Die Vermietung einer Wohnimmobilie setzt in Portugal eine sog. Alojamento Local-Lizenz voraus. Bevor man diese Lizenz einholt und das damit einhergehende Gewerbe anmeldet, ist eine anwaltliche Beratung ratsam. Nach der Beendigung der Vermietungstätigkeit ist die Wertsteigerung der Immobilie nämlich innerhalb der Vermietungsdauer als Veräußerungsgewinn zu versteuern. Der Experte im Immobilien- und Steuerrecht, Rechtsanwalt und advogado Dr. Alexander Rathenau, erläutert
Bei Beginn der AL-Gewerbetätigkeit wird die vermietete Immobilie als Betriebsvermögen eingestuft bzw. vom Privatvermögen in das Betriebsvermögen überführt. Bei Beendigung der AL-Vermietung wird sodann ein Verkauf aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen simuliert, der zu einer Steuerzahlung führen kann. Die Beendigung der AL-Gewerbetätigkeit erfolgt spätestens mit dem Verkauf der Immobilie, da mit dem Verkauf die Aufgabe des Gewerbes einhergeht.
Aufgrund der Komplexität der Gewinnermittlung bei Aufgabe der Vermietung an Touristen, werden die wichtigsten Befunde anhand des folgenden Beispiels erläutert:
Der ledige Anton entschied sich am 1.6.2012 seine Villa in Lagos an Touristen zu vermieten (AL-Gewerbe). Diese Villa hat er von seinen Eltern geerbt: 1975 verstarb bereits seine Mutter und hinterließ ihm 50 % und 1992 verstarb sein Vater und hinterließ ihm die restlichen 50 %. Der Verkehrswert der Immobilie am 1.6.2012 betrug € 750.000. Der Anteil der Mutter hatte bei ihrem Ableben einen Steuerwert von € 500 und der Anteil seines Vaters hatte bei seinem Ableben einen Steuerwert von € 2.500.
Am 31.12.2016 entschied sich Anton das AL-Gewerbe aufzugeben und die Immobilie langfristig zu vermieten. Vom April bis September 2017 vermietete er die Immobilie zu einem Mietpreis von € 3.500/Monat.
Nach der Beendigung der Vermietung, d. h. Anfang September 2017, entschied er sich, die Immobilie mit Hilfe eines Maklers zu verkaufen. Im Oktober 2017 wurde er mit einem Interessenten handelseinig und am 30.12.2017 verkaufte er die Villa für € 1.000.000. Dem Makler zahlte er eine Provision von € 50.000.
Wie ist dieser Sachverhalt steuerlich zu behandeln? Steuerrechtlich betrachtet müssen in diesem Beispiel drei verschiedene Zeiträume auseinandergehalten werden. Diese drei Zeiträume werden in folgender Übersicht skizziert:
Zeitraum 1: Gewinn im Rahmen der Veräußerung in dem Zeitraum zwischen dem Erwerb der Immobilie und der Übertragung der Immobilie in das Betriebsvermögen. Der Gewinn ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Anschaffungswert (Erwerb der Immobilie) und dem Veräußerungswert (Verkehrswert der Immobilie bei Übertragung in das Betriebsvermögen)
A. Veräußerungswert. Zwecks Ermittlung des Veräußerungswertes ist hier der Verkehrswert der Immobilie zum Zeitpunkt der Überführung der Immobilie in das Betriebsvermögen, d. h. am 1.6.2012 bei Beginn mit dem AL-Vermietungsgewerbe, zu ermitteln. Dieser betrug am 1.6.2012 € 750.000. Da Anton jedoch 50 % der Immobilie – durch die Erbschaft seiner Mutter – 1975 erwarb, d. h. vor dem Inkrafttreten des portugiesischen Einkommensteuergesetzes am 1.1.1989, unterliegt dieser Anteil nicht der Besteuerung. Deshalb beträgt der Veräußerungswert nur 50 % von € 750.000, d. h. € € 375.000.
B. Anschaffungswert. Der Anschaffungswert betrug den Steuerwert des Anteils an der Immobilie, den Anton von seinem Vater geerbt hat. Dieser belief sich zum Zeitpunkt des Ablebens seines Vaters auf € 2.500. Der Steuerwert des Anteils an der Immobilie, der seiner Mutter gehört, bleibt hier außer Betracht, da dieser Anteil – wie im vorherigen Absatz beschrieben – nicht der Besteuerung unterliegt. Dieser Steuerwert von € 2.500 wird noch mit einem 1,82-Faktor inflationsbereinigt und ergibt somit € 4.550.
Somit beträgt der Gewinn: € 375.000 (Veräußerungswert) – € 4.550 (Anschaffungswert) = € 370.450. Laut Gesetz wird ein Gewinn aus einem Immobilienverkauf jedoch nur zu 50 % besteuert. Steuerbürger, die ihren steuerlichen Sitz in einem EU-Staat haben, können optieren, wie ein in Portugal ansässiger Steuerbürger besteuert zu werden, sodass auch nur 50 % des Gewinnes der Steuer unterliegen. Unabhängig davon, in welchem Staat Anton steuerlich ansässig war, ist deshalb im Ergebnis festzustellen, dass der Gewinn im obigen Beispiel (€ 370.450 : 2 =) € 185.225 beträgt. Dieser Gewinn unterliegt dem allgemeinen progressiven Steuersatz.
Zeitraum 2: Gewinn im Rahmen des Gewerbes (Kategorie B) – Zeitraum der AL-Vermietung
A. Veräußerungswert. Als Veräußerungswert wird hier der erzielte Preis von € 1.000.000 herangezogen. Zwar kommt es genau genommen auf den Verkehrswert der Immobilie zum Zeitpunkt der Überführung in das Privatvermögen an. Da die Überführung der Immobilie in das Privatvermögen jedoch am 1.1.2017 mit Aufgabe der (klassischen) Vermietung und der Verkauf nur drei Monate später erfolgte, zieht das Finanzamt als Verkehrswert die erzielten € 1.000.000 heran. Als Zeitpunkt der Überführung der Immobilie in das Privatvermögen wird der Zeitpunkt der Aufgabe der (klassischen) Vermietung (1.10.2017) anstatt der Zeitpunkt der Beendigung des AL-Vermietungsgewerbes (31.12.2016) angesehen, weil laut Gesetz ausnahmsweise dann keine Überführung der Immobilie in das Privatvermögen angenommen wird, wenn der Steuerbürger sich dazu entscheidet, die Immobilie in die klassische Vermietung zu überführen.
B. Anschaffungswert. Als Anschaffungswert gelten die genannten € 750.000, d. h. der Verkehrswert der Immobilie zum Zeitpunkt des Beginns des AL-Vermietungsgewerbes (1.6.2012). 25 % dieses Betrages unterliegt der Abschreibung, d. h. (€ 750.000 – 25 % =)
€ 562.500. Der Anschaffungswert für das Grundstück (ohne Gebäude) beträgt € 187.500 (25 % von € 750.000) und unterliegt keiner Abschreibung. Die Abschreibung berechnet sich wie folgt: € 562.500 x Faktor 0,25 = € 140.625 : 2 (da 50 % nicht der Steuer unterliegen, s. o.) = € 70.312,50. Somit beträgt der Anschaffungswert (€ 750.000 – € 70.312,50 =) € 679.687,50.
Hinzu kommt noch eine Inflationsbereinigung mit dem Faktor 1,01, sodass am Ende der Gewinn € 313.515,63 beträgt: € 1.000.000 (Veräußerungswert) – € 679.687,50 X 1,01 (Inflationsbereinigung; ergibt € 686.484,37) = € 313.515,63. Dieser Gewinn unterliegt dem allgemeinen progressiven Steuersatz.
Zeitraum 3: Gewinn im Rahmen des Verkaufes der Immobilie aus dem Privatvermögen (Kategorie G).
A. Veräußerungswert. Der Veräußerungswert beträgt hier € 1.000.000, d. h. der erzielte Erlös aus dem Verkauf der Immobilie
B. Anschaffungswert. Der Anschaffungswert beträgt ebenso € 1.000.000 (s. o. unter „Zeitraum 2 – Veräußerungswert“. Hinzugerechnet werden noch die € 50.000, welche an Maklerprovision von Anton gezahlt wurden. Eine Inflationsbereinigung findet nicht statt, da zwischen dem Erwerb (1.10.2017) und der Veräußerung (30.12.2017) keine 24 Monate liegen.
Der Gewinn ergibt somit (€ 1.000.000 – € 1.050.000 =) – € 50.000: 2 (es werden nur 50 % des Gewinnes besteuert, s. o. unter „Zeitraum 1“ a. E.) = – € 25.000. Dieser Negativ-Betrag von – € 25.000 wird im Rahmen der Steuer im oben dargestellten „Zeitraum 1“ berücksichtigt.
Alle drei dargestellten steuerlich relevanten Zeiträume musste Anton in seiner Steuererklärung (Modelo 3) für das Jahr 2017 angeben: Die in den Zeiträumen 1 und 3 genannten Fakten in der Anlage G und die des Zeitraumes 2 in der Anlage B (im Falle der einfachen Buchhaltung) oder C (im Falle der geordneten Buchhaltung).
Es gibt Wege, dieses hohe Steuerrisiko auszuschließen. Dafür sollte man vor der Beantragung der AL-Vermietungslizenz (oder noch besser vor dem Kauf der Immobilie, die man gewerblich an Touristen vermieten möchte) fachliche Beratung einholen.
Text: DR. ALEXANDER RATHENAU in ESA 11/2020