Leseranfrage:
Wir sind ein Ehepaar mit Wohnsitz in Deutschland und haben in der Schweiz und in Portugal Ferienwohnungen und halten uns dort häufig auf. Da wir beide schon älter sind, haben wir in Deutschland eine General- und Vorsorgevollmacht mit Patientenverfügung in einfacher Schriftform erstellt, in der wir uns beide gegenseitig und unseren Sohn ersatzweise bevollmächtigt haben.
Wir sind bisher davon ausgegangen, dass diese in Deutschland erstellte umfangreiche Vollmacht mit Patientenverfügung auch in der Schweiz und in Portugal wirksam ist, was jedoch nach Auffassung unseres Sohnes nicht der Fall sein soll. Wie ist die Rechtslage?
Antwort:
In Deutschland werden häufig eine Generalvollmacht und eine Vorsorgevollmacht sowie eine Patientenverfügung in einer Urkunde erstellt. Mit der Generalvollmacht bevollmächtigt der Vollmachtgeber den Bevollmächtigten, ihn in allen rechtlichen und persönlichen Angelegenheiten gegenüber Dritten zu vertreten. Welchen Umfang die Generalvollmacht hat, entscheidet der Vollmachtgeber. Die Generalvollmacht kann auch zeitlich begrenzt erteilt werden. Häufig erteilen sich Ehegatten gegenseitig eine Generalvollmacht, damit der jeweils andere Ehegatte im Alltag oder im Notfall bestimmte oder alle rechtlich möglichen Angelegenheiten regeln kann.
Die Generalvollmacht bedarf nach deutschem Recht lediglich der Schriftform und muss vom Vollmachtgeber eigenhändig unterzeichnet sein. Für die Vertretung in bestimmten Rechtsgeschäften ist es jedoch notwendig, dass die Vollmacht von einem Notar beglaubigt wird, beispielsweise wenn der Bevollmächtigte Immobilien kaufen oder verkaufen soll. Die Vorsorgevollmacht, die ebenfalls nur der einfachen Schriftform bedarf, ist für Notsituationen vorgesehen.
Der Bevollmächtigte darf die Vorsorgevollmacht nur benutzen, wenn der Vollmachtgeber nicht mehr fähig ist, seinen eigenen Willen zu äußern, d.h. wenn er im juristischen Sinne handlungsunfähig ist.
Da die Bestellung eines Betreuers einen schweren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte darstellt, ist dringend anzuraten rechtzeitig -vorausschauend für den Fall der eventuell später eintretenden Betreuungsbedürftigkeit, einer Person seines Vertrauens mit einer Vorsorgevollmacht die Wahrnehmung einzelner oder aller Angelegenheiten zu übertragen. Die so bevollmächtigte Person kann dann, wenn dieser Fall eintritt, handeln, ohne dass es weiterer Maßnahmen bedarf. Die Einschaltung eines Gerichts ist dann nicht erforderlich.
Mit einer schriftlichen Patientenverfügung können Personen vorsorglich festlegen, dass bestimmte medizinische Maßnahmen durchzuführen oder zu unterlassen sind, falls sie nicht mehr selbst entscheiden können. Damit wird sichergestellt, dass der Patientenwille umgesetzt wird, auch wenn dieser in der aktuellen Situation nicht mehr geäußert werden kann.
Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen können im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registriert werden.
Ihre nach deutschem Recht erteilte Generalvollmacht ist auch nach schweizerischem Recht wirksam. Eine Generalvollmacht bedarf nach schweizerischem Recht ebenfalls lediglich der Schriftform, damit sich der Bevollmächtigte gegenüber Dritten ausweisen kann. Da einige Institutionen in der Schweiz jedoch nur notariell beglaubigte Vollmachten akzeptieren, ist es ratsam, die Unterschrift des Vollmachtgebers beglaubigen zu lassen.
Mit einem „Vorsorgeauftrag“ nach schweizerischem Recht kann die auftraggebende Person eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen damit beauftragen, für den Fall ihrer Urteilsunfähigkeit die Sorge für die Person oder das Vermögen zu übernehmen oder sie im Rechtsverkehr zu vertreten.
Der Vorsorgeauftrag unterliegt den gleichen besonderen Formvorschriften, die für Verfügungen von Todes wegen gelten. Der Vorsorgeauftrag ist daher entweder eigenhändig zu errichten oder öffentlich zu beurkunden. Eigenhändig bedeutet, dass der Vorsorgeauftrag von der auftraggebenden Person von Anfang bis Ende von Hand geschrieben, datiert und unterzeichnet werden muss, sodass ein auf der Maschine oder mittels Computer geschriebener oder einer anderen Person diktierter Vorsorgeauftrag unwirksam ist. Ihre Vorsorgevollmacht nach deutschem Recht dürfte diesen Formvorschriften nicht genügen.
Die Patientenverfügung bedarf nach schweizerischem Recht wie im deutschen Recht lediglich der Schriftform, sie ist durch den Verfasser somit nur eigenhändig zu unterschreiben.
Auch nach portugiesischem Recht kann eine Generalvollmacht erteilt werden, wobei jedoch die entsprechenden Vorschriften des portugiesischen Rechts eingehalten werden müssen. Hier ist zu beachten, dass die bevollmächtigte Person nur in Angelegenheiten handeln darf, die in der Vollmacht ausdrücklich benannt werden. Es empfiehlt sich daher, in der Vollmacht genau zu bezeichnen, wozu diese im Einzelnen ermächtigen soll. Die Vollmacht bedarf überdies der Beurkundung nach portugiesischem Recht (Termo de autenticação).
Da eine Vollmacht grundsätzlich dem Recht des Landes unterliegt, wo das Rechtsgeschäft durchgeführt und die Vollmacht vorgelegt werden soll, sind Vollmachten, die nach deutschem Recht errichtet wurden, in Portugal häufig vollständig oder teilweise unwirksam.
Im portugiesischen Recht ist eine Vorsorgevollmacht, wie in Deutschland üblich, nicht vorgesehen. Jedoch können Vorsorgevollmachten, die im Ausland erstellt wurden, in Portugal als wirksam anerkannt werden, wenn sie in ihrem Herkunftsland, vorliegend in Deutschland, wirksam sind und sofern sie inhaltlich portugiesischem Recht nicht widersprechen.
Das portugiesische Recht regelt die Patientenverfügung in der Form des Patiententestaments (Testamento vital) sowie die Bestellung eines Patientenbevollmächtigten und es enthält die Bestimmungen für das Nationale Zentralregister für Patiententestamente (RENTEV). Patientenverfügungen müssen danach in Form einer schriftlichen Urkunde abgefasst und in Gegenwart eines entsprechend bevollmächtigten Beamten des RENTEV oder eines Notars persönlich unterzeichnet werden. Die von Ihnen verfasste Patientenverfügung entspricht daher nicht den Formvorschriften des portugiesischen Rechts.
Erschienen in ESA 10/2021