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Freizeit

São Marcos da Serra

Von agasparMo. 19. Mai 2014Aktualisiert:Fr. 22. Juli 20228 Min Lesezeit

Am Wegesrand

Fast an der Grenze zum Alentejo liegt São Marcos da Serra. Eine abgeschiedene Gegend, die scheinbar nicht viel zu bieten hat. Irrtum. Neben Natur pur begegnen wir hier Dona Catarina Maria.
Text: ANABELA GASPAR

Laut Landkarte scheint São Marcos da Serra weit abseits der allerorts bekannten Strand-Algarve zu liegen. Doch so weit ist es gar nicht. Von der A22-Ausfahrt Lisboa/Ourique bis São Marcos da Serra sind es lediglich zirka 30 km und die Straße IC1 ist in gutem Zustand. Ein kleiner Sprung also, um eine ganz andere Algarve zu entdecken. Nur sollten andere Wanderlustige etwas aufmerksamer als ich und mein österreichischer Begleiter Georg fahren, um nicht auch die Ausfahrt zu verpassen und deshalb einige Kilometer mehr in Kauf nehmen zu müssen. Auf der IC1 fahren wir an Tunes vorbei, weiter nach São Bartolomeu de Messines und von da sind es noch zirka 12 km bis zur Abfahrt São Marcos da Serra. Diese ist zwar gut ausgeschildert, die Straße jedoch kaum sichtbar! Rechts ab und gleich links hoch, um über die IC1 zu gelangen. Danach rechts Richtung ,,Campo de Futebol“. Das nächste Schild steht sofort nach der Auto-Werkstatt etwas hinter Büschen versteckt und zeigt nach links. Das entdecken wir nun, nachdem wir bereits Anwohner nach der Richtung gefragt haben und das zweite Mal vorbeifahren, auch. An der nächsten Kreuzung steht das orangefarbene Schild ,,Campo de Futebol“ schön sichtbar. Wir fahren also nach rechts und sehen sogleich die Mauern des Platzes. Fußballspielen wollen wir nicht. Aber hier beginnt die Route und auf dem Parkplatz der Feuerwehr ist das Auto bestens aufgehoben. So wie heute der Ausflug begonnen hat, halten wir es für besser der Feuerwehr zu sagen, dass sie uns suchen soll, falls wir in vier Stunden nicht wieder zurück sind. Doch so lange soll es gar nicht dauern, da die Strecke nur 8 km lang ist. Wir befinden uns in der Serra Algarvia, also in den Bergen. Für österreichische Alpenbewohner ist diese Bezeichnung natürlich ein Witz, da wir uns auf Höhen zwischen 100 und 140 Metern befinden. Auch wird es auf der für heute ausgesuchten Route ,,Percurso do Lagoão“ keinen Anstieg geben. Also mehr ein Spaziergang. Ist auch gut so, denn es sind 24 Grad angesagt. Eventuell wird es Erfrischungsmöglichkeiten geben, da fast die ganze Strecke entlang der Ribeira de Odelouca verläuft. Am Start finden wir eine schöne Tafel, auf der die Route aufgezeichnet ist. Wir entscheiden uns, in der entgegengesetzten Richtung zu der angegebenen zu laufen. Anstatt zuerst durch den Ort zu wandern, wollen wir dort zur Mittagszeit ankommen, um eine verdiente Mahlzeit genießen zu können. Also biegen wir an der ersten Möglichkeit nach rechts ab, sagen den weiß gestrichenen Häusern von São Marcos da Serra auf der linken Seite ,,bis später“ und den großen Korkeichen auf der rechten ,,hallo“. Gleich bei der ersten Gabelung müssen wir feststellen, dass die Beschilderung etwas zu wünschen übrig lässt. Ein Wegweiser ist weit und breit nicht zu sehen. Wir entscheiden uns für den Weg nach links, um weiterhin am Fluss zu bleiben und stellen nach einigen Metern erfreut fest, dass es die richtige Entscheidung war. Dort steht ein Holzpfahl, auf dem noch schwach zwei gelbe Striche zu erkennen sind, die bestätigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Natürlich hätte er auch an der Gabelung aufgestellt werden können, aber wer die Pfähle aufstellte, hat wohl nicht mit eigensinnigen Köpfen gerechnet, die die Strecke in der entgegengesetzten Richtung wandern. Unser Orientierungssinn ist getestet und wir marschieren fröhlich pfeifend weiter. In den letzten Monaten konnte die Ribeira de Odelouca wegen der heftigen Regenfälle nicht überquert werden. Nun ist die Passage wieder gesichert und das Grün der umliegenden Felder und Orangenhaine frischer als je zuvor. Als wir nun so langsam in den Wanderrhythmus gelangen, kreuzt sich plötzlich der Weg mit einer Straße, der wir nach rechts folgen sollen. Eine Straße entlang laufen ist nicht das, was man sich unter einer Wanderung vorstellt, doch nur wenige Meter weiter vorne treffen wir Dona Catarina Maria im Schatten einer kleinen Eiche und alles ist wieder gut. Sie behält ihre Ziegen und Schafe im Auge, ist aber über eine kleine Ablenkung froh und spricht uns sofort nett an. Als wir die letzten Meter etwas enttäuscht unsere Füße über das Pflaster schleppten, hätten wir nicht gedacht, dass sich unser Weg mit dem einer Dichterin kreuzen würde. Mit Freude rezitiert sie ihre Zeilen über diese Gegend: ,,Die Gegend von Lagoão hat nur Brombeersträucher, Gestrüpp und verlassene Olivenbäume. Doch auf unserem Teller ist das Olivenöl so schön gelb und falls nötig erleuchtet es sogar unser Haus“ Dona Catarina scheint auch bestens über Aktuelles informiert zu sein. Sie schimpft sogleich über Portugals Politiker und deren Maßnahmen, bedauert die hohe Anzahl der Arbeitslosen und sagt aber gleich darauf, dass junge Menschen eh nicht arbeiten wollen. Vor allem versteht sie nicht, wieso niemand mehr die Erde bearbeiten will und trägt wieder ein Gedicht vor. ,,Die Erde ist so gut, sie gibt uns sogar Gold und Perlen. Sie legt alle Aromen auf unseren Tisch. Sie hat sogar natürliche Heilmittel. Wieso liegt sie verlassen? Habt Erbarmen für die Erde denn sie liegt verlassen und die Menschen verhungern“ Schuld daran sind die Großkopferten, wie Dona Catarina die Politiker nennt. ,,Schließlich geben sie den Landwirten Geld, damit diese ihre Rebstöcke und andere Pflanzen zerstören“, erklärt sie und fügt hinzu, ,,Wir könnten alles in Portugal anbauen, importieren aber alles.“ Wir danken ihr für die Eindrücke und wandern weiter. Zirka einen Kilometer bleiben wir auf der Straße, entlang der verschiedene Obstbäume wachsen. Die Grundstückseigentümer nehmen es Wanderern sicher nicht übel, wenn diverses Obst gepflügt wird. Übertreiben sollte man es natürlich nicht, obwohl die Kirschen in Nachbars Garten bekanntlich immer am besten schmecken. Mispeln hängen in diesem Monat prall und gelb von den Ästen, die Orangen sind erfrischend. Gleich nachdem wir einem Wegweiser folgend links abbiegen und somit die Straße verlassen, sind wir mitten im Fluss. Das Wasser steht zwar nicht sehr hoch, aber trotzdem müssen wir die Hosen hoch krempeln und die Latschen, die wir zum Überqueren mitgebracht haben, kommen zum Einsatz. Zum Glück haben wir an Ersatzschuhe und ein Handtuch zum Abtrocknen gedacht. Eine andere Überquerungsmöglichkeit gibt es nämlich nicht. Und bei der Flussbreite steht der schnelle Bau einer Brücke mit ein paar Ästen außer Frage. Rechts sehen wir eine trockene Stelle im Fluss und einen alten Radbrunnen. Wir beschließen, über den Zaun, der in der Mitte des Flusses aufgestellt wurde, zu klettern, um am Wasser im Schatten der Bäume eine kleine Rast einzulegen.

Und dann kommt der Punkt, wo sich die Profiwanderer von den gelegentlichen Wanderern, wie wir, unterscheiden. Am großen Teich, an dem laut einem Schild die Hubschrauber bei Waldbränden Wasser tanken können, kann gewählt werden, ob man die längere oder die kürzere Strecke marschiert. Wir entscheiden uns für die kürzere Variante. Aber nur weil es so warm ist und wir uns so lange mit Dona Catarina unterhalten haben und sonst nicht rechtzeitig zur Mittagsstunde im Ort ankommen würden. Das bilde ich mir wenigstens ein, um nicht eingestehen zu müssen, dass ich schon schlapp mache, obwohl wir erst die Hälfte der Strecke gelaufen sind. Wer sich für den längeren Weg entscheidet, wird an Pereiros und Cerro da Casinha vorbeikommen und dann um den Cerro da Alcaria herum wandern, bis zu der kleinen Brücke, zu der auch wir nun gelangen und links abbiegen. Ein Blick nach rechts lässt uns für wenige Sekunden bereuen, dass wir nicht die längere Strecke gewählt haben, denn zumindest das, was wir von hier aus im Blickfeld haben, sieht sehr beeindruckend aus. Nun sind wir auf der anderen Seite der Ribeira de Odelouca. Diese Hälfte der Strecke verläuft stets am Fluss, obwohl wir eigentlich nur das Schilf sehen. Die prächtigen Gemüsegärten und Obstbäume sind aber Beweis dafür, dass die Erde hier sehr fruchtbar ist. Und dies haben die Bewohner natürlich der Ribeira de Odelouca zu verdanken. Hie und da verbellen uns die Hunde von den Quintas schon von der Weite. Zum Glück sind alle Tore geschlossen und wir sehen uns nicht gezwungen das Tempo zu erhöhen. Im Gegenteil. Wir bleiben stehen und fotografieren die braven Wachhunde und auch die kleinen Kätzchen, die sich zwischen den Steinen ein Versteck gesucht haben, uns dann aber neugierig beobachten. Kurz danach sehen wir links die ersten Häuser von São Marcos. Es ist nicht mehr weit. An der Straße angekommen, biegen wir links ab und folgen ihr, entlang den Schienen der Eisenbahn. Wir stellen fest, dass uns während des gesamten Ausfluges lediglich vier Autos begegneten und dies, obwohl ein Teil der Strecke entlang einer Straße führte. Direkt am Ortseingang gibt es auf der rechten Seite einen kleinen, gemütlichen und sehr gepflegten Garten. Wer will kann hier ein Picknick machen. Wer etwas Deftigeres zum Mittagsessen bevorzugt, der läuft noch etwas weiter bis zur Kirche und nimmt seine Mahlzeit im Restaurant ,,Os Duartes“ zu sich. Bei Fernando Eusébio und Telma Cavaco gibt es immer etwas Leckeres ­ auch wenn die Auswahl nicht sehr groß ist. Frisch gestärkt schlängeln wir uns durch die Gassen des Ortes, immer gen Osten und bergab, bis wir wieder ein Schild mit der Aufschrift ,,Campo de Futebol“ finden. Ein letztes Mal überqueren wir die Ribeira de Odelouca, bevor wir kurz danach wieder an unserem Ausgangpunkt ankommen. Das Auto steht noch da. Auch die die Feuerwehr.

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