Leseranfrage:
Meine Eltern haben mir vor meiner Eheschließung vor zehn Jahren eine Immobilie in München durch Schenkung übertragen. In dem notariellen Übergabevertrag wurde in dem Abschnitt „Rückübertragungsvorbehalte“ unter anderem vereinbart, dass die Eltern die Immobilie zurückverlangen können, wenn zu Lebzeiten der Eltern ich oder meine Ehegattin einen Scheidungsantrag stellt und die Immobilie nicht vom Zugewinnausgleich ausgenommen ist.
Ich bin im ehelichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet und wir haben bezüglich der Immobilie keine ehevertraglichen Vereinbarungen getroffen. Die Immobilie hatte zum Zeitpunkt der Schenkung einen Verkehrswert in Höhe von € 500.000 und hat bis heute eine Wertsteigerung auf € 700.000 erfahren. Meine Ehefrau hat nun den Scheidungsantrag gestellt und meine Eltern haben mich mit einem Einschreibebrief zur Rückübertragung der Immobilie aufgefordert. Meine Ehefrau vertritt die Auffassung, dass sie bei der ehelichen Vermögensauseinandersetzung im Rahmen des Zugewinnausgleichs am Wertzuwachs der Immobilie teilhaben müsse. Ist dies richtig?
Antwort:
Vereinbarungen eines Rückfalls der unentgeltlich übertragenen Immobilie an die Eltern im Fall der Scheidung ihres Kindes kommen in der Praxis in Deutschland immer häufiger vor. Die Eltern wollen dabei sicherstellen, dass die Immobilie nicht verwertet werden muss, um den Zugewinnausgleichsanspruch zu erfüllen und dass die Immobilie nicht „in fremde Hände“ fällt, sondern im Eigentum der Herkunftsfamilie verbleibt. Die Rückfallklausel kann so formuliert sein, dass das Rückübertragungsrecht entweder „automatisch“ entsteht oder aber von einer Erklärung der Eltern abhängt.
Daneben kann sich der Schenker im Rahmen des Schenkungsvertrags weitere Rückforderungsmöglichkeiten einräumen lassen, wobei als Rückforderungsgründe häufig in Betracht kommen:
• Die Zwangsvollstreckung in den
• Schenkungsgegenstand
• Insolvenz des Beschenkten
• Tod des Beschenkten zu Lebzeiten
• des Schenkers
• Geschäftsunfähigkeit des Beschenkten
• Veräußerung oder Belastung der Immobilie
• Nichterfüllung von Auflagen.
Auch ohne vertragliche Vereinbarungen können sich gesetzliche Rückforderungsrechte ergeben, beispielsweise bei Verarmung des Schenkers (§ 528 BGB) oder bei schweren Verfehlungen gegen den Schenker oder bei grobem Undank (§ 530 BGB).
Sie sind im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet. Im Rahmen eines Ehevertrages hätten Sie Gütertrennung oder eine „modifizierte Zugewinngemeinschaft“ vereinbaren können, bei der die geschenkte Immobilie vom Zugewinnausgleich ausgenommen worden wäre. In diesen Fällen käme die Rückfallklausel in dem Schenkungsvertrag nicht zum Tragen. Es ist daher vorliegend zu prüfen, ob die Schenkung der Immobilie und deren Rückforderung im Zugewinnausgleich berücksichtigt werden müssen.
Die Vereinbarung des Eigentumsrückfalls ist im Anfangsvermögen zum Zeitpunkt der Eheschließung des Beschenkten als Belastung in gleicher Höhe anzusetzen wie der Wert des Grundstücks und daher mit Null zu bewerten.
Für die Bewertung des Endvermögens ist auf den Stichtag der Rechtshängigkeit der Scheidung abzustellen. Die Übertragung der Immobilie erfolgte unter der Bedingung, dass das Eigentum an die Eltern zurückfällt, wenn der Sohn oder die Ehefrau die Scheidung beantragt. Mit Stellung des Scheidungsantrags werden die Eltern wieder Eigentümer der Immobilie. Die Immobilie ist daher zum Stichtag des Endvermögens am Ende der Ehe ebenfalls grundsätzlich mit Null zu bewerten.
Nach herrschender Meinung soll daher weder die Immobilie noch das Rückforderungsrecht bei der Berechnung des Zugewinns berücksichtigt werden, da dem Wert der zugewandten Immobilie zu jeder Zeit ein wertgleicher Rückgewähranspruch gegenüberstehe, sodass es sich um eine wertneutrale Betrachtung handelt.
Es stellt sich jedoch die Frage, ob der Anspruch der Eltern auf Rückgewähr der übertragenen Immobilie in Höhe des aktuellen Werts von € 700.000 besteht oder nur in Höhe von € 500.000, denn nur so viel war die Immobilie zum Zeitpunkt der Schenkung wert.
Hier wird unterschieden, ob der Wertzuwachs durch einen Anstieg der Grundstückspreise oder durch wertsteigernde Investitionen der Eheleute eingetreten ist.
Bei allgemeinen Wertsteigerungen auf dem Grundstücksmarkt müssen die Eltern den Wertzuwachs nicht ausgleichen. Die Eltern können die Immobilie in diesem Fall daher mit dem vollen Wert zurückverlangen.
Ist die Werterhöhung der Immobilie jedoch durch finanzielle Leistungen und persönlichen Arbeitseinsatz der Eheleute eingetreten, müssen die Eltern diesen Wertzuwachs finanziell ausgleichen. Die Eltern können in diesem Fall die Rückgewähr der Immobilie nur Zug um Zug gegen Zahlung eines Ausgleichs in Höhe des Wertzuwachses von € 200.000 verlangen.
Durch die Rückfallklausel in dem notariellen Schenkungsvertrag wird Ihre Ehefrau dann nicht benachteiligt, wenn die Wertsteigerung der Immobilie durch Investitionen der Eheleute eingetreten ist. Als Zugewinn wird immer nur der Wertzuwachs der Immobilie ausgeglichen.
Nachteilig wirkt sich die Rückfallklausel für Ihre Ehefrau jedoch aus, wenn der Wertanstieg der Immobilie auf einem allgemeinen Anstieg der Grundstückspreise beruht, da die Schwiegereltern in diesem Fall die Wertsteigerung nicht ausgleichen müssen und Ihre Ehefrau nicht an dem Vermögenszuwachs partizipiert.
Erschienen in ESA 07/2021