Ein Fenster zum Guadiana
Nachdem in den letzten Monaten die Hitze nur in der Nähe der kühlen Atlantik-Gewässer zu ertragen war, laden frische Brisen nun dazu ein, das Hinterland der Algarve zu Fuß zu erkunden. Einen leichten Einstieg in die Wandersaison ermöglicht die Route bei Azinhal, Bezirk Castro Marim
Text und Fotos: ANABELA GASPAR zinhal liegt nicht weit von der Küste entfernt. Bis zur Touristen-Hochburg Monte Gordo sind es ca. 17 Kilometer. Doch zwischen den beiden Orten liegen Welten. In Azinhal gehen die Uhren etwas langsamer. Hier grüßt man sich. Entlang der engen Gassen reihen sich die traditionellen Algarve-Häuser. Weiß gestrichen mit blauen, gelben oder roten Rahmen um Fenstern und Türen. Es herrscht Ruhe. Vor einigen Jahren, als die EN 122, die den Ort durchquert, noch die Hauptverbindung zwischen der Küste und dem Hinterland war, war es etwas belebter. Nach der Fertigstellung der IC 27 sind durchfahrende Autos jedoch eher selten. Schlecht für den Handel, gut für diejenigen, die das Leben auf dem Land genießen wollen. Der Hauptplatz, der früher LastwagenFahrern oft als Raststelle diente, ist heute fast leer. Der ideale Abstellplatz für das Auto, denn hier beginnt der ca. 7 Kilometer lange Rundwanderweg ,,Uma Janela sobre o Guadiana“ (Ein Fenster zum Guadiana). Vom Largo do Mercado, dem Markt- und Hauptplatz von Azinhal, geht es über die Rua de Santa Bárbara in Richtung Guadiana-Fluss im Osten. Immer die Straße entlang, am Gemeindehaus und an der alten Grundschule vorbei, bis zur Kirche. Einem imposanten Gebäude, das nicht so recht in das restliche Bild des Ortes passt. Hier geht es links in Richtung der alten Windmühle. Immer weiter den Wegweisern folgen, an einem alten Brunnen vorbei, der viele Jahre den Bewohnern das Trinkwasser lieferte, bis zu einem Privatgrundstück mit zwei Palmen am Eingang. Jetzt verlässt man den Hauptweg und die Wanderung geht auf dem Sekundärweg rechter Hand weiter. Der Weg ist breit, der Blick auf die Landschaft stets weit. Vor allem nach dem ersten leichten Anstieg eröffnet sich ein wunderschöner Panoramablick nach Osten auf den Guadiana-Fluss. Die lokale Flora besteht aus Feigen-, Oliven-, Mandel- und Johannisbrot-Bäumen, sowie aus mediterranem Buschwerk wie Ginster, Lack-Zistrose, Kardone und Feigenkaktus. Das Buschwerk dient wohl auch den Wildkaninchen und Feldhasen als Versteck, da sich während der zweieinhalb Stunden Wanderung kein einziges Exemplar zeigt. Rothühner hingegen fliegen bei Annährung immer wieder erschrocken davon. Weitere Vogelarten, die beobachtet werden können, sind die Provencegrasmücke, die Blauelster, die Amsel, die Theklalerche, der Rotrückenwürger und der Pirol. Mittlerweile geht es abwärts Richtung Várzea das Almas. An der Ruine angekommen rechts abbiegen, um dem Weg zu folgen, der um den Rand des Tals herum führt. Bevor es die letzten zwei Kilometer zurück nach Azinhal wieder aufwärts geht, sollte eine kleine Pause eingelegt werden, denn dieser letzte Anstieg ist etwas anstrengend. Ein Schluck Wasser und ein letzter Blick auf den Guadiana und weiter geht es. Zurück im Ort kann eine verdiente Stärkung in einem der Lokale am Marktplatz zu sich genommen werden. Die Auswahl ist jedoch nicht sehr groß. Im ,,Café Central“ gibt es nur Hamburger, Bifanas oder belegte Brötchen. Und auf der gegenüberliegenden Seite der EN 122, im ,,Ribeiros“ bereitet Noémia täglich nur ein Gericht zu. Die ,,Taberna do Anastácio“ wird lediglich als Café betrieben. Das Mittagsessen dürfte also etwas arm ausfallen. Dafür kann die Nachspeise in der ,,Pastelaria A Prova“ (So geschlossen), in einer versteckten Gasse rechts vom Hauptplatz, ein echtes Erlebnis sein. Einfach der Nase nach bis zur Vitrine von Eduarda Gonçalves folgen. Hier gibt es traditionelles Gebäck mit Johannisbrot, Mandeln und Feigen. Die paar Kalorien kann und muss man sich nach der Wanderung ohne schlechtes Gewissen gönnen. Auch im kleinen Laden ,,Coisas da Serra“ (Di So ab 11 h), rechts neben dem Gebäude der Junta de Freguesia, können regionale Süßwaren erworben werden. Im Angebot sind zudem die Bonecos de Juta aus Martim Longo und Salz aus den Salinen von Castro Marim. Ziel des Inhabers Ricardo Viegas war es, hier alle möglichen regionalen Produkte zu verkaufen. Doch da die meisten Bauern keine Quittung ausstellen, ist dies leider nicht möglich. Deswegen funktioniert ,,Coisas da Serra“ eher als Café. Hier finden aber auch Literatur-Treffen und Ausstellungen von lokalen Künstlern statt. Eine große Tradition in Azinhal ist oder war Klöppelarbeit. Diesem Kunsthandwerk ist deshalb ein kleines Museum gewidmet, in dem einige Arbeiten zur Schau gestellt sind. Um zum Museum zu gelangen, die Straße rechts vom Restaurant ,,Ribeiros“ hoch gehen bis zum Kindergarten. Das Museum liegt rechts in einer kleinen Gasse, ist jedoch meistens geschlossen. Einfach beim Kindergarten klingeln und nach dem Schlüssel fragen. So einfach geht es hier im Dorf zu.
Anfahrt: A 22 Ausfahrt Vila Real de Sto. António/Castro Marim, dann IC 27 Richtung Beja/Alcoutim, ca. 10 km bis Ausfahrt Azinhal/Sentinela, rechts abbiegen nach Azinhal, dann links abbiegen, ca. nach 1 km kommt der Hauptplatz Weglänge: ca. 7 km, Schwierigkeitsgrad: leicht Wegweiser: Richtiger Weg Falscher Weg Links abbiegen Rechts abbiegen Achtung: Weg verläuft durch Jagdgebiet. Jagdzeit von Oktober bis Januar (Do und So, Feiertage). Zuständig für diese Route, sowie für 18 weitere auf insgesamt 135 km in den Bezirken von Alcoutim, Castro Marim und Vila Real de Santo António, ist der Verein zur Entwicklung des Guadiana-Gebietes Odiana. Deutsche Wanderkarten im Hauptsitz des Vereins im Zentrum von Castro Marim. Weitere Info auch unter www.odiana.pt 21