der industriellen Salinen…
Wir starten am Parkplatz des Strandes von Quinta do Lago – dort, wo ein langer Holzsteg über das Marsch-gebiet bis zu den Dünen am Atlantik führt. Richtung Osten folgt man der Route São Lourenço, die ausgedehnt werden kann, um auch das unter Vogelbeobachtern beliebte Gebiet Ludo zu besichtigen. Wir aber gehen heute Richtung Westen. Zu Beginn führt uns ein breiter Schotterweg zwischen der glamourösen Welt von Quinta do Lago, mit ihren sattgrünen Rasenflächen und Traumvillen, und der karg ausfallenden Vegetation des Wattgebietes, des Marschlands und der Dünen. Hier verläuft auch der nur 2,3 Kilometer lange und gelb ausgeschilderte Rundweg Quinta do Lago bis zur Lagune, die an den großen See von Quinta do Lago angrenzt und um die herum sich Prachtvillen reihen. Kurz darauf befinden wir uns im Ancão-Gebiet. Der Holzsteg führt um ein mittelgroßes Wasserbecken herum, das früher der Salzgewinnung diente, doch die salinas sind längst nicht mehr als solche zu erkennen.
Die Mittelmeer- und Seekiefer sowie andere für den Mittelmeerraum typische Pflanzen wie der Mastixstrauch, die Zwergpalme, der Stechginster oder der Schopf-Lavendel verhindern nicht nur die Bodenerosion, sondern sind auch Nahrungsquelle und Schutz für die Tierwelt, darunter das schüchterne und vom Aussterben bedrohte Chamäleon. Eine erfreuliche Entdeckung sind die Winkerkrabben (Uca Tangeri), in Portugal als boca-cava-terra bekannt. Im Schlamm des Marschlands wimmelt es von ihnen. Auffallend für die männlichen Uca Tangeri ist die unterschiedliche Größe der Scheren. Ein Biologe erklärte mir vor einigen Jahren, dass die Winkerkrabben der Ria Formosa vom Aussterben bedroht waren, da ihre große Schere – vor allem in Spanien – als Delikatesse galt. Dabei kann diese entfernt werden, ohne das Tier zu töten und bei der nächsten Häutung wird die kleine Schere zu der neuen großen, während eine neue kleine gebildet wird. Mittlerweile scheint sich ihr Bestand erholt zu haben. Ebenfalls hier zu beobachten ist die Große Königslibelle (Anax imperator), eine der größten in Mitteleuropa beheimateten Libellen, die bis zu acht Zentimeter groß werden kann.
Kurz nach den ehemaligen Salinen rückt der Steg immer näher an die Dünen. Diese sind so hoch, dass sie den Blick zum Atlantik versperren, doch die frische Meeresbrise ist eindeutig zu spüren. Am Strand von Ancão besteht dann die Möglichkeit einen kleinen Abstecher ans Meer zu machen. Wir nehmen den dritten Holzsteg, der zu einer kleinen Strandbude führt. Noch blühen die rosa Strandnelken und die gelben Medicago marina (luzerna-das-areias) und ab diesem Monat die Dünen-Trichternarzissen (Pancratium maritimum, narciso-das-areias), auch Strandlilie genannt. Zurück am Holzsteg folgen wir diesem weiter bis zum Praia do Garrão, wo wir etwa drei Kilometer nach unserem Start das Ende des Holzsteges erreichen. Von hier wird es in Zukunft weiter bis Quarteira gehen. Die Route Passadiços Loulé Litoral wird dann insgesamt 7,8 Kilometer lang sein. Noch sind es vom Praia do Garrão bis Ludo 4,8 Kilometer.
Trotz der vielen Schirmpinien am Wegesrand ist kein Schatten vorhanden. Im Sommer sollte man den Spaziergang daher am frühen Morgen oder am Ende des Tages unternehmen und eventuell zum Abendessen in eines der Restaurants einkehren. Sie bieten einen wunderschönen Blick auf den Atlantik und auf den Sonnenuntergang.