Leseranfrage:
Wir suchen seit längerem eine Immobilie in Portugal. Bei unserer Suche im Internet stoßen wir häufig auf Immobilien, die in einem „condomínio“ oder einem „aldeamento turístico“ gelegen sind. Was bedeuten diese Begriffe für uns als zukünftige Eigentümer?
Antwort:
Condomínio und aldeamento turístico bezeichnen zwei verschiedene Rechtsformen des portugiesischen Rechts, in denen eine Mehrzahl von Immobilieneigentümern zusammengefasst sind und die Nutzung der einzelnen Immobilien in verschiedenem Maße geregelt werden.
Das condomínio ist mit dem Wohnungseigentum nach deutschem Recht vergleichbar, das gemäß § 1 Abs. 2 des deutschen Wohnungseigentumsgesetzes am Sondereigentum an den Räumen der Wohnung und aus dem Miteigentumsanteil am Gemeinschaftseigentum besteht.
Das portugiesische Recht regelt das Wohnungseigentum und condomínio im portugiesischen Código Civil (CC) in den Artikeln 1414 bis 1438-A.
Gemäß Artikel 1420 Absatz 1 CC ist jeder Immobilieneigentümer der ausschließliche Eigentümer seines Anteils und Miteigentümer des Gemeinschaftseigentums.
Das Immobilieneigentum kann sowohl innerhalb eines Mehrfamilienwohnhauses liegen als auch in einem Doppelhaus, Reihenhaus oder einer anderen Mehrhausanlage. Dieses ist verbunden mit dem Miteigentumsanteil am Gemeinschaftseigentum, in erster Linie an den konstruktiv notwendigen Teilen der Gebäude, wie Eingangsbereich, Treppen, Dach etc. sowie für den Gemeinschaftsgebrauch bestimmte Anlagen auf dem Grundstück, wie Gartenanlagen, Schwimmbäder, Parkplätzen etc. Das Eigentum an der Immobilie und am Gemeinschaftseigentum muss als konkreter Bruchteil festgelegt sein und wird in der Regel in Tausendstel angegeben.
Gemäß Artikel 1421 Absatz 3 CC können bestimmte Bereiche des Gemeinschaftseigentums zur ausschließlichen Nutzung durch einen bestimmten Immobilieneigentümer bestimmt werden, beispielsweise Parkplätze.
Zum condomínio gehört auch das Mitgliedschaftsrecht in der Eigentümergemeinschaft, das jedem Immobilieneigentümer das Stimmrecht in der Eigentümerversammlung gibt, gemeinsam mit den anderen Eigentümern der Gemeinschaft über die Verwaltung der Gemeinschaft zu bestimmen und insbesondere seine Rechte in der Eigentümerversammlung wahrzunehmen.
Die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums obliegt gemäß Artikel 1430 Absatz 1 CC der Eigentümerversammlung und einem Verwalter. Der Verwalter wird gemäß Artikel 1435 Absatz 1 CC von der Eigentümerversammlung gewählt und entlassen, in bestimmten Fällen auch durch Gerichtsbeschluss.
In Artikel 1436 CC sind die gesetzlichen Aufgaben des Verwalters geregelt, wie die Einberufung der Eigentümerversammlung, die Abrechnung der jährlichen Einnahmen und Ausgaben, die Einziehung der Condominiumsgebühren von den Mitgliedern und die gemeinsamen Ausgaben zu tätigen etc.
Jedes condomínio hat seine eigenen Statuten (regulamento do condomínio), in denen u.a. die Rechte und Pflichten der Immobilieneigentümer geregelt sind, wie die Nutzungsrechte des Gemeinschaftseigentums, ob Tierhaltung erlaubt ist und vieles mehr. Diese Statuten sollte man sich vor dem Kauf einer zu einem condomínio gehörenden Immobilie sorgfältig durchlesen, ebenso wie man sich über die Höhe der Condominiumsgebühren informieren sollte.
Beim Kauf einer zu einem condomínio gehörenden Immobilie gelten die allgemeinen Bestimmungen über die Grunderwerb- und Stempelsteuer. Bei dem Verkauf einer zu einem condomínio gehörenden Immobilie steht den anderen Immobilieneigentümern kein Vorkaufsrecht zu.
Aldeamento turístico heißt übersetzt Feriendorf oder touristische Anlage. Die Definition des aldeamento turístico findet man in Artikel 13 Nr. 1 der Gesetzesverordnung Nr. 39/2008 vom 7. März 2008, wonach diese aus einer Reihe von funktional voneinander abhängigen Einrichtungen mit einheitlichem architektonischen Erscheinungsbild bestehen, die dazu bestimmt sind, Unterkünfte und ergänzende Dienstleistungen zur Versorgung von Touristen zu bieten.
Die Feriendörfer werden von touristischen Unternehmen betrieben, die von allen Eigentümern der einzelnen Immobilien einen Titel erhalten, der sie zur Vermietung der Immobilien an Touristen berechtigt. Schließlich ist wie für Hotelbetriebe auch für die Feriendörfer eine Klassifizierung erforderlich, die durch Kategorien von einem bis fünf Sternen erfolgt.
Der Kauf einer in einem aldeamento turístico gelegenen Immobilie erfolgt wie bei einem allgemeinen Immobilienkauf üblicherweise mit Vorvertrag und notariell beurkundetem Kaufvertrag. Diese Immobilie ist jedoch ausschließlich und dauernd zur touristischen Nutzung bestimmt und wird von dem touristischen Unternehmen verwaltet und an Touristen vermietet.
Mit dem Vertrag über die Verwaltung und touristische Nutzung vereinbaren der Käufer und das touristischen Unternehmen die Bestimmungen und Bedingungen, wie die Immobilie und die sonstigen Einrichtungen vom Eigentümer selbst genutzt und für die Vermietung an Touristen zur Verfügung gestellt wird. Vereinbart wird in diesem Vertrag auch der Prozentsatz, den der Eigentümer von den touristischen Mieteinnahmen erhält sowie die Höhe der Verwaltungskosten, die er dem touristischen Unternehmen zu zahlen hat. Für den Käufer einer in einem aldeamento turístico gelegenen Immobilie von zentralem Interesse ist der Zeitraum, in dem er die Immobilie jedes Jahr selbst nutzen kann.
Beim Kauf einer zu einem aldeamento turístico gehörenden Immobilie ist zu beachten, dass die Grunderwerbsteuer mit 6,5 % vom Kaufpreis wegen der gewerblichen Nutzung höher ist als beim Kauf von Immobilien zu eigenen Wohnzwecken. Bei einem Verkauf einer solchen Immobilie steht dem touristischen Unternehmen ein Vorkaufsrecht zu.
Text: RECHTSANWALT WALDEMAR HÜHN in ESA 03/2020