Mitte September führte das Team von Técnico Solar Boat Testfahrten vor der Küste der Algarve durch. Dabei handelt es sich um Studenten verschiedener Fachbereiche der Technischen Hochschule Lissabons, die in interdisziplinärer Arbeit ein solarbetriebenes Boot gebaut haben
Erneuerbare Energien sind weiter auf dem Vormarsch – auf der Straße und im Sport auf vier und zwei Rädern mit der FIA-Formel-E seit 2015 und der MotoE seit 2019. Nun auch auf dem Wasser – obgleich es bislang nur Prototypen gibt. Einen davon haben Studenten des Instituto Técnico de Lisboa eigenhändig gebaut. Nur wenige Bauteile, wie die Motoren und die Kollektoren, erhielten sie von Sponsoren.
Gestartet wurde das Projekt Técnico Solar Boat (TSB) 2015 von David Domingos, der inzwischen nicht mehr dabei ist. Zu seiner Zeit gab es an der Technischen Hochschule Konzepte zur Entwicklung von Auto- und Motorradprototypen, doch der Schiffsbaustudent gründete ein Projekt in seinem Fachbereich. Seit es ins Leben gerufen wurde haben mehrere Dutzend Studenten daran gearbeitet. Derzeit sind fast 40 Studenten aus verschiedenen Studiengängen beteiligt, darunter Schiff- und Maschinenbau, Elektrotechnik, Flug- und Raumfahrt, Telekommunikation und Informatik. Der Bau des ersten Prototyps, der „São Rafael 01“ (SR01) begann 2016 und wurde 2017 fertiggestellt. Rechtzeitig, um am Monaco Solar & Energy Boat Challenge teilzunehmen. Ein prestigeträchtiger Wettbewerb, der von der International Powerboating Federation UIM und der Prince Albert II. of Monaco Foundation organisiert wird, mit dem Ziel „Lösungen für nachhaltigen Wassersport“ zu präsentieren und in die Praxis umzusetzen, und an dem Forscher, Wissenschaftler, Ingenieurstudenten und Fachleute aus den Bereichen Yachting und Energie ihre Ideen der Öffentlichkeit präsentieren.

2018 nahm das TSB-Team, mit einer überarbeiteten Version des SR01, erneut am Wettbewerb teil und 2019 bauten sie den SR02. Mit diesem Prototyp gelang es den Lissabonner Studenten in Monaco im selben Jahr den zweiten Platz in der Solar A Class-Kategorie zu belegen. Im Championship Race kam das TSB-Team auf Platz 2 und im Slalom auf Platz 4. Stolz sind sie darauf, das Endurance-Rennen gewonnen zu haben. „Bei diesem fuhren wir 57 Runden von je 0,5 Seemeilen, die wir in einer Gesamtzeit von drei Stunden zurücklegten. Der Unterschied zum Zweitplatzierten in unserer Klasse betrug zehn Runden“, so João Novo, der derzeit der Teamleader ist.
Dieses Jahr wurde der Wettbewerb Corona bedingt nicht vor Ort ausgetragen. Doch die Studenten wollten ihren Sponsoren und Anhängern trotzdem zeigen, welche Verbesserungen sie an ihrem solarbetriebenen Boot realisiert hatten und organisierten die Odisseia TSB, eine Tour durch Portugal, die Ende August im Douro startete und über Lissabon und Sesimbra bis zur Algarve führte.
Das SR02 ist nun mit Tragflügeln ausgestattet, sogenannten Hydrofoils. „Bei steigender Geschwindigkeit wird das Boot mittels des dynamischen Auftriebs der unter Wasser liegenden Tragflügel während der Fahrt angehoben und somit berührt der Rumpf das Wasser nicht mehr. Das Boot ‚fliegt’ über die Wasseroberfläche. Dadurch wird die Verdrängung und der Reibungswiderstand deutlich reduziert und bei gleicher Antriebsleistung eine größere Geschwindigkeit erreicht“, erklärt João Novo. Die Tour durch Portugal dient gleichzeitig Testfahrten, um eventuelle Probleme mit den Tragflügeln aufzudecken und zu beheben, denn diese werden Teil eines dritten Prototyps der Serie SR sein, an dem sie bereits arbeiten.
Gleichzeitig entwickelt das Team auch einen Prototyp, der nicht mit Solarenergie, sondern mit grünem Wasserstoff angetrieben wird. „Wasserstoff muss derzeit mit großem Energieaufwand über den Umweg Erdgas produziert werden. Bei grünem Wasserstoff stammt der für die Elektrolyse benötigte Strom ausschließlich aus regenerativen Energieträgern. Unser Ziel ist es, grünen Wasserstoff zu produzieren und wir wollen auch unsere eigene Brennstoffzelle bauen“, führt er aus. Mit diesem Projekt haben sie bei der diesjährigen Online-Ausgabe des Monaco Solar & Energy Boat Challenge den Innovationspreis gewonnen. „Es war ein sehr relevantes Ergebnis, denn zehn weitere Teams und Unternehmen aus verschiedenen Ländern nahmen am Wettbewerb teil“, betont der Teamleader. Zudem war das portugiesische Team das einzige, das mit zwei Booten antrat: das mit Solarenergie angetriebene und das mit Wasserstoff.
Im Gegensatz zu vielen anderen, ist das TSB-Projekt „Open Source“, das heißt, sie teilen ihr Wissen mit anderen. „Dies wird auch von der Organisation des Wettbewerbes in Monaco gefördert. Bei den von ihnen organisierten Tech Talks geht es darum, die technischen Details mit anderen zu teilen. Wir veröffentlichen sie zudem an jedem Jahresende auf unserer Webseite. Dort können jegliche Informationen über das elektrische und mechanische System abgerufen werden sowie zum Design des SR01 und SR02“, erklärt Sebastião Beirão. Denn als Team sei ihr Hauptziel, für Wettbewerbe wie dem von Monaco so viel wie möglich zu lernen, zu verbessern und zu innovieren, aber gleichzeitig auch erneuerbare Energien, Nachhaltigkeit und Elektromobilität zu fördern.
Sebastião ist im letzten Studienjahr. Er weiß jetzt schon, dass ihm das Projekt und die Arbeit mit den Kollegen fehlen wird, blickt aber zuversichtlich in die Zukunft. Die Studiengänge an der Technischen Hochschule Lissabons seien sehr theoretisch. Das TSB würde ihnen erlauben das Gelernte in die Praxis umzusetzen, Erfahrungen zu sammeln sowie ihre Fähigkeiten im Bereich Teamarbeit, Projektmanagement und Präsentationstechnik zu erweitern. „Ein definitives Plus für unseren Lebenslauf und den damit verbundenen Möglichkeiten“ so Sebastião.
Técnico Solar Boat
tecnico.solarboat@gmail.com
http://tecnicosolarboat.
tecnico.ulisboa.pt
Text: Anabela Gaspar
Fotos: Técnico Solar Boat; Anabela Gaspar in ESA 10/20