Mit dem im Jahr 2009 eingeführten steuerlichen Sonderstatus residente não habitual will der portugiesische Staat wohlhabende ausländische Rentner ins Land holen. Bislang mit Erfolg, wie die nun veröffentlichten Daten zeigen
In Portugal sind bereits 5.653 Ausländer als „nicht gewöhnlich ansässig“ gemeldet. Für ausländische Rentner, die ihren Wohnsitz nach Portugal verlegen, bedeutet dies, dass der portugiesische Fiskus ihre Ruhegehälter von der Steuer frei stellt. Voraussetzung für den Erwerb dieses steuerlichen Sonderstatus ist, dass man während der letzten fünf Jahre vor der Antragstellung in Portugal nicht als unbeschränkt steuerpflichtig galt und dass das Ruhegehalt nicht in Portugal erworben wurde (Näheres dazu s. ESA 12/15). Auch neu Zugezogene, die einen Beruf von „erhöhtem Wert“ in Portugal ausüben wollen, können den Sonderstatus beantragen. Darunter fallen unter anderem Architekten, Mediziner, Ingenieure oder Universitätsprofessoren. Das Einkommen dieser Berufsgruppen ist zwar nicht von Steuern befreit, unterliegt aber einer fixen Steuerrate von 20 %; ein niedriger Steuersatz, wenn man ihn mit dem aktuell in Portugal gültigen Spitzensteuersatz von 50 % vergleicht. Demnächst soll die Antragstellung auch über die Webseite des portugiesischen Fiskus „Portal das Finanças“ möglich sein.
Zwischen 2009 und 2012 wurden im Durchschnitt lediglich 100 Anträge pro Jahr gestellt. Doch seit der portugiesische Staat im Jahr 2013 den Sonderstatus bestätigte, stieg die Anzahl der Interessierten drastisch: 1.000 Anträge im Jahr 2013, 2.416 in 2014 und 3.474 im vergangenen Jahr. 514 Anträge wurden von den Finanzämtern abgelehnt und derzeit werden weitere 1.754 analysiert. Die Mehrheit der Anträge kommen von Rentnern, vor allem aus Frankreich, Schweden und Finnland. Alleine im Jahr 2014 erhielten 801 Rentner den Sonder-status, davon 327 Franzosen, 128 Schweden und 87 Finnen. Weitere Interessenten kommen aus Deutschland, England, Brasilien und Tunesien. Der Anreiz für Berufstätige scheint hingegen gering zu sein. Sie sind nur ein kleiner Teil der Antragsteller. Vorrangig vertretene Berufsgruppen sind Manager, Ingenieure und Informatiker.
„Einige kommen wegen des Klimas, der Strände, der Sicherheit und der im Vergleich zu einigen anderen Ländern niedrigen Lebenshaltungskosten, aber die Mehrheit hat Portugal wegen dieser steuerlichen Begünstigung gewählt, die sie für 10 Jahre in Portugal und in ihrem Heimatland von Steuern auf ihre Ruhegehälter befreit“, so Dennis Green vom Beratungsunternehmen Eurofinesco.
Doch welche Vorteile hat Portugal von dieser Steuerbefreiung? Das Land zieht wohlhabende Rentner an, die sich ohne diesen Anreiz eventuell nicht überlegen würden nach Portugal zu ziehen, und die hier zwar keine Steuer auf ihre Einkommen zahlen, dafür aber Grundsteuer und schließlich als Konsumenten die Mehrwert-steuer, welche die wichtigste Einnahmequelle des Staates darstellt. Vom Immobilien- über den Golf- bis zum Gesundheitssektor vermerken alle die positiven Folgen dieser Maßnahme.
Miguel Poisson, Vorsitzender des Immobilienmaklers ERA Portugal, erklärte, die Büros der Gruppe registrierten seit 2013 eine höhere Nachfrage von Ausländern. Dies sei dem steuerlichen Sonderstatus zu verdanken. Die Mehrheit der Kunden seien Franzosen und würden sich für Immobilien im Zentrum von Portugal interessieren. Auch im Bereich Freizeit sind die positiven Folgen der Steuerbefreiung sichtbar: 2015 waren 26 % aller Golfclub-Mitglieder in Portugal Ausländer, die meisten aus England und Deutschland. An der Marina von Vilamoura belegen in Portugal ansässige Ausländer, vor allem Engländer und Niederländer, 83,6 % der Liegeplätze.
Wer hier lebt, nimmt natürlich die ärztliche Versorgung in Anspruch. Die Gruppe Espírito Santo Saúde sah die Anzahl ihrer ausländischen Patienten von zirka 7.000 im Jahr 2009 auf 18.000 im Jahr 2013 steigen. Auch die Gruppe HPP Saúde verzeichnet vor allem in der Algarve immer mehr ausländische Patienten, von denen die meisten aus England, Irland und den USA kommen.
Angesichts der Steigerung bei den gestellten Anträgen ist Luís Lima, Vorsitzender des portugiesischen Immobilienmakler-Verbands, sicher, dass diese Maßnahme „großes Potenzial“ hat und noch mehr Ausländer nach Portugal locken wird als das „Goldene Visum“. Letzteres wurde Anfang 2013 zur Wiederbelebung der Wirtschaft eingeführt und erlaubt ausländischen Investoren, bei einem Kapitaltransfer von mindestens einer Million Euro, der Schaffung von zehn Arbeitsplätzen oder dem Kauf von Eigentum in Höhe von mindestens 500.000 Euro das Aufenthaltsrecht für Portugal zu erwerben und somit auch Reisefreiheit im Schengen-Raum zu erlangen. Laut Lima wird der Sonderstatus zumeist von Europäern beantragt, während das „Goldene Visum“ vor allem von Chinesen und Russen erworben wurde.
Text: Anabela Gaspar
In ESA 04/16