Sog. Offshore-Gesellschaften sind dem portugiesischen Staat ein Dorn im Auge, da diese regelmäßig zur Steuervermeidung verwendet werden. Am 1.1.2021 wurde die Rechtslage verschärft. Der Experte im portugiesischen und internationalen Steuerrecht, Dr. Alexander Rathenau, erläutert den dringenden Handlungsbedarf
Mit „Offshore-Gesellschaften“ sind in diesem Beitrag solche Gesellschaften gemeint, die ihren Sitz in der sog. schwarzen Liste der sog. Steuerparadiese haben. Dabei handelt es sich u. a. um folgende Staaten: Anguilla; Antigua und Barbuda; Niederländische Antillen; Aruba; Bahamas; Bahrain; Barbados; Belize; Bermuda-Inseln; Bolivien; Brunei; Kanalinseln (Alderney, Guernsey, Jersey, Great Stark, Herm, Little Sark, Brechou, Jethou und Lihou); Kaiman-inseln; Caicos-Inseln; Costa Rica; Dschibuti; Dominica; Vereinigte Arabische Emirate; Falklandinseln; Fidschi; Gambia; Grenada; Gibraltar; Guyana; Guam, Honduras; Hongkong; Jamaika; Jordanien; Kuwait; Libanon; Libyen; Swasiland, Malediven; Isle of Man; Nördliche Marianen; Marshallinseln; Mauritius; Monaco; Montserrat; Nauru; Weihnachtsinseln; Norfolkinsel; Sultanat von Oman; Palau-Inseln; Panama; Französisch-Polynesien; Puerto Rico; Katar; Salomonen; Amerikanisch-Samoa; St. Vincent und die Grenadinen; Seychellen; Swasiland; Spitzbergen-Archipel; Tonga; Trinidad und Tobago; Uruguay; Britische Jungferninseln; Jungferninseln der Vereinigten Staaten von Amerika; Arabische Republik Jemen.
Andere Staaten, wie die USA (großer Beliebtheit für die Gründung von Gesellschaften erweist sich der Heimatstaat des aktuellen US-Präsidenten Delaware), sind nicht in der schwarzen Liste aufgeführt. Auch sind Malta und die Sonderwirtschaftszone Madeira keine Steuerparadiese in diesem rechtlichen Sinne.
Bisher wurden ausschließlich Gesellschaften mit Sitz in einem der o. g. Staaten mit einer sehr hohen Steuer „bestraft“, die eine Immobilie in Portugal erwerben bzw. erworben haben. Diese „Strafsteuer“ betraf (und betrifft auch weiterhin) die Grunderwerbsteuer (kurz: IMT) beim Kauf der Immobilie, die jährliche Grundsteuer (kurz: IMI) und die sog. Zusatzsteuer zur regulären Grundsteuer (kurz: AIMI) nach dem Immobilienerwerb. Beispiel: Die Gesellschaft mit Sitz in Liechtenstein kauft eine Immobilie zu einem Kaufpreis i.H.v. € 600.000, die einen Steuerwert i.H.v. € 450.000 (der Steuerwert geht aus dem amtlichen Steuerauszug der Immobilie hervor) hat. Anstatt der üblichen Grunderwerbsteuer i.H.v. 6 % bei einem Kaufpreis i.H.v. € 600.000 (= € 36.000) fällt eine Grunderwerbsteuer i.H.v. 10 % an (= € 60.000), d. h. die „Strafsteuer“ beträgt hier € 24.000. Anstatt der üblichen Grundsteuer von durchschnittlich 0,4 % des Steuerwertes, d. h. im vorliegenden Beispiel (0,4 % von € 450.000 =) € 1.800, fällt eine Grundsteuer i.H.v. 7,5 % des Steuerwertes an, d. h. im vorliegenden Fall (7,5 % von € 450.000 =) € 33.750. Die Höhe der „Strafsteuer“ beträgt hier stolze € 31.950, die auch noch jedes Jahr gezahlt werden muss. Die genannte Grunderwerbsteuer fällt hingegen nur einmal beim Kauf an. Hinzu kommt die ebenso jährlich anfallende sog. Zusatzsteuer zur regulären Grundsteuer, die anstatt „nur“ 0,7 % (0,7 % von € 450.000 =) € 3.150, ebenso stolze 7,5 % beträgt, d. h. weitere € 33.750. Die Strafsteuer im Rahmen dieser sog. Zusatzsteuer zur regulären Grundsteuer beträgt hier somit € 30.600. Fazit: Allein aufgrund der Tatsache, dass die Gesellschaft, welche die Immobilie kauft, ihren Sitz in einem der o. g. Staaten hat, muss sie beim Erwerb der Immobilie einmalig € 24.000 und nach dem Erwerb jedes Jahr (!) sage und schreibe (€ 31.950 an Grundsteuer + € 30.600 an Zusatzsteuer zur regulären Grundsteuer =) € 62.550 mehr an Steuern zahlen, als würde sich ihr Sitz in einem Staat befinden, der nicht in der „schwarzen Liste“ aufgeführt ist.
Sehr viele ausländische Gesellschaften, die in Portugal Immobilieneigentum besitzen, hatten vor einigen Jahren noch ihren Sitz auf Gibraltar. Als bekannt wurde, dass Gibraltar als Steuerparadies im rechtlichen Sinne klassifiziert und in der „schwarzen Liste“ aufgenommen wurde, wurde der Sitz der meisten dieser Gesellschaften nach Delaware/USA verlegt. Manche Gesellschafter entschieden sich hingegen die portugiesische Immobilie von der Gesellschaft in das Privatvermögen zu überführen. Auch dadurch wurde das Steuerproblem im Zusammenhang mit der horrenden Grundsteuer und Zusatzsteuer zu der regulären Grundsteuer gelöst.
Viele Investoren, darunter auch zahlreiche Privatpersonen, die Ferienimmobilien im Algarve (vor allem in Quinta do Lago und Vale do Lobo), in Lissabon und auf Madeira erwarben, sahen aber weiterhin Vorteile darin, mittels Gesellschaften, die ihren Sitz in einem Steuerparadies im rechtlichen Sinne haben, in portugiesische Immobilien zu investieren. Eine Offshore-Gesellschaft führt nämlich zu einem Haftungsschutz ohne Stammkapitalpflicht und zur Steuerbefreiung im Sitzstaat. Ferner besteht i. d. R. keine Buchführungs- und Bilanzierungspflicht (d. h. keine Buchhalter- oder Steuerberaterkosten) und sie gewährleistet eine unbürokratische Übertragung der Aktien auf den/die Erben im Todesfalle. Vor dem Inkrafttreten des obligatorischen Transparenzregisters in Portugal im Jahr 2017, wurde als weiterer Vorteil die Anonymität der ausländischen Gesellschaft hervorgehoben, da es kein öffentliches Handelsregister gibt. Mit dem Inkrafttreten des obligatorischen Transparenzregisters in der Europäischen Union dürfte die Anonymität nunmehr kein entscheidendes Kriterium mehr sein. Diese Investoren haben aber fortan den direkten Kauf der portugiesischen Immobilie durch ihre Offshore-Gesellschaften vermieden. Um die „Strafbesteuerung“ zu umgehen, haben die Offshore-Gesellschaften vielmehr portugiesische Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Aktiengesellschaften oder ausländische Gesellschaften mit Sitz in einem Staat, der nicht in der schwarzen Liste genannt ist, gegründet. Da in Portugal Einmann-GmbHs erlaubt sind, wurde als einziger Gesellschafter der portugiesischen GmbH regelmäßig die ausländische Gesellschaft eingesetzt. Es existieren deshalb viele portugiesische (und ausländische) Gesellschaften, deren Gesellschafter bzw. Aktionäre Offshore-Gesellschaften sind. Als Käufer der Immobilien sind nicht mehr die Offshore-Gesellschaften direkt, sondern die portugiesischen oder ausländischen Gesellschaften, die von diesen Offshore-Gesellschaften gehalten bzw. kontrolliert werden, in Erscheinung getreten.
Der portugiesische Gesetzgeber hat -diesem indirekten Immobilienkauf durch eine Off-shore-Gesellschaft nunmehr den Kampf angesagt. Seit dem 1.1.2021 fällt die o. g. hohe Grunderwerbsteuer i.H.v. 10 % und die hohe jährliche Grundsteuer i.H.v. 7,5 % auch dann an, wenn die Immobilie einer portugiesischen oder ausländischen Gesellschaft gehört, die durch eine Offshore-Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar dominiert oder kontrolliert wird. Letzteres wird vermutet, wenn die Offshore-Gesellschaft mehr als 50 % des Stammkapitals der Gesellschaft hält bzw. über 50 % der Stimmrechte besitzt oder in der Lage ist, mehr als die Hälfte der Geschäftsführer bzw. Vorstandsmitglieder oder der Mitglieder des Aufsichtsorgans der Gesellschaft zu benennen. Die sog. Zusatzsteuer zur regulären Grundsteuer wurde hingegen nicht auf diese Fallkonstellationen angehoben, sodass es bei dem allgemeinen jährlichen Satz von 0,7 % bleibt, wenn die Immobilie nicht direkt im Eigentum der Offshore-Gesellschaft steht. Das ist eine wichtige Feststellung, da der Stichtag für die Berechnung der Zusatzsteuer zur regulären Grundsteuer der 1.1.2021 ist und man hier keine Maßnahmen mehr hätte ergreifen können, um die „Strafbesteuerung“ zu vermeiden. Die allgemeine Grundsteuer stellt hingegen auf den 31.12.2021 ab, d. h. es kommt darauf an, wer Ende 2021 Eigentümer der Immobilie ist. Die Grundsteuer 2021 wird erst im Laufe des Jahres 2022 fällig. Wer demnach eine Immobilie in Portugal besitzt, die durch eine portugiesische oder ausländische Gesellschaft gehalten und durch eine Offshore-Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar dominiert oder kontrolliert wird, sollte sich so bald wie möglich beraten lassen. Bis Ende des Jahres 2021 muss die Änderung vollzogen und öffentlich gemacht werden. Dabei ist der beste Weg, insbesondere aus steuerlicher und erbrechtlicher Sicht, herauszuarbeiten. In Betracht kommen u. a.: i) Verlegung des Sitzes der Offshore-Gesellschaft, ii) Änderung der Mehrheitsverhältnisse am Stammkapital bzw. Veräußerung des Anteils an eine natürliche oder juristische Person und iii) Überführung der Immobilie in das Privatvermögen. Lassen Sie sich professionell beraten.
In ESA 11/2021