Die Hypothek bildet eine wichtige Stütze des Kredit- und Wirtschaftssystems. Nicht ohne Grund wird sie als „Königin der Sicherungsrechte“ bezeichnet. Besonders praxisrelevant ist die Hypothek bei Darlehensverträgen: Der Darlehensgeber sichert sich durch die Belastung der Immobilie des Darlehensnehmers seinen Anspruch auf Erstattung der Darlehenssumme ab. Rechtsanwalt und advogado Dr. Alexander Rathenau beantwortet typische Fragen zur Hypothek und zeigt dabei diverse Unterschiede zur deutschen Rechtslage auf
Die Hypothek ist das wichtigste Mittel zur Sicherung einer Forderung in Portugal. Obwohl die Hypothek im portugiesischen Zivilgesetzbuch im allgemeinen Teil des Schuldrechts (anstatt im Sachenrecht wie in Deutschland) geregelt ist, handelt es sich nach überwiegender Meinung um ein dingliches Recht, wie das Eigentum. Das deutsche Recht kennt auch die Hypothek. In Deutschland hat die Hypothek aber keine praktische Bedeutung, da sie durch die Grundschuld weitgehend verdrängt wird. Eine Grundschuld wie in Deutschland gibt es in Portugal nicht; ebenso wenig eine sog. Briefhypothek. Der wichtigste Unterschied zwischen Hypothek und Grundschuld besteht darin, dass die Hypothek ohne eine wirksame Forderung nicht existieren kann (sog. Akzessorietät).
1. Wie entsteht die Hypothek?
Die rechtsgeschäftlich bestellte Hypothek entsteht durch Vertrag oder einseitige Willenserklärung. Bei der Entstehung der Hypothek ist die Form der notariellen Beurkundung oder des Testaments einzuhalten. Von Bedeutung ist, dass die Hypothek, um wirksam zu sein, im Grundbuch eingetragen werden muss. Der Registereintrag hat konstitutive Wirkung und ist grundsätzlich bestimmend für die Rangfolge, in welcher die Forderungen mehrerer Hypothekeninhaber befriedigt wird. Die konstitutive Wirkung des Eintrags ist dem portugiesischen Recht eigentlich fremd, da der Eintrag für das Vollrecht Eigentum und für alle anderen der Registrierungspflicht unterworfenen Rechte nur deklaratorischen Charakter haben. So geht in Portugal z. B. das Eigentum an einer Immobilie bereits mit dem Abschluss des Kaufvertrages über; der Eintrag im Grundbuch dient nur der Rechtssicherung.
2. Was kann Gegenstand der Hypothek sein?
Gegenstand der Hypothek können in erster Linie unbebaute und bebaute Grundstücke sein, aber auch das Erbbaurecht und die beweglichen Sachen, die den unbeweglichen Sachen gleichgestellt sind. Bewegliche Sachen, die den unbeweglichen gleichgestellt sind und daher – anders als in Deutschland – hypothekarisch belastet werden können, sind registrierfähige Sachen wie etwa Kraftfahrzeuge, Schiffe und Flugzeuge.
3. Welchen Haftungsumfang hat die Hypothek?
Die Hypothek umfasst die Bäume, Sträucher und natürlichen Früchte, welche sich auf dem Grundstück befinden, und die wesentlichen Bestandteile, die Verbesserungen, an denen keine Recht Dritter bestehen, wie etwa die nachträglich errichteten Gebäude und Wohnhäuser, und sämtliche Schadensersatzansprüche, die dem Schuldner bei Verschlechterung oder Untergang der belasteten Sache oder des belasteten Rechts zustehen.
4. Wie kann die Hypothek erlöschen?
Die Hypothek erlischt mit dem Untergang der ihr zugrunde liegende Forderung, etwa durch die Erstattung der geschuldeten Darlehenssumme. Im deutschen Recht geht die Hypothek bei Erlöschen der Forderung nicht automatisch unter, sondern verwandelt sich in eine Eigentümergrundschuld. Außerdem erlischt die Hypothek mit dem vollständigen Untergang der belasteten Sache. Auch kann der Gläubiger auf sie verzichten. Ein weiterer Erlöschungsgrund ist die Verjährung der Hypothek. Eine Hypothek zugunsten des Erwerbers eines belasteten Grundstücks erlischt 20 Jahre nach dem Eintrag seines Erwerbs und fünf Jahre nach Fälligkeit der Forderung, wenn der Gläubiger sein Recht auf Vollstreckung nicht geltend gemacht hat. Im deutschen Recht verjähren dingliche Rechte hingegen nicht.
5. Kann eine Hypothek übertragen werden?
Ja. Die Hypothek kann unabhängig von der zu sichernden Forderung abgetreten werden. Die ursprünglich durch die Hypothek gesicherte Forderung geht nicht mit über. Sie bleibt bestehen und ist von nun an ungesichert. Die Abtretung unterliegt der Eintragungspflicht. Die Hypothek sichert den Kredit des neuen Gläubigers nur bis zur Höhe der ursprünglichen Forderung. Die Abtretung der Hypothek findet im deutschen Recht keine Entsprechung. Neben der Abtretung der Hypothek besteht die Möglichkeit eines vertraglichen Rangtausches. Der Rangtausch findet zwischen zwei Hypothekengläubigern statt.
6. Was kann der Erwerber einer Immobilie tun, die mit einer Hypothek belastet ist?
Das Gesetz sieht ein sog. Hypothekenbereinigungsverfahren vor. Dem Erwerber der belasteten Immobilie steht es frei, entweder die Gläubiger entsprechend ihren Forderungen direkt auszuzahlen und den Betrag dieser Forderungen von den an den Verkäufer zu entrichtenden Kaufpreis abzuziehen oder seine Bereitschaft zur Zahlung bis zur Höhe des Kaufpreises oder des geschätzten Wertes zu erklären. Die erste Möglichkeit ist geeignet, wenn der Kaufpreis des Grundstücks so hoch wie die Summe der Forderungen ist oder sie übersteigt. Die Befriedigung aller Gläubiger kann dann erfolgen. Ist der Kaufpreis des Grundstücks aber niedriger als die Summe der Forderungen und reicht er damit nicht aus, sämtliche Forderungen der vorhandenen Gläubiger zu tilgen, erklärt der Erwerber seine Bereitschaft, die Gläubiger auszuzahlen. Den Hypothekengläubigern steht in diesem Fall das Recht zu, gegen die Höhe des erzielten Kaufpreises zu protestieren und einen Verkauf zu einem höheren Preis zu verlangen. Ist kein Käufer zu finden, der bereit ist, einen höheren Kaufpreis zu zahlen, wird die ursprünglich erzielte Summe unter den Gläubigern verteilt, bis sie aufgebraucht ist. Die Forderungen der im Rang nachstehenden Gläubiger können dabei unbefriedigt bleiben. Das Hypothekenbereinigungsverfahren führt zum Erlöschen der Hypothek. Das Verfahren ermöglicht dem Eigentümer die Veräußerung des Grundstücks zu einem seinem Wert entsprechenden Preis. Dem portugiesischen Gesetzgeber geht also die Erleichterung des Grundstücksverkehrs dem Schutz der Hypothekengläubiger vor. Dem deutschen Recht ist ein Hypothekenbereinigungsverfahren fremd.
7. Kann eine Hypothek gutgläubig vom Nichtberechtigten erworben werden?
Ja. Das Gesetz ermöglicht in zwei Fällen den gutgläubigen Erwerb von Rechten an unbeweglichen Sachen. In beiden Fällen bezieht sich der gute Glaube des Erwerbers auf die Richtigkeit des Registereintrags. So beeinträchtigt z. B. die Nichtigkeit eines bestehenden Eintrags das von einem gutgläubigen Dritten entgeltlich erworbenen Recht nicht, wenn die Registrierung des Rechtserwerbs vor dem Eintrag der Nichtigkeit des Registereintrags erfolgte und der Erwerber bei dem Erwerb des Rechts guten Glaubens war.
8. Welche Arten von Hypotheken gibt es?
Neben der bisher beschreibenden rechtsgeschäftlich bestellten Hypothek gibt es die gesetzliche und gerichtliche Hypothek. Der Staat und die Gemeinden erhalten von Gesetzes wegen eine Hypothek an den Gütern, welche der Grundsteuer unterworfen sind, der Unterhaltsgläubiger eine Hypothek an den Gütern des Unterhaltspflichtigen und der Erbe von Geld eine Hypothek an den Gütern, die weitere Erben vom Erblasser erhalten haben. Aufgrund des geltenden Registerrechts muss der Begünstigte die Eintragung der Hypothek veranlassen. Damit setzt das Wirksamwerden der gesetzlichen Hypothek ein aktives Tätigwerden des Begünstigten voraus. Die gerichtliche Hypothek entsteht aufgrund eines Gerichtsurteils über die Leistung von Geld oder anderer vertretbarer Sachen mit dem Registereintrag. Die Eintragung einer Hypothek in Portugal kann auch aufgrund eines Titels eines ausländischen Gerichts erzwungen werden.
In ESA 11/2022; Foto: Shutterstock