Die meisten Interessenten wenden sich bei der Immobiliensuche an Makler, die in Portugal operieren. Rechtsanwalt und advogado Dr. Alexander Rathenau, Experte im Immobilienrecht, erläutert, was ein Kaufinteressent wissen und auf was er achten sollte
1. Wie finde ich die geeignete Immobilie zum Kauf?
In der Regel empfiehlt sich, einen oder mehrere Immobilienmakler zu kontaktieren. Sie sollten so genau wie möglich beschreiben, was Sie suchen (Haus/Apartment, Lage, Anzahl der Schlafzimmer, Schwimmbad, Preisspanne, etc.).
Weit über 6.000 lizenzierte Immobilienmakler sind derzeit in Portugal tätig, die Hälfte davon in den Großstädten Lissabon und Porto. In der Algarve dürften es ca. 1.000 sein. Nahezu alle Makler sind im Internet vertreten. Prüfen Sie, ob der Makler lizenziert ist, in dem Sie seine Zulassungsnummer (sog. AMI-Nummer; diese muss auf der Webseite stehen) unter impic/pt-pt/consultar/empresas-titulares-de-licenca-de-mediacao-imobiliaria eingeben (im Feld Nº Licença eingeben und auf pesquisar drücken). Es kann ratsam sein, sich zunächst nur für einen Makler zu entscheiden, der sich darum bemüht, die geeignete Immobilie für Sie zu finden. Weiß der Makler nämlich, dass Sie vorerst nur mit ihm in Kontakt stehen, kann dies ein besonderer Anreiz sein, für Sie das Passende zu finden. Aus der Sicht des Maklers besteht dann nicht die immanente Gefahr, dass Sie bei der Konkurrenz fündig werden. Der Immobilienmarkt ist umkämpft.
2. Bin ich als Kaufinteressent zur Zahlung einer Maklerprovision verpflichtet?
Nein. Der Makler schließt in aller Regel den Maklervertrag mit dem Verkäufer der Immobilie ab. Nur sein Vertragspartner, d.h. der Verkäufer, schuldet eine Maklerprovision. Anders ist es allerdings, falls Sie als Kaufinteressent einen Suchauftrag erteilen. Dieser Suchauftrag setzt aber den Abschluss eines schriftlichen Maklervertrages, der verschiedene Klauseln (u.a. zur Höhe der Provision und Haftpflichtversicherung des Maklers) enthält, zwingend voraus. Dies kommt in Portugal nur sehr selten vor. Schriftverkehr, wie E-Mail-Korrespondenz, genügt nicht. Ein Suchauftrag im rechtlichen Sinne, der einen Anspruch auf Provisionszahlung gegen Sie begründet, entsteht durch Ihre Korrespondenz mit dem Makler nicht.
3. Kann vereinbart werden, dass die Maklerprovision zwischen Verkäufer und Interessenten aufgeteilt wird?
Nein. Der Makler darf die Provision nur von einer Seite erhalten. In der Praxis ist sein Vertragspartner, wie unter 2. erläutert, in aller Regel der Verkäufer der Immobilie. Vom Interessenten darf er keine Provisionszahlung annehmen.
4. Bin ich als Interessent „Kunde“ des Maklers?
Nein. „Kunde“ (auf portugiesisch: cliente) ist allein derjenige, der den schriftlichen Maklervertrag mit dem Makler abschließt. Sie als Interessent stehen nämlich in keiner vertraglichen Beziehung zum Makler, es sei denn, Sie haben mit ihm einen wirksamen Maklervertrag in Form eines Suchauftrags, wie unter 2 erläutert, abgeschlossen. Makler bezeichnen aber Interessenten regelmäßig als „Kunden“. Als Interessent sind Sie für den Makler jedenfalls ein potentieller Kunde, sollten Sie sich nämlich später entscheiden, die Immobilie wieder zu verkaufen, hofft er auf einen Auftrag.
5. Kann der Makler meine rechtlichen Interessen vertreten?
Nein. Aus folgenden Gründen kann der Makler Ihre rechtlichen Interessen nicht vertreten:
a) Makler haben keine Fachkenntnis; Fachkenntnis haben Rechtsanwälte. Nur ein Rechtsanwalt kann Ihre rechtlichen Interessen vertreten;
b) Rechtliche Beratung, einschließlich jeder Form von Vertragsgestaltung (betrifft bei Kaufgeschäften insbesondere auch den Kaufvorvertrag), ist Rechtsanwälten gesetzlich vorbehalten. Verstößt der Makler gegen das Beratungsverbot, steht eine Straftat im Raum;
c) Der Makler wird vom Verkäufer bezahlt und sein Provisionsanspruch entsteht mit Abschluss des Kaufgeschäftes. Glauben Sie, dass im Falle eines rechtlichen Problems alle Makler Ihnen vom Kauf abraten, wenn diese dadurch ihren Provisionsanspruch verlieren? Die Praxis belegt, dass dem nicht so ist. Die Maklertätigkeit ist mit einer rechtlichen Beratung nicht zu vereinbaren. Deshalb darf ein Rechtsanwalt laut seiner Berufsordnung auch nicht gleichzeitig als Makler tätig sein.
6. Der Makler verlangt von mir, eine Reservierungsvereinbarung zu unterzeichnen und als Zeichen meines Kaufinteresses € 1.000 zu überweisen. Was soll ich tun?
Bereits der Wortlaut der Reservierungsvereinbarung sollte anwaltlich überprüft werden. Sie sollten nicht die Gefahr eingehen, die € 1.000 zu verlieren, sollten Sie sich aus irgendeinem Grund nicht zum Kauf entscheiden. Die Reservierung stellt noch keinen verbindlichen Kauf(vor)vertrag dar. Die Reservierung führt in der Regel nur dazu, dass der Makler die Immobilie für einen gewissen Zeitraum aus der Vermarktung nimmt.
7. Der Makler meint, a) dass ich keinen Rechtsanwalt benötige, da „sein Anwalt“ alles erledigen wird; b) dass ich keinen Rechtsanwalt benötige, da der Notar alles erledigen wird; c) er einen „guten Rechtsanwalt“ empfiehlt. Was soll ich von diesen Aussagen halten?
Rechtsanwälte sind Interessenvertreter. Der Rechtsanwalt des Maklers (und natürlich auch der Rechtsanwalt des Verkäufers) wird deshalb nicht Ihre Interessenten vertreten können. Leider geraten viele Käufer immer wieder in diese „Falle“. Da Notare in Portugal keine klassische Rechtsberatung, sondern vielmehr reine Beurkundungsakte vornehmen, kann der Notar den Rechtsanwalt nicht ersetzen. Empfiehlt der Makler Ihnen einen Rechtsanwalt, sollten Sie prüfen, ob er auch wirklich Ihre Interessenten vertreten wird. Handelt es sich um einen Rechtsanwalt, der auf das Immobilienrecht spezialisiert ist und einen gewissen Bekanntheitsgrad hat, ist die Wahrscheinlichkeit erfahrungsgemäß höher, dass er Ihre Interessenten vertreten wird und nicht die rechte Hand des Maklers ist. Leider gibt es Rechtsanwälte, die wirtschaftlich in einem Abhängigkeitsverhältnis zu Maklern stehen und deshalb im Zweifel nicht Ihre, sondern die Interessen des Maklers vertreten werden.
8. Der Makler trägt vor, dass ich als Käufer die Anwaltskosten trage und die Vergütung eines Rechtsanwalts für die Abwicklung des Kaufgeschäfts 1 % der Kaufsumme beträgt. Stimmt das?
Die erste Behauptung ist irreführend, da in der Regel sowohl der Käufer als auch der Verkäufer seinen eigenen Rechtsanwalt beauftragt. Jeder zahlt den Rechtsanwalt, den er beauftragt hat. Ein Rechtsanwalt kann grundsätzlich nicht Käufer und Verkäufer gleichzeitig vertreten; eine „Doppelvertretung“ ist nur in Ausnahmefällen denkbar. Die zweite Behauptung ist falsch. Der Makler kann nicht wissen, welche Vergütung der Rechtsanwalt für seine Arbeit ansetzen wird. Die Höhe der Vergütung hängt vom Einzelfall ab, auch wenn die Höhe des Kaupreises dabei eine Rolle spielen kann. Der Rechtsanwalt trifft auch keine Aussagen zur Höhe der Provision des Maklers. Makler handeln unprofessionell, wenn sie Aussagen zum Anwaltshonorar treffen. Solche Aussagen gehören zur Verkaufsstrategie und haben einen bitteren Beigeschmack: Manche Mak-ler tendieren dazu, dem Kaufinteressenten niedrige Kaufnebenkosten, wozu auch die Anwaltskosten gehören, vorzugaukeln, um den Interessenten nicht vom Kauf abzuhalten. Der Makler selbst berechnet vom Verkäufer hingegen hohe Provisionen: In der Regel mindestens 5 % (!) des Kaufpreises zzgl. 23 % MwSt. Wer solche Vergütungen erhält, sollte anderen Berufsträgern, wie Rechtsanwälten oder Gutachtern, nicht vorschreiben, was sie zu berechnen haben.
9. Kann sich der Makler mir gegenüber schadensersatzpflichtig machen?
Ja. Obwohl zwischen Ihnen als Kaufinteressent und dem Makler kein Vertragsverhältnis besteht, kann sich der Makler Ihnen gegenüber schadensersatzpflichtig machen. Es besteht nämlich ein sog. außervertragliches Schuldverhältnis. Die Schadensersatzpflicht des Maklers kann vor allem entstehen, wenn er seine Informationspflichten verletzt. Der Makler muss die Eigenschaften der Immobilie kennen. Laut Gesetz muss er die Angaben des Verkäufers zur Immobilie selbst überprüfen. Dazu gehört auch die Prüfung, ob der Verkäufer der Eigentümer bzw. in der Lage ist, die Immobilie zu verkaufen und ob auf der Immobilie Lasten (Pfändungen, Arreste, Hypotheken, etc.) ruhen. Der Makler muss z.B. prüfen, ob das Wohnhaus einschließlich Schwimmbad baurechtlich legal errichtet wurde. Stellt Ihr Rechtsanwalt fest, dass z.B. das Schwimmbad ohne Genehmigung errichtet wurde, können Sie gegen den Makler die bisher entstanden Kosten mit Ihrer Reise, Übernachtungen und angefallenen Rechtsanwaltskosten geltend machen. Aufgrund dieser Haftungsgefahr müssen Makler Haftpflichtversicherungen abschließen, die gerade auch Schäden, die bei Kaufinteressenten eintreten, abdecken.
Text: DR. ALEXANDER RATHENAU in ESA 04/2020