Wanderung im Quellengebiet
Seit 2008 steht das zirka 390 Hektar große Quellengebiet zwischen Querença und Tôr im Hinterland von Loulé unter Naturschutz. Es ist ein einzigartiges Gebiet mit einer unvergleichbaren Schönheit, das zu dieser Jahreszeit noch atemberaubender ist
Der größte Reichtum dieses Gebietes und das, was es von anderen unterscheidet, ist das Wasser. Außer den Quellen fließen hier die Ribeira da Fonte Menalva und die Ribeira das Mercês durch und vereinen sich, um die Ribeira de Algibre zu bilden. Dank der Quellen trocknet die Ribeira da Fonte Menalva auch im Hochsommer nie komplett aus. Ausreichend Wasser bedeutet eine üppige Vegetation und eine reiche Fauna. Erstere lässt sich leicht entdecken und genießen, die Fauna ist hingegen ziemlich scheu. Dennoch haben wir einige flüchtige Begegnungen und schaffen es sogar, den einen oder anderen tierischen Bewohner zu fotografieren. Um das Wandergebiet zu erreichen, fahren wir zunächst nach Querença, das für seine Gastronomie und seit einigen Jahren auch wieder für seine jeweils einem Thema gewidmeten Bauernmärkte an jedem letzten Sonntag des Monats bekannt ist. Ein Besuch lohnt sich allemal, doch statt nach Querença abzubiegen, folgen wir dem braunen Schild Fonte Benémola und erreichen nach zirka 4,5 km auf der rechten Seite den Startpunkt unserer heutigen 4,5 km langen Rundwanderung. Das Auto kann man ohne Bedenken hier parken und auf dem Schotterweg zu Fuß weitergehen. Links von uns sehen wir Obst- und Gemüsegärten, rechts die typische Landschaft des Barrocals mit Stein-, Kermes- und Korkeichen sowie mit Lackzistrosen bewachsene Hügel, über die der blaue Himmel nach dem regnerischen Winter noch strahlender erscheint. Dann erreichen wir eine Gabelung, an der ein zweiter Parkplatz liegt. Wir gehen links weiter und erreichen nach einigen Minuten zwei Häuser, vor deren Zufahrt versteckt unter den Bäumen die Ruine einer alten Scheune steht. Der Weg unter den großen Eichen führt uns nun direkt zum Flüsschen, denn seit wir die Häuser erblickten, vernahmen wir auch erstmals das Rauschen des Wassers in unmittelbarer Nähe. Das Vogelgezwitscher nimmt zu sowie die Anzahl der um uns herum schwirrenden, gelben und weißen Schmetterlinge, die wir leider nicht identifizieren können; die Flora ändert sich ebenfalls. Am Bach wachsen die Pflanzen dichter aneinander und man entdeckt Arten, die in der Algarve sonst nicht vorkommen wie die Silberweide, die Esche, die Pappel, der Lorbeerblättrige Schneeball, auch Mittelmeer-Schneeball genannt, die Afrikanische Tamariske und die Mittelmeer-Brombeere. Natürlich fehlt auch der Oleander nicht, dessen rosa und weiße Blüten der Landschaft über viele Monate noch weiteren Reiz verleihen. Was ebenfalls im ganzen Gebiet prächtig wächst sind Medronho-Bäume. Hier erreichen sie eine Höhe von zwei bis drei Metern und nicht, wie sonst meist zu sehen, Büsche mit bis zu einem Meter. Insgesamt sollen an die 300 Pflanzenarten im Naturschutzgebiet der Fonte Benémola vorkommen. Zu dieser Vielfalt trägt nicht nur das reichlich vorhandene Wasser bei, sondern auch die Schiefer- und Kalksteinböden. Die dicht wachsende Pflanzenwelt bietet einer Vielzahl von Tieren das ideale Habitat, darunter zirka 100 Vogelarten. Zu den beflügelten Bewohnern gehören Grau- und Seidenreiher sowie Teichrallen. Kleinere Vögel die hier leben und durch ihr Gefieder oder ihren Gesang auffallen, sind blau- orangene Eisvögel, bunte Bienenfresser, Kohlmeisen und Eichelhäher, majestätische Wiedehopfe, gelbe Pirole, die in Portugiesisch den suggestiven Namen Papa-Figos (zu Dt.: Feigenfresser) tragen, Blauelster und Grünfinke. Nicht durch ihr Gefieder, sondern durch ihren unverwechselbaren Gesang macht sich die Nachtigall stark bemerkbar. Das Wasser ist Revier von Amphibien wie Fröschen und Erdkröten, Molchen sowie von europäischen Sumpfschildkröten und maurischen Bachschildkröten. Hier soll auch der Lutra lutra, also der Fischotter leben. Gesichtet wird er jedoch eher selten. Während wir am Wasser sitzen, die Ruhe und die frische Luft genießen und dem Gesang der Vögel lauschen, erblicken wir kurz den ein oder anderen Frosch, einen Salamander, eine Schildkröte und eine Wildente. All diese Tiere machen sich aber schnell wieder unsichtbar. So schnell, dass uns nicht einmal ein Foto gelingt. Dies trübt jedoch keineswegs unseren Aufenthalt an einem der wohl schönsten Orte der Algarve. Kurz nach der ersten Quelle, die als Olho (Auge) bekannt ist, dienen Betonpfeiler als Übergang auf die andere Uferseite. Leider ist der mittlere umgekippt und eine Überquerung daher nicht möglich. Was wären unsere Ausflüge ohne Zwischenfälle?, frage ich Gabriel Clemente, der schon bereit ist, die Schuhe auszuziehen, die Hosen hochzukrempeln und durch das Wasser zu waten. Ich hingegen keinesfalls! Allein der Gedanke an das kalte Wasser lässt mich zusammenzucken. Daher gehen wir weiter den Weg entlang, um nach einer anderen Überquerungsmöglichkeit zu schauen. Zum Glück bin ich so zimperlich. Hätten wir den Bach an dieser Stelle überquert, hätten wir die eigentliche Fonte Benémola nicht gesehen. Diese kommt einige Meter und zwei Staustufen weiter vorne, an der Stelle, an der Steine ein kleines, natürliches Becken bilden. Bevor wir weitergehen, setzen wir uns ans Ufer und genießen noch einmal die himmlische Ruhe und die Ausstrahlung des Quellentals. Wir lassen die Augen und die Gedanken schweifen. Das Wasser schimmert geheimnisvoll unter der strahlenden Sonne und das Plätschern wiegt uns fast in den Schlaf. Einschlafen wollen wir jedoch nicht. Daher machen wir uns erneut auf den Weg und finden kurz darauf, in der Nähe des zweiten Picknick- Platzes, eine Steinfurt, die uns sicher ans andere Ufer bringt. Doch bevor wir das machen, wollen wir noch versuchen, die Höhlen von Benémola zu finden, in denen Langflügelfledermäuse leben, eine vom Aussterben bedrohte Art, die in Deutschland bereits als ausgestorben beziehungsweise bedroht gilt, sowie kleine Mausohren, die ebenfalls unter Schutz stehen. Die Höhlen sollen etwas weiter vorne, auf der rechten Seite liegen. Die großen Kalksteinhänge, in denen wir sie vermuten, sind unübersehbar, einen Eingang finden wir jedoch nicht und so müssen wir wider Willen den Besuch der Höhlen auf ein anderes Mal verschieben. Zurück an der Steinfurt überqueren wir das Flüsschen und folgen nach links dem exotischen arundo donax, d.h. Pfahlrohr, auch Riesenschilf oder Spanisches Rohr. Ab der Stelle mit den Betonpfeilern ist es nicht mehr möglich, direkt am Ufer zu gehen. Der Pfad führt nun leicht bergauf und der Ribeira ist durch die Vegetation nicht zu sehen. Die Landschaft ändert sich langsam und in der Luft liegt der Duft des am Wegesrand wachsenden Rosmarins und Schopflavendels. Hier arbeitet oft ein Korbflechter, der seine aus dem hiesigen Pfahlrohr auf traditionelle Art geflochtene Ware gerne an Touristen verkauft. Kurz nach seinem Haus kann man das Rauschen des Wassers nicht mehr hören und die Wanderung geht durch die typische Landschaft des Barrocal und unter der warmen Sonne weiter. Hier entdecken wir zwei bereits blühende Orchis italica, ein italienisches Knabenkraut, das lediglich eines der vielen wunderschönen Orchideengewächse ist, das zu dieser Jahreszeit in diesem Quellengebiet blüht. Der Schotterweg trifft nach einigen Minuten auf die Landstraße, die Querença mit Tôr verbindet. Hier biegen wir links ab, überqueren die Brücke, folgen der Straße und sind kurz darauf am Parkplatz. Der zweite Teil dieser Rundwanderung ist recht unspektakulär. Wir raten daher, das Auto erst am zweiten Parkplatz abzustellen, bis zu den Quellen zu gehen und von dort zurück zum Parkplatz. Packen Sie einen Picknickkorb und lassen Sie sich Zeit. Die Quellen laden zum Verweilen ein.
Anabela Gaspar
ESA 04/14