Wattgebiete, Marschland, Salz- und Süßwasserlagunen, Dünen, Pinien, weitläufige Rasenflächen und eine Vielzahl an Wasservögeln – all dies gibt es am Westende der Ria Formosa entlang der Wanderrouten Quinta do Lago und São Lourenço zu entdecken
Über die Ria Formosa berichtet ESA regelmäßig. Nicht nur über ihre traumhaft schöne Landschaft mit einem Labyrinth aus Kanälen, Lagunen und Sandbänken, sondern auch über ihren weltweiten Stellenwert als Lebensraum für viele Wasservögel. Die Algarvios sind stolz auf dieses Lagunensystem, das Portugals ältestes Naturschutzgebiet ist und die Touristen beeindruckt. Die fünf Inseln und die zwei Halbinseln, aus denen die Ria Formosa besteht, sowie ihre Wasserläufe sind Lebensraum vieler unter Schutz stehender und vom Aussterben bedrohter Vogelarten, darunter das Purpurhuhn, das zum Symbol des Naturschutzgebietes der Ria Formosa gewählt wurde. Ab September und den ganzen Winter über ist dieses Gebiet eine wichtige Raststätte für viele Zugvögel. Deshalb ist die Ria Formosa ein wahres Paradies für Vogelbeobachter und ein Ausflug zu dieser Jahreszeit dorthin ein absolutes Muss. Die Wanderrouten Quinta do Lago und São Lourenço sind dafür ideal und können auch per Rad erkundet werden. Start ist der Parkplatz beziehungsweise die lange Holzbrücke, die zum Strand von Quinta do Lago führt. Von dort aus führen gen Westen die nur 2,3 km lange und gelb ausgeschilderte Route Quinta do Lago sowie gen Osten die 3,2 km lange und blau ausgeschilderte Route São Lourenço. Letztere kann ausgedehnt werden – vor allem wenn man mit dem Rad unterwegs ist –, um auch das Ludo-Gebiet zu besichtigen, in dem das ganze Jahr über Flamingos zu beobachten sind. Die Quinta do Lago Route ist eher für Besucher gedacht, die sich für die Flora interessieren. Der Weg verläuft zwischen Marschland und Pinienwald. Hier können Mittelmeer- und Seekiefer sowie Johannisbrotbaum und andere für den Mittelmeerraum typische Pflanzen wie der Mastixstrauch, die Zwergpalme, der Stechginster, die Zistrose und der Schopflavendel entdeckt werden. Die Pflanzen verhindern nicht nur die Bodenerosion, sondern sind auch Nahrungsquelle und Schutz für die Tierwelt, darunter das scheue und vom Aussterben bedrohte Chamäleon. Die Lagune am Ende der Route, um die herum pompöse Luxusvillen errichtet wurden, dient der Fischzucht und bietet daher vielen Wasservögeln ein echtes Festmahl. Ab September werden auch hier wieder Flamingos elegant durchs Wasser waten und nach Nahrung suchen. Zurück am Startpunkt geht es nun gen Osten auf der unter Vogelbeobachtern beliebten São Lourenço-Route weiter. Vor allem hier – und zwar gleich auf den ersten Metern – wird man sich der Gegensätze der Landschaften bewusst. Man befindet sich zwischen zwei Welten. Links vom Weg verläuft die künstliche Welt von Quinta do Lago mit ihrem perfekten Rasen des San Lorenzo-Golfplatzes und den Prachtvillen mit ihren intensiv bewässerten, sattgrünen Gärten; rechts vom Weg ist die eher knapp ausfallende Vegetation des Wattgebietes, des Marschlands und der Dünen zu sehen. Gleich nach dem Golfgreen kommt man zu einem ersten Vogelbeobachtungsposten mit Blick auf eine Salzwasserlagune. Während sich auf dem Golfplatz vor allem Blauelstern und Amseln aufhalten, kann man hier u.a. Uferschnepfen, Stelzenläufer, Steinwälzer und Seeregenpfeifer beobachten, während diese in den Schlammböden des Wattgebietes u.a. nach Weich- und Krebstieren suchen. Der markierte Wanderweg weist nun links an der Gartenanlage und den Luxusvillen von Quinta do Lago vorbei. Es führt aber auch ein Weg geradeaus durch das Wattgebiet zu den Salinen und dem Ludo-Gebiet, an dessen Ostende die Start- und Landebahn des Flughafens von Faro liegt. Der Weg scheint etwas öde, führt jedoch zu den Wasserläufen Esteiro de Maria Nova und Ribeira de S. Lourenço, in denen sich unzählige Flamingos und andere Wasservögel tummeln. Wer dem ausgeschilderten Weg folgt, hat nun durch Pinien einen etwas eingeschränkten Blick zum Wattgebiet. An den Bäumen sind einige Nistkästen angebracht, die dazu dienen, die Anzahl der hier lebenden Kohlmeisen zu steigern. Da diese sich hauptsächlich von Insekten und Larven ernähren, helfen sie, die Bäume gesund zu halten. Kohlmeisen sind z.B. sehr wichtig bei der Bekämpfung der Prozessionsraupen. Andere Spezies, die hier leben, sind der Wiedehopf, das Chamäleon und der Igel. Kurz darauf kommt man zu einem künstlich angelegten Gewässer, an dem ebenfalls ein Vogelbeobachtungsposten gebaut wurde und der mich dazu bringt, an dieser Stelle die nachgebildete Natur von Quinta do Lago zu loben. Der Teich ist eine wahre Oase. Dank dieses von Menschen gebauten, idyllischen Wasserreiches kann man hier eine vielfältige Tierwelt sehen. Amphibien, Reptilien, Insekten und Vögel fühlen sich hier gut aufgehoben und verweilen das ganze Jahr über. Zwischen den breitblättrigen Rohrkolben, dem Schilfrohr und den Binsen entdeckt man Teichrallen, Blässhühner, Stockenten, Zwergdommeln und auch Purpurhühner. Im Inneren des Beobachtungspostens sind Tafeln mit den vorkommenden Vögeln angebracht, die auch Laien dazu verhelfen, die Vogelspezies zu identifizieren. Bitte nicht vergessen: Man sollte sich hier ruhig verhalten, um die Vögel nicht zu stören. Weiter am Golfplatz und an prächtigen Eukalyptusbäumen vorbei, kommt man schließlich zur vierten und letzten Station dieser Wanderroute: den römischen Ruinen. Neben diesen sind Salztanks aus dem 2. Jahrhundert zu sehen. Sie dienten der Salzlagerung von Fischen sowie der Herstellung von Garum, dem beliebtesten Gewürz der römischen Küche. Garum war ein Gemisch aus Fisch einschließlich ihrer Eingeweide, Gewürzpflanzen und einer Salzlake, das in offenen Becken teilweise monatelang der Sonne ausgesetzt wurde. Durch die in den Eingeweiden enthaltenen Enzyme wurde das Fischeiweiß abgebaut. Das Gemisch wurde dann ausgepresst und mehrfach gefiltert, bis man eine klare, bernsteinfarbene Flüssigkeit erhielt. Während das Endprodukt einen feinen, charakteristischen Geruch hatte, war die Geruchsbelästigung während des Gärungsvorgangs so beträchtlich, dass die Produktionsstätten für Garum außerhalb der Ortschaften lagen.
Anabela Gaspar
ESA 9/14