Leseranfrage:
Wir sind eine junge Familie mit zwei Kindern und wohnen zurzeit noch in Deutschland. Wir suchen ein Apartment in der Algarve, das wir selbst in den kommenden Jahren nur zu Ferienzwecken nutzen wollen. Wir müssten einen Teil des Kaufpreises durch eine Bank mit Sitz in Portugal finanzieren und die künftigen monatlichen Raten zur Abzahlung des Darlehens mit Hilfe von Ferienvermietungen bestreiten. Ist dieses Modell realistisch und was müssen wir bei dem beabsichtigten Immobilienerwerb besonders beachten?
Antwort:
Seit sich in den vergangenen Jahren zwei namhafte deutsche Bausparkassen von der direkten Finanzierung von Immobilien in Portugal aus diesem Markt zurückgezogen haben, bleibt derzeit nur die Möglichkeit der Finanzierung über eine Bank mit Sitz in Portugal, die das Darlehen durch Eintragung einer Hypothek auf der Immobilie sichert.
Grundsätzlich ist die Gewährung eines Finanzierungsdarlehens bei einer Bank in Portugal zu ähnlichen Bedingungen wie in Deutschland möglich. Es ist jedoch zu beachten, dass der Vorgang von der Beantragung des Darlehens bis zur Gewährung erheblich längere Zeit dauert als in Deutschland. Dies ist ein Problem, wenn sich der Käufer durch einen Vorvertrag zum Kauf der Immobilie zu einem Zeitpunkt verpflichtet, in dem die Zusage der Darlehensgewährung von der Bank noch nicht vorliegt.
Beim Kauf einer Immobilie in Portugal wird üblicherweise ein Vorvertrag abgeschlossen. Hierbei handelt es sich um einen schuldrechtlichen Vertrag zwischen Verkäufer und Käufer, mit dem der Verkäufer verspricht, die Immobilie zu den im Vorvertrag vereinbarten Bedingungen zu verkaufen und der Käufer verspricht, die Immobilie zu diesen Bedingungen zu erwerben.
Der Abschluss eines Vorvertrages liegt im Interesse des Käufers, da sämtliche individuelle Vereinbarungen zwischen den Vertragsparteien im Vorvertrag getroffen werden müssen, weil der eigentliche notariell beurkundete Kaufvertrag im portugiesischen Recht nur die wesentlichsten Vertragsbestandteile enthält, nämlich die Bezeichnung der Vertragsparteien, die Beschreibung des Kaufobjekts, die Höhe des Kaufpreises sowie die Dokumente, die bei der Beurkundung des Kaufvertrags vorgelegt werden müssen.
Alle anderen Vereinbarungen bezüglich des Immobilienkaufs, wie z. B. die Gewährleistungspflichten des Verkäufers, wer welche Kosten trägt etc. werden im Vorvertrag vereinbart.
In der Vorvertragsklausel über die Kaufpreiszahlung wird der Gesamtkaufpreis sowie die Höhe der mit Abschluss des Vorvertrages zu zahlender Anzahlung auf den Kaufpreis vereinbart. Die Anzahlung beträgt meist 10 % des Kaufpreises, die tatsächliche Höhe der Anzahlung ist jedoch Vereinbarungssache.
Erfüllt der Käufer aus Gründen, die er zu vertreten hat, den Vorvertrag nicht, und kommt es daher nicht zum Verkaufsgeschäft, so verfällt die geleistete Anzahlung und der Verkäufer kann diese behalten. Erfüllt hingegen der Verkäufer aus von ihm zu vertretenden Gründen den Vorvertrag nicht, so muss er einen Betrag in Höhe der doppelten Anzahlung an den Käufer leisten. Bei dieser Bestimmung handelt es sich um eine in Art. 442 des portugiesischen Código Civil gesetzlich geregelte Vertragsstrafe.
Bei Käufern, die ihre Immobilie über eine Bank in Portugal finanzieren, muss daher eine Klausel mit dem Inhalt in den Vorvertrag aufgenommen werden, dass dem Käufer die geleistete Anzahlung zurückerstattet wird, wenn die Bank das beantragte Darlehen nicht gewährt.
Falls der Käufer nicht bereits Geschäftsbeziehungen zu einer Bank in Portugal pflegt, empfiehlt es sich, mit der Beantragung des Darlehens eine Agentur zu beauftragen, wodurch das Verfahren erheblich beschleunigt werden kann; die Kosten der Agentur tragen die Banken. Welche Rechte der Käufer tatsächlich hat, hängt vom Inhalt des Vorvertrages ab, weshalb es ratsam ist, bei der Vereinbarung des Vorvertrags rechtlichen Rat einzuholen.
Vor Abschluss des Vorvertrages hat die Verkäuferseite dem Kaufinteressenten sämtliche Grundstücksdokumente zur sorgfältigen Überprüfung vorzulegen, die für den Abschluss des Immobilienkaufs erforderlich sind. Ist die Käuferseite anwaltlich vertreten, so erhalten die Anwälte die Unterlagen in der Regel per E-Mail zur Überprüfung.
Aus dem aktuellen Grundbuchauszug ergeben sich die Eigentumsverhältnisse sowie eventuelle Belastungen des Grundstücks, wie etwa Hypotheken und Grunddienstbarkeiten, wie Nießbrauch- oder Wegerechte. Liegt eine Pfändung des Finanzamtes vor, etwa weil die Grundsteuern für die Immobilie nicht bezahlt worden sind, oder ist bezüglich der Immobilie ein gerichtliches Verfahren anhängig, so ist dies auch aus dem Grundbuch ersichtlich.
Die im Grundbuchauszug auf der einen Seite und in den sog. cadernetas, das sind die von der Finanzbehörde geführten Grundstücksdokumente, auf der anderen Seite festgestellten Grundstücksdaten, wie z. B. die Flächenangaben, müssen übereinstimmen. Im Rahmen der Vorbereitung eines Immobilienkaufs ergibt sich häufig die Notwendigkeit der Berichtigung von Eintragungen, die vor der notariellen Beurkundung des Kaufvertrages erfolgen müssen und Angelegenheit des Verkäufers sind.
Neben diesen Dokumenten ist für die Beurkundung eines Kaufvertrages beim Kauf einer Immobilie zu Wohnzwecken die Vorlage einer von der Baubehörde der Kreisverwaltung (Câmara Municipal) erteilte Bewohnbarkeits- oder Nutzungsgenehmigung erforderlich.
Wichtig ist, dass sich der Käufer die von der Baubehörde baurechtlich genehmigten Baupläne aus der behördlichen Bauakte vorlegen lässt, anhand welcher überprüft werden kann, ob das Gebäude so wie es steht genehmigt ist, oder ob nicht genehmigte Baumaßnahmen vorgenommen worden sind.
Sofern der Käufer seine Immobilie zu Ferienzwecken (Alojamento local) an Touristen vermieten möchte, muss bei der Câmara Municipal die hierfür erforderliche Lizenz beantragt werden. Die Touristenvermietung ist auf 28 Tage pro Vermietung begrenzt und unterliegt einer relativ niedrigen Pauschalbesteuerung.
Erschienen in ESA 09/2021