Die Niederlande war der erste Staat, der 2001 die „Homo-Ehe“ einführte. Portugal ermöglichte die Eheschließung zwischen zwei Menschen gleichen Geschlechts am 5. Juni 2010 und Deutschland seit dem 1. Oktober 2017. Deutschland und Portugal machten sich beide in der Hinsicht erfolgreich für die Gleichberechtigung von homosexuellen Paaren stark. Prinzipiell sind die Ehen, unabhängig vom Geschlecht der Eheleute, vollkommen gleichgestellt. Somit sollten diese die gleichen Rechte und Pflichten haben. Tatsächlich galt es aber bis vorheriges Jahr in Portugal eine letzte Hürde zu überwinden: Die Gleichstellung im Adoptionsrecht
1. Das Inkrafttreten des Gesetzes zum „Ende der Diskriminierung“ im Adoptionsrecht
Seit Juni 2010 ist die gleichgeschlechtliche Ehe in Portugal zulässig. Die Adoption blieb den homosexuellen Paaren aber verwehrt. Die Zulässigkeit der Adoption durch Ehe-leute des gleichen Geschlechts wurde ausdrücklich im Gesetz abgelehnt. Den betroffenen Eheleuten wurden somit die Rechte und Pflichten einer Ehe zugesprochen, allerdings mit einer entscheidenden Einschränkung im Adoptionsrecht.
Es folgte eine Reihe an Debatten und im November 2015 wurde positiv über einen ersten Gesetzesentwurf zur Änderung des Adoptionsrechts abgestimmt. Die vollkommene Gleichstellung wurde aber dadurch gehemmt, dass der Präsident im Januar 2016 von seinem Vetorecht Gebrauch machte und das Gesetz somit neu abgestimmt werden musste. Schlussendlich überstimmte das Parlament den Präsidenten und das Gesetz über das „Ende der Diskriminierung“ (Lei que „elimina as discriminações no acesso à adoção“) im portugiesischen Adoptionsrecht konnte in Kraft treten. Damit ist es Portugal erst 6 Jahre nach der Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe gelungen, die Gleichstellung im Adoptionsrecht zu erzielen.
In Deutschland gab es bis zum „Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts“ die Rechtsform der amtlich eingetragenen Lebenspartnerschaft. Im Rahmen dieser Partnerschaft wurden den homosexuellen Paaren schon fast alle Rechte und Pflichten von Eheleuten zugesprochen. Dazu gehörten beispielsweise das Besuchsrecht in Krankenhäuser, die Option eines gemeinsamen Namens oder die steuerliche Gleichstellung. Das größte Hindernis zur vollständigen Gleichstellung war das Recht zur Adoption. Das deutsche Gesetz sieht die gemeinsame Adoption allein für Eheleute vor, ohne Einschränkung im Geschlecht. Das gemeinsame Adoptionsrecht stellte somit eine logische Folge zur Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe dar.
2. Die Formen der Adoption
Unter Adoption wird ein Eltern-Kind-Verhältnis verstanden, welches nicht auf natürliche Abstammung zurückzuführen ist. Das portugiesische Recht unterscheidet zwischen der Volladoption (adoção plena) und der eingeschränkten Adoption (adoção restrita). Letztere löst, im Unterschied zur Volladoption, keine familiären Bindungen und ähnelt der Patenschaft. Sie findet wenig Anwendung.
Der gesetzliche Regelfall ist die Volladoption eines minderjährigen Kindes. Die Annahme eines volljährigen Kindes ist ebenfalls möglich, richtet sich aber nach anderen Vorschriften. Das Wohl des Kindes ist das bedeutendste und entscheidendste Kriterium. Eine Adoption kann nur auf Antrag erfolgen und muss durch ein Gerichtsurteil begründet werden. Sie ist nur zulässig, wenn es dem Kindeswohl dient und zu erwarten ist, dass zwischen den Annehmenden und dem Kind ein Eltern-Kind-Verhältnis entsteht. Das Adoptionsverfahren ist verbunden mit einer Reihe an speziellen Voraussetzungen und kann sehr mühselig sein. Deswegen sind die richtige rechtliche Beratung und die Heranziehung kompetenter Vermittlungsstellen unverzichtbar.
Anders als in Deutschland ist eine gemeinsame Adoption in Portugal neben den Eheleuten auch Personen, die in einer faktischen Lebensgemeinschaft leben, gestattet. Die faktische Lebensgemeinschaft (união de facto) beschreibt die Rechtsstellung von zwei Personen, die über 2 Jahre in einer Gemeinschaft leben, die der Ehe entspricht. In Deutschland ist unverheirateten Paaren die gemeinschaftliche Adoption nicht erlaubt. Es gibt die Möglichkeit der Einzeladoption, aber hier nimmt nur eine Person allein das Kind an und nur zwischen ihnen kann ein Verwandtschaftsverhältnis entstehen. In Deutschland konnte ein homosexuelles Paar nur die rechtlich gemeinsame Elternschaft begründen, wenn zunächst der eine das Kind adoptierte und das Kind anschließend im Wege der sogenannten Stiefkindadoption sukzessiv vom anderen angenommen wurde. Die Stiefkindadoption ist ein Sonderfall, der einem einzelnen Ehegatten oder dem eingetragenen Lebenspartner das Recht zur Einzeladoption des Stiefkindes einräumt.
Damit eine Adoption ermöglicht werden kann, muss eine Reihe an Beteiligten zustimmen. Zunächst muss das Kind oder sein gesetzlicher Vertreter, wenn es noch nicht das 14. Lebensjahr erreicht hat, einwilligen. Anschließend benötigt man die Einwilligung der Eltern des Kindes und des Ehegatten, wenn es sich um eine gemeinsame Adoption handelt. Schlussendlich müssen weitere (leib-liche) Kinder der Annehmenden vor dem Gericht zur Adoption angehört werden.
Portugal und Deutschland haben unterschiedliche Regelungen zum Alter. Wer adoptieren will, muss in Portugal mindestens 30 Jahre alt sein, es sei denn es handelt sich um das Kind des Ehegatten. In diesem Fall liegt das Mindestalter bei 25 Jahren. Das maximale Alter wurde auf 60 Jahren festgelegt. Nur in gewissen Ausnahmen,
wie bei Stief- oder Pflegekindern, kann das Alter überschritten werden. Der Altersabstand zwischen dem Adoptivkind und dem Annehmenden darf 50 Jahre nicht überschreiten. In Deutschland liegt das Mindestalter bei 25 Jahren und bei Stiefkindadoptionen bei 21 Jahren. Bei gemeinsamen Adoptionen reicht es, wenn einer der Eheleute 25 Jahre alt ist. Ein Höchstalter oder ein bestimmter Altersabstand wird nicht normiert. Darüber hinaus werden beispielsweise die Berufs-tätigkeit, die Wohnverhältnisse und die psychologische Eignung des Annehmenden geprüft.
Der gesetzliche Regelfall richtet sich auf die Adoption von Minderjährigen. In den meisten Fällen handelt es sich um die Kinder des Ehegatten, also die Stiefkinder. Außerdem werden öfter Kinder angenommen, die in einem Pflege- oder Betreuungsverhältnis zu den Annehmenden standen.
3. Rechtliche Folgen einer Adoption
Durch die Volladoption wird ein Eltern-Kind-Verhältnis zwischen dem Annehmenden und dem Kind ohne Rücksicht auf die biologische Abstammung begründet. Bei der Einzeladoption erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines leiblichen Kindes des Annehmenden und im Falle der gemeinsamen Adoption tritt das Kind in die Stellung eines gemeinschaftlichen Kindes. Gleich-zeitig erlöschen die Verwandtschaftsverhältnisse mit der biologischen Familie vollständig. Bei der Stiefkindadoption erlischt nur das Verhältnis zum anderen Elternteil. Das Kind wird unterhalts- und erbrechtlich völlig gleichgestellt und die Eltern erhalten das Recht zur elterlichen Sorge. Außerdem wird der bislang rechtliche Geburtsname des Kindes durch den Familiennamen der Adoptiveltern ersetzt. In besonderen Fällen kann auf Antrag die Änderung des Vornamens genehmigt werden. Im Gegensatz zu Deutschland ist in Portugal die Adoption unwiderruflich, auch wenn die Adoptiveltern und das Adoptivkind dem gemeinsam zustimmen.
Im Falle einer eingeschränkten Adoption in Portugal bleiben alle Rechte und Pflichten in Bezug auf die biologische Familie bestehen. Das Adoptivkind rückt nicht in die Rechtsposition eines leiblichen Kindes auf. Es tritt nicht in die Stellung eines Erben und es werden keine Unterhaltsansprüche begründet. Auf Verlangen des Kindes kann es zu einer Änderung des Namens kommen. Das elterliche Sorgerecht wird ausschließlich den Adoptiveltern zugesprochen. Diese Form der Adoption kann auf Antrag des Adoptivkindes oder der Adoptiveltern widerrufen werden. Deutschland kennt diese Art der Adoption nicht.
Text: DR. ALEXANDER RATHENAU in ESA 03/2018