Echte Zeitreisen sind leider nicht möglich, aber seit Kurzem gibt es in der Taberna Medieval Velho Cavalinho in Castro Marim die Möglichkeit in das Mittelalter einzutauchen
In verschiedenen europäischen Ländern gibt es diverse Möglichkeiten, das Mittelalter hautnah zu erleben. Ob man in prächtiger mittelalterlicher Gewandung auf einem Mittelalterfest in diese schöne aber längst vergangene Zeit eintaucht, einen Mittelaltermarkt besucht oder bei der Nachstellung eines geschichtlichen Ereignisses, wie etwa einer Schlacht, als Ritter mit dem Schwert in der Hand für Recht und Ordnung kämpft, dem mittelalterlichen Spaß sind kaum Grenzen gesetzt. Hierzulande ist das Angebot eher begrenzt, da in der Algarve lediglich Silves, Paderne und Castro Marim einmal im Jahr ein Mittelalterfest veranstalten. In die von Salzgärten umgebenen Kleinstadt Castro Marim in der Ostalgarve strömen an diesen Tagen Tausende begeisterte Besucher. Doch jetzt bietet Carlos do Carmo in der Taberna Medieval Velho Cavalinho ganzjährig eine kleine Zeitreise ins Mittelalter.
Ihren Anfang nahm die Taberna Medieval Velho Cavalinho in den Dias Medievais. Carlos do Carmo war an der Organisation der Veranstaltung beteiligt und übernahm als Vorsitzender eines lokalen Vereins auch die Zuständigkeit für eine Ess- und Trinkstube innerhalb der Burganlage während der Festtage. 2010 kaufte er das Gebäude hinter der Hauptkirche mit dem Ziel, eine mittelalterliche Taverne zu eröffnen, und renovierte es mit viel Liebe. Bislang konnte er aus beruflichen Gründen die Taverne jedoch nur während des Mittelalterfestes öffnen. „Trotz der versteckten Lage, stieg die Besucherzahl von Jahr zu Jahr und viele meinten, es sei schade, dass die Taverne nicht ganzjährig geöffnet sei“, berichtet er. Zu Beginn dieses Jahres war es dann soweit. „Ich beschloss, mich fortan ganz der Taverne zu widmen“, so Carlos.
Dass er es ernst meint, sieht man sofort an seiner Kleidung und Brille. Auch die Taverne ist genau wie im Mittelalter ausgestattet: Massive Steinmauern, Treppen und Fensterumrandungen aus alten Holzbohlen aus dem Schienenverkehr, die Carlos von der portugiesischen Zuggesellschaft erwarb, Holzdecke, -tische und -bänke, Keramikgeschirr, spärliche Beleuchtung. Einziger Störfaktor ist der Feuerlöscher an der Wand – der Gesetzgeber lässt grüßen. Die Bedienung ist mittelalterlich gekleidet, aber sympathischer und höflicher als es in einer Taverne im Mittelalter wohl üblich war. Serviert werden unter anderem Craft Bier, Apfelwein und Met. Alles gezapft, denn Flaschen kommen Carlos nicht über den Tresen. „Die Atmosphäre soll so authentisch wie möglich sein“, begründet er. Zu Essen gibt es regionale petiscos, kleine Snacks wie frischen und gereiften Ziegenkäse aus zwei Manufakturen in den Nachbardörfern Azinhal und Foz de Odeleite, muxama (Meeresschinken) aus Vila Real de Santo António, Schinken und Wurstwaren, favas sapatadas (Dicke Bohnen mit Polei-Minze), biqueirões und anchovas (eingelegte kleine Sardellen) und frische Tomaten mit Flor de Sal – natürlich aus den umliegenden Salzgärten! Eventuell nicht hundertprozentig mittelalterlich, dafür hundertprozentig regional.
Carlos betont, dass seine Gaststätte kein gängiges Restaurant ist, sondern nur nach Absprache und für Gruppen die Möglichkeit für ein wahres mittelalterliches Festmahl besteht. Zum mittelalterlichen Bankett-Programm gehört ein kleiner Rundgang zu den wichtigsten historischen Stätten, bei dem die Gäste einiges zur Geschichte der Kleinstadt, der Burganlage und der Festung erfahren. Danach gilt es sich passend für das Festessen zu kleiden. In Carlos Garderobe hängen über 200 Kostüme, dazu gibt es jede Menge Accessoires, denn er legt großen Wert auf originalgetreue Roben. „Außerdem sorgt die Bekleidung noch zusätzlich für eine authentische Atmosphäre“, fügt er hinzu. Aufgetischt wird deftige Hausmannskost, die man sich vorher aussuchen kann. Zur Wahl stehen unter anderem Wildschwein oder Schweinshaxe.
Zu einem mittelalterlichen Bankett gehört natürlich auch Musik. Carlos engagiert verschiedene Musiker, die mit ihren mittelalterlichen Klänge stets für die richtige Stimmung sorgen. „Und nach dem Essen, wenn die Gäste sich auf das Spektakel eingelassen haben, tanzen und singen sie auch fröhlich mit“, erzählt Carlos.
Einmal im Monat, am zweiten Samstag, organisiert Carlos zudem einen kleinen Mittelaltermarkt im Patio der Taverne, bei dem eine Handvoll lokaler Hersteller – selbstverständlich in mittelalterlichen Gewändern – ihre Erzeugnisse anbieten. Interessant sind sicher auch die geführten Besichtigungen unter dem Titel „Passeando com a Nobreza“ (Unterwegs mit dem Adel), bei denen der Führr die Rolle einer in der Geschichte von Castro Marim wichtigen Persönlichkeit übernimmt und in der Ich-Form erzählt (Port/Eng).
Im März wird D. Gil Martins, der erste Großmeister des Christusordens, die Führung übernehmen. Die geplanten Veranstaltungen werden stets auf der Facebook-Seite angekündigt.
Text: Anabela Gaspar in ESA 03/2020
Fotos: Anabela Gaspar; Carlos do Carmo
Taberna Medieval Velho Cavalinho
Castro Marim – Hinter der Hauptkirche (gut ausgeschildert)
Carlos do Carmo, Mob.: 961 786 650
velhocavalinho@gmail.com
Tägl. 10 – 18 Uhr
Bankett für Gruppen nur nach Absprache
FB: Taberna Medieval Velho Cavalinho