Vor allem in ländlichen Regionen wie dem Alentejo kommt es vor, dass eine sog. Benfeitoria (auf Deutsch: Verwendung bzw. Aufwendung) „verkauft“ wird. Dabei wird bei dem „Käufer“ regelmäßig der Irrtum erzeugt, dass er eine Immobilie erwirbt. Der Experte im Immobilienrecht, Dr. Alexander Rathenau, klärt auf und rät dringend von solchen Geschäften ab
In meiner anwaltlichen Praxis werde ich wiederholt mit sog. Kaufverträgen (auch Kaufvorverträgen) über Benfeitorias (Verwendungen) konfrontiert. Die Überschrift dieser Verträge lautet i.d.R. „Kauf(vor)vertrag einer Gebäude-Benfeitoria“. In Wahrheit handelt es sich weder um einen Kauf noch um den Erwerb von Immobilieneigentum.
Im Alentejo gibt es viele große Agrargrundstücke, die nicht von deren Eigentümern, sondern von Dritten mit Gebäuden bebaut wurden bzw. werden. Dabei wird der Bau des Gebäudes regelmäßig mit der Zustimmung des Eigentümers vorgenommen. Derjenige, der das Gebäude errichtet hat oder das bereits bestehende Gebäude von dem ursprünglichen Erbauer übernommen und ggf. eigene Aufwendungen vorgenommen hat, hat ein Interesse daran, das Gebäude in den Wirtschaftsverkehr einzubringen, in dem er es „verkauft“, also zu Geld macht. Da ein Verkauf von Eigentum rechtlich nicht möglich ist, wie ich gleich ausführen werde, wird dem Geschäft der Wortlaut „Verkauf einer Benfeitoria“, also „Verkauf einer Verwendung“ gegeben. Dabei muss der „Käufer“ wissen, dass es in Wahrheit keinen Kaufgegenstand gibt. Der „Käufer“ erhält also kein Eigentum an einer beweglichen oder unbeweglichen Sache für sein Geld, insbesondere wird er nicht Eigentümer eines Gebäudes. Zieht der „Käufer“ in das Gebäude ein, kann er außerdem rechtliche Probleme bekommen, etwa im Falle einer Klage auf Herausgabe des Gebäudes durch den Eigentümer des Grundstücks.
Gegenstand der genannten Geschäfte soll eine sog. Benfeitoria sein. Eine Benfeitoria ist eine Verwendung auf die Sache (Art. 216 Código Civil; kurz CC). Verwendungen sind Aufwendungen, die einer Sache zugutekommen sollen, die sie also verbessern, in ihrem Bestand erhalten oder wiederherstellen sollen. Es wird zwischen notwendigen (benfeitorias necessárias), nützlichen (benfeitorias úteis) und Luxusaufwendungen (benfeitorias voluptuárias) differenziert.
Eine notwendige Verwendung liegt z. B. vor, wenn die Badewanne im Bad bricht und eine neue Wanne eingebaut wird. Eine solche Investition kann nicht Gegenstand eines Kaufgeschäftes sein. Derjenige, der die Verwendung auf seine Kosten vorgenommen hat, kann allenfalls einen Anspruch gegen den Eigentümer der Immobilie auf Erstattung der damit verbundenen Kosten haben. Eine Verwendung kann demnach nicht Gegenstand eines Kaufgeschäftes sein. Dies aus einem einfachen Grund: Wie im BGB (§ 90 BGB) ist der Begriff der Sache im Allgemeinen Teil des CC geregelt. Gem. Art. 202 Abs. 1 des CC ist unter „Sache“ (coisa) alles zu verstehen, was Gegenstand von Rechtsverhältnissen sein kann. Der Sachbegriff wird in Art. 203-216 des CC weiter konkretisiert. Es wird zwischen beweglichen und unbeweglichen Sachen unterschieden. Zu den unbeweglichen Sachen zählen gem. Art. 204 Abs. 1 des CC ländliche und urbane Grundstücke, Gewässer, Bäume, Sträucher und natürliche Früchte, die den vorgenannten Sachen innewohnenden Rechte sowie Bestandteile der ländlichen und urbanen Grundstücke. Zu den Bestandteilen einer unbeweglichen Sache gehören gem. Art. 204 Abs. 3 des CC alle beweglichen Sachen, die dauerhaft mit dem Grundstück materiell verbunden sind. Dazu zählen vor allem Gebäude. Derjenige, der ein Gebäude auf fremden Grund errichtet oder eine Verwendung, also eine Benfeitoria, am Gebäude vornimmt, erwirbt nicht das Eigentum am Gebäude oder an Teilen des Gebäudes. Das Gebäude bzw. alle dauerhaft mit dem Grundstück verbundenen Sachen fallen per Gesetz in das Eigentum des Immobilieneigentümers.
Der sog. industrielle Zuwachs bei unbeweglichen Sachen (acessão industrial imobiliária) betrifft die Verbindung von beweglichen Sachen mit Grundstücken. Wer auf einem fremden Grundstück ein Bauwerk errichtet, verliert sein Eigentum an den Baumaterialien, d. h. der Eigentümer des Anwesens wird Eigentümer des errichteten Gebäudes, da dieses mit seinem Boden verbunden ist. Dabei unterscheidet das Gesetz dazwischen, ob derjenige, der die Verwendung vorgenommen bzw. das Gebäude errichtet hat, zum Zeitpunkt der Vornahme der Investition wusste (= bösgläubig) oder nicht wusste (= gutgläubig), dass der Grund jemanden anders gehörte.
Wer gutgläubig ein Bauwerk auf fremdem Grund errichtet, wird Eigentümer des Grundes, wenn der Gesamtwert des Grundstücks mit dem Bauwerk höher ist als der Ursprungswert des Grundstücks. Er hat dem Ursprungseigentümer aber den Wert des Grundstücks zu ersetzen (Art. 1340 Abs. 1, 4 CC). Anderenfalls erwirbt der Grundstückseigentümer das Eigentum am Bauwerk und ist dem anderen Teil zum Wertersatz verpflichtet (Art. 1340 Abs. 3 CC).
Liegt Bösgläubigkeit vor, ist der Handelnde verpflichtet, das Bauwerk zu beseitigen und ggf. Schadensersatz zu leisten. Der Grundstückseigentümer kann sich auch dazu entscheiden, das Bauwerk stehen zu lassen und dem anderen Teil nach den Regeln über eine ungerechtfertigte Bereicherung Wertersatz zu leisten (Art. 1341 CC).
Damit derjenige, der das Werk gutgläubig errichtet hat, sein Eigentumserwerb nachweisen kann, muss er sein Eigentumsrecht grundsätzlich von einem Gericht bestätigen lassen. Das kommt in den typischen Fällen eines „Benfeitoria-Verkaufs“ nicht vor. Es gibt demnach bei diesen Geschäften keinen Kaufgegenstand.
Aber auch wenn dem so wäre, d. h. der „Verkäufer“ theoretisch in der Lage wäre, dem „Käufer“ das Eigentum an dem Gebäude bzw. der Immobilie zu verschaffen, so wären die meisten Verträge aus formellen Gründen nicht durchführbar. Laut Gesetz muss der Verkäufer eines Gebäudes nämlich nachweisen, dass das Gebäude baurechtlich legal ist, anderenfalls kein Verkauf möglich ist. Entweder wurde für das Gebäude eine ordnungsgemäße Nutzungsbescheinigung baurechtlicher Natur ausgestellt oder es wird nachgewiesen, dass das Gebäude, welches Gegenstand des Vertrages ist, vor dem Inkrafttreten des Allgemeinen Baugesetzbuches in dem Gemeindegebiet errichtet wurde. Stichtag ist hier regelmäßig der 7.8.1951, kann aber je nach Gemeindegebiet variieren. Gebäude, die in einem „Benfeitoria-Kaufvertrag“ genannt sind, wurden i.d.R. (zumindest teilweise) baurechtlich illegal errichtet, es handelt sich also wiederholt um Schwarzbauten, die am Wirtschaftsverkehr nicht teilnehmen dürfen.
Wer einen „Benfeitoria-Kaufvertrag“ abgeschlossen hat, kann diesen außerdem regelmäßig wirksam vor Gericht aufgrund eines Willensmangels anfechten. Ein sog. Inhaltsirrtum ist gegeben, wenn der Erklärende bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren inhaltliche Aussage irrte. Derjenige irrt nicht darüber, dass er etwas erklärt, sondern darüber, was er erklärt. Art. 251 des CC nennt darüber hinaus den Irrtum über die Person des Empfängers und den Gegenstand des Rechtsgeschäftes. Die Anfechtungsfrist beträgt in den genannten Irrtumsfällen ein Jahr (Art. 287 Abs. 1 CC). Sie beginnt, sobald der Anfechtungsberechtigte vom Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Es genügt nicht, die Anfechtung gegenüber dem Anfechtungsgegner zu erklären; vielmehr muss – anders als im deutschen Recht – eine ordentliche Anfechtungsklage erhoben werden. Durch die wirsame Anfechtung wird das Rechtsgeschäft nach Art. 289 Abs. 1 des CC grundsätzlich rückwirkend vernichtet. Erbrachte Leistungen, wie der gezahlte „Kaufpreis“, sind rückabzuwickeln.
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass derjenige, der auf fremden Grund ein Gebäude errichtet oder Verwendungen an einem Gebäude auf fremden Grund vornimmt, durch den Erwerb eines Erbbaurechts (direito de superfície) vermeiden kann, dass das Eigentum an diesen Materialien in das Eigentum des Grundstückseigentümers fällt. Das Erbbaurecht ist das Recht des Erbbauberechtigten, gegen Zahlung eines Entgeltes auf einer fremden Bodenoberfläche ein Bauwerk zu errichten oder zu unterhalten. Anstelle eines Bauwerkes kann es sich auch um Anpflanzungen handeln.
In ESA 10/2023
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